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EJO featuring John Dennis Renken

'Stücke der Bandgeschichte'

Essen, 30.03.2023
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert

Das Essen Jazz Orchestra bot im CASA Theater in der Essener City einen Streifzug durch seine Bandgeschichte. Komplettiert wurde der vielbesuchte Auftritt durch Ehrengäste, wie etwa den Trompeter John Dennis Renken. Das EJO wurde übrigens auch für den Deutschen Jazzpreis nominiert.

Fast alle 180 Plätze sind belegt in der Essener CASA, dieser ungewöhnlichen Spielstätte, in der die Zuschauer im Halbkreis sehr nah vor der Bühne sitzen. Die 20köpfige Band kommt herein, doch nicht alle Musiker nehmen Platz.

Der Tenor Saxofonist Philipp Sauer bleibt an seinem Platz stehen und beginnt unmittelbar mit einem beeindruckenden variantenreichen Solo, mit dem er die Zuschauer sofort in seinen Bann zieht. Während des ganzen Stücks schaltet er sich immer wieder ein mit kurzen Einwürfen und kleinen oder längeren Soli.

Kayak heißt dieses Stück, erzählt uns dann der Bandleader Tobias Schütte, der Trompeter Kenny Wheeler hat es 1992 komponiert. Dieses Stück habe eine besondere Bedeutung, weil ehemalige Folkwang-Studenten, zu denen viele aus der Band zählen, dieses „folkwangmäßige“ Stück „mit der Milch aufgesogen“ hätten.

‚Jazz in Essen‘ und CASA

Die Reihe ‚Jazz in Essen‘ gibt es schon seit vielen Jahren, sie gehört zum Theater Essen. Das Essen Jazz Orchestra hat schon oft in dieser Kooperation gespielt. Für die Band ist es auch ein Gewinn, weil das Theater viel Organisationsarbeit übernimmt und zudem mit der CASA eine hervorragende Spielstätte bietet, die sich in der Theaterpassage direkt neben dem Grillo-Theater befindet. Im Publikum finden sich – im Gegensatz zu anderen locations – auch viele jüngere Leute, vielleicht auch wegen der Nähe zum Theater?

E-J-O

EJO bedeutet Essen Jazz Orchestra. Warum Orchester? Die Instrumente sind die gleichen wie bei einer Bigband, doch die Bezeichnung ‚Orchestra‘, lässt vermuten, dass der musikalische Anspruch ein anderer ist als bei einer regulären Bigband. Viele Eigenkompositionen werden gespielt, besondes von T. Schütte, A. Morsey und T. Wember, aber auch andere moderne Kompositionen z. B. von R. Towner, R. Eubanks und K. Wheeler, doch keine Standards.
Dirigent Tobias Schütte ist sichtlich erfreut, dass so viele Zuhörer gekommen sind. Sehr agil dirigiert er und zeigt oft am Ende eines Solos mit den Fingern (4-3-2-1) den Einsatz an. Viele Noten liegen auf den Pulten, denn bei so einer großen Band ist vieles durchkomponiert, doch die Soli sind improvisiert. Drummer Antoine Duijkers hat sich drei Tage vorher bereit erklärt, den kurzfristig erkrankten Hermann Heidenreich zu vertreten, und er macht seine Sache sehr gut!

2019 wurde das EJO im Grillo-Theater mit dem "Jazz Pott" 2019 ausgezeichnet. Und erst vor kurzem wurde es in der Kategorie „Großes Ensemble des Jahres“ für den Deutschen Jazzpreis 2023 nominiert!

Mint Sauce - Chiara - Mental Images

Mint Sauce, eine Komposition des Bassisten Alex Morsey, ist eine freundliche Anspielung auf Bob Mintzer, den Chefdirigenten der WDR Bigband, der wohl für viele ein Vorbild ist. Das Stück wird sehr funkig gespielt mit einem Gitarrensolo von Andreas Wahl , der heute oft im Mittelpunkt steht.
Chiara ist ein Stück von Maria Pia De Vito und Ralph Towner (2000), arrangiert vom Bassisten Alex Morsey, der in der Band eine wichtige Rolle spielt. Klar, wenn der Name Towner fällt, ist der Gitarrist gefragt, der hier wieder mit einem interessanten Solo aufwartet. Hier wird auch deutlich, wie die Soli platziert sind. Im Übergang von einem zum nächsten Solo laufen sie oft länger parallel, überlagern, ergänzen sich zeitweise in einem Fluss. Sehr gut hier auch die Soli von Katrin Scherer (Baritonsaxofon) und Sebastian Gerhartz (Altsaxofon).

Mental Images ist eine Komposition des amerikanischen Posaunisten Robin Eubanks, der vor 5 Jahren Stargast beim EJO war. Seine Rolle übernimmt heute überzeugend Philipp Schittek, Alex Morsey ist wieder mit einem gekonnten E Bass Solo dabei, besonders spannend das Trompetensolo von Luzie Micha, die die Band – ähnlich wie am Anfang Philipp Sauer - das ganze Stück lang begleitet.

Essen Jazz Orchestra - "Jazz Pott 2019"

Road Works

Das zweite Set umfasst die dreiteilige Suite Road Works. Diese dritte Suite von Tobias Wember ist auch auf der ersten CD des gleichnamigen Doppelalbum zu hören. Nrwjazz hat dieses Album schon vor drei Jahren als eine gelungene Form des ‚Modern Jazz‘ in der Tradition von der Clarke Boland Big Band rezensiert.

Der lange Trompeter John Dennis Renken betritt nun die Bühne. Er ist Ehrengast, Tobias Wember hat die Suite für ihn geschrieben.
Part 1 beginnt recht leise mit einem unheimlich-triumphalen Sound, der an einen Weltraumfilm erinnern könnte, mich erinnert er an die Jazz Bigband Graz.
In Part 2 spielt der Gitarrist durchgängig immer wieder denselben Ton, der - später vom Bass übernommen - das ganze Stück durchzieht. Schließlich setzt John-Dennis Renken mit einem langen brillanten Trompeten-Solo ein.
Doch dieses Solo ist ganz anders als auf der CD, denn, wie vorher angekündigt, kommt nun moderne Technik ins Spiel. Hall, Verzerrungen und Effekte wie bei einer Gitarre machen sich auch bei der Trompete recht gut. Als dann der Looper eingesetzt wird und der Trompeter einmal nur noch an einem Knopf dreht, frage ich mich, ob hier nicht Technik zum Selbstzweck wird; eine ästhetische Qualität kann ich hier nicht entdecken.

Anschließend baut sich ein grandioses Tutti im Fusion-Stil auf, das in ein durchdringendes, sehr lautes Crescendo mündet. Jetzt wird es aber schwierig, weil es auf diesem Lautstärke-Level weitergeht. Das ist zuviel für manche Ohren, denn es geht an die Schmerzgrenze und einige Zuschauer verlassen den Saal. Auf der CD ist das ganz anders. Klar, ein Konzert ist keine Studioaufnahme, aber solch eine Lautstärke in diesem relativ kleinen Raum, in dem das Publikum direkt vor der Band sitzt, ist für manche schon eine Zumutung. Da hat der Leader auch eine Verantwortung für sein Publikum. Nachdem es nun einiges „auf die Ohren“ gegeben hat, geht es in Part 3 ruhig und harmonisch weiter mit Trompeten- Gitarren- und Bass-Soli.

Als Zugabe wieder eine Robin Eubanks-Komposition: A Seeking Spirit. Mit einem schönen Solo am Alt Saxofon von Roman Sieweke endet ein eindrucksvolles, einmal sehr lautes, aber auf jeden Fall hochvirtuoses Konzert. Das Publikum klatscht begeistert. Hoffen wir, dass das EJO den Jazzpreis bekommt!

Preisverleihung am 27. April 2023, 17 Uhr

Livestream auf der Website des Deutschen Jazzpreises und u.a. auf BR-Klassik.de

Konzertabend
Bremen 2 (Radio), 06. Mai 2023, 22:00 Uhr
3sat (TV), 07. Mai 2023, 10:55 Uhr
NDR (TV), 08. Mai 2023, 0:05 Uhr

LineUp

Roman Sieweke, Sebastian Gerhartz (Altsax), Philipp Sauer, Veit Lange (Tenorsax), Katrin Scherer (Baritonsax),
Gerd Jentzsch, Jonathan Böbel, Philipp Schittek, Carla Köllner (Posaunen),
Marvin Frey, Florian Raepke, Luzie Micha, Stephan Struck (Trompeten),
Antoine Duijkers (Drums), Andreas Wahl (Gitarre), Alex Morsey (Bass), Hajo Wiesemann (Klavier)
Leitung: Tobias Schütte

https://e-j-o.de/

Heidi Bayer hat früher auch in der Band gespielt. In der Reihe ‚Jazz in Essen‘ gastiert auch sie in der CASA, mit Johannes Ludwig „Virtual Leak“ am 14.5.23, 19 Uhr

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