Chris Hopkins - Jazz All Stars auf Kemnade
SWING : La vie en rose
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert, Kurt Kade
Seit 22 Jahren finden diese von
Chris Hopkins
organisierten Konzerte auf der Wasserburg Haus Kemnade statt mit wechselnden LineUps wie den Dutch Swing Allstars, den Jazz Kanguroos, zuletzt mit den Young Lions. Diesmal sind die 'International Jazz Allstars' dabei, international aufgestellt mit dem Trompeter Jérôme Etcheberry aus Paris, dem Tenor-Saxofonisten Enric Peidro aus Spanien und den beiden Niederländern Joep Lumeij (Kontrabass) und Frits Landesbergen (Schlagzeug, Vibraphon). Sieben Instrumente und Gesang verzeichnet das Line Up, doch mehr als 5 Musiker sind dazu nicht nötig.
Und wer immer auch spielt, es geht um Swing. Viele gute Konzerte hat
Chris Hopkins
hier gegeben, doch dieses ist sicher eins der besten.
International Jazz All Stars
Die Band spielt zum ersten Mal in dieser Konstellation. Saxofonist und Trompeter sind zentral auf der Bühne positioniert. Enric Peidro kommt aus Alicante und ist der bekannteste Swing-Saxophonist Spaniens. Er steht für den klassischen TenorSax Stil, sofort denkt man an Coleman Hawkins, Lester Young oder Scott Hamilton. Ich hätte ihn in der Nähe von Lester Young angesiedelt, doch in der Pause verrät Enric mir, dass Paul Gonsalves aus der Ellington-Band für ihn wichtig ist. Jérôme Etcheberry ist Trompeter, Komponist, Arrangeur und Sänger und in Frankreich für sein Projekt ‚Satchmocracy’ bekannt. Joep Lumeij kommt aus den Niederlanden und ist Kontrabassist, für seine CD ‚Brasiliana‘ hat er alle Stücke arrangiert, er spielt selbst auch Gitarre. Frits Landesbergen spielt Schlagzeug und Vibraphon. Er ist Drummer bei der Swinging Dutch Collage Band und hat in den Niederlanden inzwischen den Status einer Jazz-Legende. Auch für seine Scherze ist er bekannt. Chris nennt ihn den „Rudi Carrell des Jazz“.
Diese Band ist hochvirtuos, die Musiker verfügen über ein Riesenrepertoire. Auch kurzfristig können sie Standards spielen und so verwundert es nicht, dass sie am Abend vorher ganz andere Stücke gespielt haben als heute.
Jérôme Etcheberry und Enric Peidro
Im ersten Set stehen Jérôme Etcheberry und Enric Peidro im Vordergrund. Trotz bzw. gerade wegen ihrer Gegensätzlichkeit bilden sie ein ideales Duo. Jérôme, groß und schlank, spielt die Trompete, recht laut, sehr kraftvoll und expressiv wie z. b. Bei ‚Topsy‘. Enric, kleiner und untersetzt, bildet am TenorSax den Gegenpol, er spielt eher lässig, manchmal auch leise und mit einem warmen weichen Sound, besonders bei ‚What Is This Thing Called Love‘ und ‚Prisoner of Love‘.
Die beiden spielen manchmal unisono, dann abwechselnd Soli, wobei der eine jeweils den anderen, begleitet oder auch mal ganz alleine wie bei ‚C‘est si bon’, zu dem Jérôme auch singt.
Chris moderiert wie gewohnt sehr publikumszugewandt, hält sich aber meist im Hintergrund. Anders bei seinem Piano Feature zu ‚Tea For Two’ von Vincent Youman. Hier beschreibt er, bevor er loslegt, den Aufbau des Stücks und erklärt, dass „Jazz ist, wenn der Fuß oben ist“. Damit ist der Offbeat gemeint, das Publikum soll auf 2 und 4 klatschen, was auch recht gut gelingt.
‚Them There Eyes‘ von Maceo Pinkard hat Billy Holiday oft gesungen. Trompete und Sax spielen hier wieder in der oben beschriebenen Rollenverteilung - famos! Später führt ein langes abwechslungsreiches Drum Solo von Fritz, das einen Riesenapplaus erhält, in die Pause.
Chris Hopkins - Botschafter der Stiftung Kinderzentrum Ruhrgebiet
Zwischendurch kommt Angela Siebold von der Stiftung Kinderzentrum Ruhrgebiet auf die Bühne. Sie berichtet, dass gestern beim Konzert Chris offiziell zum Botschafter der Stiftung ernannt wurde (s. Fotos unten vom Vortag). Die Stiftung setzt sich seit ihrer Gründung 2001 für die Gesundheit von Kindern in Bochum und der Region ein. Die Kooperation zwischen Künstler und Stiftung besteht darin, gemeinsam z. B. musikalische Projekte für Stationen der Kinderklinik zu planen. Darüber hinaus macht Chris als Botschafter die Stiftung – und damit auch sich selbst - bekannt und kann zu Spenden aufrufen. So geht auch heute Abend ein Teil der Einkünfte aus dem CD-Verkauf an die Stiftung.
Vibraphon und Tenor Saxofon
Nach der Pause steht Frits Landesbergen im Mittelpunkt mit seinem zentral platzierten Vibraphon. Es gibt inzwischen einige Drummer, die beide Instrumente beherrschen, doch Fritz ist in seiner Weise phänomenal. Mit einem ausgiebigen Solo zu ‚Just Squeeze Me‘ stellt er sein Instrument vor, das mitten auf der Bühne steht und auch optisch ein Hingucker ist.
Doch Frits ist auch für seine Moderationskomik bekannt. Mal erbittet er sich bei ‚Sweet Georgia Brown‘ den Applaus vorher, weil man nie wisse was nun käme... Mal lehnt er während eines Solos von Chris scheinbar gelangweilt auf den Platten.
Als
Chris Hopkins
mit seinem AltSax dazu kommt, schälen sich zwei weitere Duos heraus: Altsax & Vibraphon und Altsax & Tenorsax. Über Duke Ellingtons ‚Sophisticated Lady‘ spielt Chris mit Frits und über ‚Wrap Your Troubles In Dreams’ mit Enric in einem wahren Feuerwerk von Soli und call-response-Passagen - ein weiterer Höhepunkt des Konzerts.
Der Bassist Joep Lumeij ist nicht immer gut zu sehen, manchmal lugt er um die Ecke zu Chris, doch ohne seinen durchgehenden Bass ginge hier gar nichts. Chris lobt Joeps „goldenen Daumen“, mit der dieser die Saiten anschlägt. Mit vielen Bass Soli, auch als Intro, bringt Joep sich ein.
‚La Vie En Rose’ - SWING ist Lebensfreude
Neben den musikalischen Schwerpunkten zeichnet sich das Konzert durch viele kleine Inputs aus. Immer wieder wird das Publikum angesprochen, z. B. mit jazzhistorischen Erklärungen zum Cool Jazz, mit Geschichten zu Songs, mit Situationskomik z. B. beim Ringen um den hohen Ton am Ende eines Stücks.
Die Spielfreude der Musiker überträgt sich auf das Publikum, das oft angesprochen wird, und dessen Reaktionen wiederum auf die Band zurückwirken. So entsteht eine fröhliche Atmosphäre, weit wegen von einem ‚ernsten‘ Konzert wie in der Klassik. Das Zeltfestival im letzten Jahr hat den Swing über die bisherigen Kreis hinaus bekannt gemacht, so kann Chris auch heute eine Reihe neuer Zuschauer begrüßen.
Soviel Lebensfreude vermisst man manchmal bei aktuellen Jazz-Konzerten, die eher kammermusikalisch angelegt sind. Wenn die Band schon fast autistisch vor sich hin spielt, bleibt das Publikum außen vor. War Jazz nicht mal was anderes?
Swing ist nicht Musik von gestern und sie kommt nicht nur bei älteren Leuten an. Swing ist Lebensfreude – da ist die Zugabe ‚La Vie En Rose‘ gerade richtig.
www.chrishopkins.com
https://kinderzentrum-ruhrgebiet.de
Chris Hopkins
& The Young Lions beim Zeltfestival Ruhr am 1. Septembert 24 17 Uhr