Werkschau eines Ausnahme-Vibraphonisten
Mathias Haus im Doppel-Album
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker |
Die Liste mit den Musikern, mit denen der Vibraphonist und Komponist Mathias Haus zusammen gespielt hat, ist ebensolang wie die seiner CD-Einspielungen als Gastmusiker und –Solist. Wenn nun in einer Doppel-CD eine Art Werkschau über 30 Jahre seiner Kompositionskunst erscheint, lässt dies aufhorchen. Tales along the Path of Life: Land of the sun/Land of the moon ist der sinnige Titel dieser musikalischen Rückbesinnung, neben dem Vibraphonisten sind daran beteiligt Hendrik Soll (p/key), André Nendza (b) und Mirek Pyschny (dr) – dank langer Zusammenarbeit ein eingespieltes Quartett, was man dem Album auch erkennbar anhört. Das Booklet enthält zu jedem der Titel umfangreiche Informationen, die die „Geschichten entlang des Lebenspfads“ näher erläutern und die biographischen Bezüge verdeutlichen.
Die Doppel-CD möchte als Studio-Produktion den Verlauf eines möglichen Konzertes mit zwei Sets abbilden. Die Reise in das zurückliegende Schaffen beginnt auf der „Sonnen“-CD mit heart of the sun, einem quirligen Stück, das ursprünglich für ein Kinder-Perkussionsensemble konzipiert wurde und auf die Lehrtätigkeit von Mathias Haus u.a. bei der „Düsseldorf Percussion“ verweist. Die ostinaten Muster entwickeln sich zu einem rockigen Spiel, um zu einem flüssig-virtuosen Dialog von Piano und Vibraphon überzugehen. Der “leichtfüßige“ Tango tang-o-rama ist Gary Burton gewidmet, dessen Meisterschüler Haus in jungen Jahren gewesen ist. Der Titel 44 – entstanden im Jazzkeller Krefeld anlässlich des 44. Geburtstages des Vibraphonisten – wirkt in dieser Version relaxed und nachdenklich. Ein kantables golden versteht sich als liebevolle Reverenz an einen Hund, während das beschwingt-optimistische Liebeslied marie der gleichnamigen Ehefrau von Mathias Haus gewidmet ist.
Unterstützt der Titel der ersten CD den Höreindruck einer warmen, ja „sonnigen“ Strahlkraft der fünf Stücke, lässt die zweite CD einen anderen Mood erwarten. In der Tat, der erste Track (Intro) startet mit einem Bass-Motiv über einem Dauerton, was den Eindruck eines nächtlich-somnambulen Schwebezustands erzeugt. Das so eingeführte Stück story of the dark, blue rock erweist sich als beschwingt. Wie auch in den folgenden Tracks schwelgen Tasteninstrumente und Vibraphon in immer neuen Ideen, auch sie werden jeweils mit einem Intro, mit einem Bass- bzw. Piano-Solo eingeführt. club der labradore erzählt in mäßigem Tempo bluesige Geschichten, unnamed beauty mit einem wunderschönen Bass-Solo lässt die lyrisch-pathetischen Motive variantenreich umspielen. Ursprünglich als Theatermusik verfasst, macht Mathias Haus damit auf seine umfangreichen Engagements als Theater- und Filmmusiker aufmerksam. Southern evening drückt eine Melancholie wegen der verlorenen Teenager-Zeit aus – so im Booklet nachzulesen und beim Hören durchaus auch nachzuempfinden. Hinter dem merkwürdigen Titel (das glück der)N8 wird in virtuosen Schleifen hymnisch ein romantisches Nacht-Feeling gefeiert.
Die Werkschau reaktiviert ganz unterschiedliche Musiken von Mathias Haus aus unterschiedlichen Lebensphasen für unterschiedliche Kontexte. Dem Quartett gelingt dabei eine kompositorisch und spielerisch ausgesprochen reife und dichte Umsetzung. Jeder Titel des Doppel-Albums atmet eine fluide Frische, die Klangfarben sind lyrisch und „weich“ und widerlegen mit jedem Ton und jeder Phrase das Vorurteil, dass das „metallene“ Vibraphon einen kalten Klang erzeuge. Das liegt zum einen an der hoch virtuosen und variationsreichen Spielweise des Ausnahme-Vibraphonisten, zum anderen an den Mitspielern, bei denen vor allem Hendrik Soll am Piano und an den Keys im Unisono, in seinen Soli und in der Begleitung den narrativen Reichtum und Schwung der Musik von Mathias Haus mit trägt. Sehr hörenswert.
Tales along the Path of Life: Land of the sun/Land of the moon, Jazzsick Records. EAN 885150700426
Nächste Auftritte in NRW:
05.05. Oper Wuppertal
30.05. Hildener Jazztage
31.08. Wuppertal Bandfabrik
19.09. Neuss, Kulturforum Alte Post
23.11. Bergisch Gladbach, Villa Zander