Nicki Parrott
Swingfluencers
TEXT: Heinz Schlinkert |
Influencer scheint der neue Traumberuf mancher junger Leute zu sein, bei dem man mit seiner Selbst-Inszenierung möglichst viele Follower gewinnt und damit möglicherweise noch viel Geld verdient. Die 'Swingfluencers' arbeiten nicht mit narzisstischen Posts, sondern sie überzeugen mit ihrer Musik, ganz ohne große Posen und Worte. Denn Einfluss nehmen kann man z. B. auch mit seiner Musik. Für Nicki Parrott ist es der Swing, im letzten April hat sie ihr Album ‚Swingfluencers‘ aufgenommen.
Mit ‚Love for Sale‘ beginnt das Album, nur instrumental mit Frank Roberscheuten am AltoSax, Olaf Polziehn am Piano und Frits Landesbergen an den Drums. Doch wo ist die Sängerin? Ganz einfach, sie spielt den Kontrabass und ist auch gleich mit einem schönen Solo dabei.
Weiterhin sind vor allem Songs aus dem ‚American Songbook‘ zu hören, darunter zwei Medleys; die sie selbst ansagt. Im ‚Sinatra Medley‘ präsentiert sie vier bekannte Songs, da hat man sofort die Stimme von Frank im Ohr. Doch Nicki ist kein Crooner, sie singt viel ruhiger, manchmal fast schon zaghaft, ihre Stimme erinnert an Stacey Kent. Zum ‚Burt Bacharach Medley‘ gehört auch ‚This Guy's in Love with You‘, das der Trompeter und Sänger Herb Alpert 1968 mit dem ‚Tijuana Brass’ bekannt gemacht hat. Nicki nennt Bacharach, der erst vor zwei Jahren verstorben ist, ihren „favourite composer“. Sie singt etwas forscher als damals Herb Alpert, ihre Band ist mit vielen schönen Soli der ‚Tijuana Brass’ haushoch überlegen.
Vier Stücke werden nur instrumental gespielt, darunter die Bossas ‚Desafinado‘ und ‚Samba De Orfeu‘. Bei ‚Desafinado‘ beginnt Nicki mit einem Bass-Intro; wenn dann Frank Roberscheuten mit seinem TenorSax loslegt, denkt man unweigerlich an Stan Getz (1963), denn es klingt genauso, wunderbar! Olaf Polziehn übernimmt dann am Piano mit einem fröhlichen Solo. Nach einer Call-Response-Passage endet der Bossa mit einem bekannten Rock-Pattern, gute Idee.
Eine Überraschung ist ‚Once Upon A Time In The West‘, der Soundtrack von Ennio Morricone aus dem gleichnamigen Film (dt. ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘) mit Sergio Leone (1968). Die Filmmusik wurde im Original von einem Orchester gespielt mit Klangteppichen und Crescendi von Streichern und wortlosen Vocals. Opernhaft klingt das immer noch, monumental. Bei Nickis Swingfluencern kommt das Stück ganz anders rüber. Nach der Melodie am Piano mit spannungsgeladenem Becken-Einsatz spielt Frank auf dem TenorSax sehr melodisch und friedlich, keine Rede mehr von Dramatik, eher wie eine Erinnerung an diesen berühmten, bald 60 Jahre alten Film; am Ende ein Zitat auf dem Piano im Outro. Fabelhaft!
Auch ein deutsches Stück ist dabei: ‚Bei dir war es immer so schön’ aus den 1930er Jahren von Theo Mackeben singt Nicki mit typisch amerikanischem Akzent etwas nostalgisch, dazu ein ‚luftiges‘ TenorSax Solo von Frank.
NICKI und die Band
Nicki Parrott wurde 1970 in Australien geboren, Nach ihrem Studium in Sydney und New York trat sie in Broadway-Ensembles auf. Außerdem veröffentlichte sie viele Alben, z. B. Moon River und mehrere mit dem Pianisten Rossano Sportiello. Sie tourt meistens durch die USA; ist im Moment aber in Deutschland unterwegs. Am 14. Oktober wird sie mit
Chris Hopkins
in Köln spielen. Frank Roberscheuten kommt aus den Niederlanden, er spielt Alt- und Tenorsaxofon und Klarinette und hat alle Stücke arrangiert. In letzter Zeit ist er mit dem Trio ‚Three Wise Men‘ bekannt geworden, das vor kurzem auch in Bochum gastierte. Auch der Drummer Frits Landesbergen kommt aus Holland und hält sich diesmal meist im Hintergrund, nur manchmal bei kleinen präzisen Soli wie bei ‚It‘s a good day’ tritt er hervor- Schade, dass man ihn nicht sehen kann, denn seine mimische Situationskomik ist ohnegleichen, zuletzt zu sehen beim Konzert von
Chris Hopkins
in der Kemnade. Der Pianist Olaf Polziehn hat an der Hochschule für Musik Köln studiert und ist seit 2009 Professor für Jazzpiano an der Grazer Universität für Musik und darstellende Kunst. Auch er ist viel unterwegs, mit seinem Trio mit Ingmar Heller und Jens Duppe oder zu zweit am Flügel mit Rossano Sportiello.
Das Album schließt mit ‚Sunny‘, recht rhythmisch gehalten, mit einem ‚sonnigen‘ Bass Solo, dem sich die anderen anschließen. Diese elf Stücke inkl. 2 Medleys kann man auch gut mehrmals hören. denn sie sind gut ausgewähjlt und liegen nicht nur im Bereich der klassischen Swing Standards
Diese vier Swing-Influencer des Swing können sich sehen bzw hören lassen. Liken? Besser ansehen oder kaufen.
Nicki Parrott And Her Swingfluencers 2024
Bestellung per email an Frank.roberscheuten@planet.nl
https://frankroberscheuten.com/nicki_parrott_and_her_swingfluencers
http://nickiparrott.com/
Heartseeker Francel - Moon River
Nicki Parrott hatte 2007 ihr Album 'Moon River' veröffentlicht, genauso heißt auch das neue Album von Mulo Francel und Nicole Heartseeker, bei dem es ebenfalls um klassische Jazz Standards geht von ‚Fly me to the Moon‘ bis ‚Moonlight in Vermont‘. Doch das ist ein ganz anderes Setting mit einem Duo nur bestehend aus Saxofon und Klavier. Mulo Francel spielt auch bei Quadro Nuevo, ist aber auch mit eigenen Alben hervorgetreten und für seinen lupenreinen SaxSound bekannt. Auf diesem Album klingt er manchmal recht seicht, Soli sind die Ausnahme. Auch wenn das reduzierte LineUp interessant ist, so kommt bei den Aufnahmen der Swingfluencer doch wesentlich mehr Jazz rüber.