Philipp Sauer
"If on a valentine's day"
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert, Milli Häuser
14. Februar – Zum Valentine’s Day fand das erste Tatort Jazz Konzert des neuen Jahres im Bochumer Bahnhof Langendreer statt. Eingeladen war der Dortmunder Saxofonist Philipp Sauer, der vor allem Eigenkompositionen mitbrachte.
Mit einem flotten Sax Solo und den beiden munteren melodischen Stücken ,Estelle’ und ‚Gentle Smink‘ beginnt das Konzert. Das Publikum ist vom ersten Ton an hochkonzentriert und spendet zunächst nur zögernd Applaus.
Philipp Sauer und die Tatort Jazz Hausband
Philipp Sauer wurde vor 40 Jahren in Wuppertal geboren. Nach dem Jazz-Studium an der Folkwang Hochschule in Essen wurde er Mitglied des JugendJazzOrchesters NRW. Seit 2012 arbeitet er an der Musikschule Bochum, wo er die Leitung der Big Band ‚Dizzy Levator‘ übernahm und wo er Saxofon und Klarinette unterrichtet. Außerdem spielt er im Duo Laimun mit Myroslav Tyboda und – ebenso wie der Bassist Alex Morsey – im Essen Jazz Orchestra (EJO).
Die Band hat in der heutigen Besetzung als Quartett schon einmal im Großen Saal des Musikforums zusammen gespielt. Die Tatort Jazz Hausband selbst ist fast schon legendär mit dem Pianisten Matthias Dymke, dem Bassisten Alex Morsey und dem Drummer Uwe Kellerhoff.
Stimme - Saxofon - Sounds
Saxofone sind im Vergleich zu anderen Instrumenten der menschlichen Stimme am ähnlichsten, da sie aufgrund der komplexen Wellenform die Sounds von rund einem Dutzend anderer Instrumente enthalten. So kann der Saxofonspieler aus dem Vollen schöpfen und unterschiedliche Sounds kreieren. Ebenso hat er viele Möglichkeiten damit seinen persönlichen Sound zu prägen. Dies berichtet Peter Kemper in seinem neuen Buch (The Sound of Rebellion) in einem Kapitel über Forschungsergebnisse zum vokalen Charakter des Saxofons. Die Bauart des Instruments ist natürlich wichtig - Sopran, Alt- oder Tenorsaxofon, Hersteller, Mundstück und Blättchen - doch auch der Mundraum des Spielers selbst spielt als Resonanzraum eine wichtige Rolle.
So verwundert es nicht, dass Philipp seine 7 Eigenkompositionen auf sehr unterschiedliche Art und Weise spielen kann und dabei doch seinen eigenen Sound behält. Zudem moderiert er humorvoll und erzählt kleine Geschichten zur Entstehung seiner Kompositionen.
Bei ‚Quiet Night at the Crossroad‘ spiegelt das Sopransaxofon mit einer zunächst getragenen Melodie melancholisch einen Blick durchs Fenster in einer schlaflosen Nacht. Dann nimmt das Tempo zu, kurze Töne dominieren, chromatische Läufe, ein alles durchdringender gestrichener Kontrabass, reger Gebrauch der Schlegel am Schlagzeug, meditative Akzente am Piano, all das vermittelt eine Atmosphäre, die den Titel des Stücks nachfühlen lässt. Ein super Stück.
‚Move on‘ ist ganz anders, sehr funkig, durchdringend und entsprechend rhythmisch, diesmal mit TenorSax gespielt und Metallmundstück. ‚Dodos Dance’ mit langen Läufen auf dem AltSax erinnert an den Bebop. Ein ganz besonderes Stück ist ‚Rhumba for Two’, langsam und melodisch, von Philipp bewusst haarscharf am 'Kitschigen' vorbei komponiert. Mit den warmen Tönen des AltSax klingt es wehmütig und erinnert an einen Bolero. Dazu ‚trommelt‘ Uwe nur mit seinen Händen auf der Snare - ein sehr eindrucksvolles Stück. Auch ‚Manatee Drop‘ ist etwas Besonderes, eine von Philipp komponierte Salsa Nummer, die von Uwe mit einem fantasievollen Solo abgeschlossen wird. Philipp kommt akustisch mit dem Alt nicht ganz dagegen an. Zu leise - oder wäre das Tenor die bessere Alternative gewesen? Interessant sind auch die unterschiedlich gestalteten Schlüsse der Stücke.
Tatort Jazz und Bahnhof Langendreer
Der Tatort Jazz ist inzwischen 'volljährig', denn vor 18 Jahren fand im Thealozzi das erste Konzert mit der damaligen Hausband und John C. Marshall statt. Dank des unermüdlichen Einsatzes von Milli Häuser läuft die Reihe inzwischen so erfolgreich, dass Konzerte schon lange vorher ausverkauft sind. Im 'Bahnhof' finden inzwischen die meisten Konzerte der Tatort-Reihe statt. Philipp lobt die Organisation beim Tatort und beim Bahnhof Langendreer wegen der reibungslosen Abläufe, auch die Arbeit des Tontechnikers Arnt Fliegner.
Der Beifall steigert sich von Stück zu Stück. Die Musik vermittelt Optimismus, gerade auch am Valentine’s Day, wenn der Frühling in Sicht ist. Philipps freundliche zugewandte Ansagen tun ihr Weiteres. Doch es ist im Moment nicht selbstverständlich, dass eine Location bis zum letzten Platz ausgebucht ist. In der Enge der ehemaligen Schalterhalle des Bahnhofs mit der Empore erlebt das Publikum sich als zusammengehörig. In einer Art Club-Atmosphäre werden Emotionen geteilt und wirken auf die Band zurück, die damit viel Bestätigung erfährt und mit ihrer Musik wiederum auf das Publikum zurückwirkt. So baut sich ein Spannungsbogen auf, der am Ende mit einer Überraschung gekrönt wird.
Denn zur Zugabe kommt auch Milli Häuser auf die Bühne und sie singt – wie könnte es anders sein - ‚My Funny Valentine‘. Der Saal jubelt, am Ende standing ovations. Mit ‚Precious‘ von Branford Marsalis bringt Philipp im Duo mit dem Pianisten Matthias Dymke das Konzert zu einem besinnlichen Abschluss.
Nach dem Konzert fragt man sich vielleicht, ob diese Stücke nicht zugänglich gemacht werden sollten. Eine CD würde sicher viele Abnehmer finden.
nächste Konzerte beim Tatort:
20.3. Bochum Bahnhof Langendreer Alex de Macedo (Gitarre)
17.4. Bochum Bahnhof Langendreer Florian Esch (Trompete)
mehr auf der Homepage von Milli Häuser