Trieders Holz
Vertraute Orte
TEXT: Stefan Pieper |
Wer am Wochenende noch nichts vor hat, dem sei morgen ein Kurztrip ins schöne Sauerland empfohlen. Respektive nach Meschede, wo - im Rahmen des Multiphonics-Festivals -am 24.9. um 18 Uhr in der alten Synagoge ein kammermusikalisches Jazz-Kleinod der besonderen Art zu erleben ist. Dass es sich um ein solches handelt, belegt die aktuelle CD von „Trieders Holz“, der aktuellen Band von Conni Trieder. Bei dieser handelt es sich um eine versiertesten und kreativsten Flötistinnen im zeitgenössischen Jazz (weswegen sie auch viel mit Luise Volkmann zusammenarbeitet). Auch, dass sie bei Michael Heupel studiert hat, spricht natürlich für sich. Aber Conni Trieder macht nicht nur einem solchen Etikett alle Ehre, sondern hat mit zahlreichen fantasievollen Projekten und genug Selbstbewusstsein ihr eigenes künstlerisches Ding profiliert. Und damit auch dem von ihr gespielten „Nischeninstrument“ einen wichtigen Dienst erwiesen.
Stream of Consciousness
Conny Trieder hat in dieser Besetzung mit Quentin Coppalle einen weiteren Flötenspieler an ihrer Seite. Hinzu kommen Leonard Huhn auf Klarinette und Bassklarinette sowie Athina Kontou am Kontrabass. Aber hier wirkt noch mehr: Conni Trieder tritt auch als Autorin in Erscheinung und beschreibt in ihrer Textlyrik Kindheitserinnerungen und deren besonders atmosphärische Kraft. In Conni Trieders Texte fangen in knappen Worten ein Maximum an Intensität und Lebenshunger ein - egal ob bei der Erlebnisschilderung einer schnellen Fahrradfahrt oder der poetischen Betrachtung der Pflanzenwelt da draußen. Die hohe Kunst liegt nicht so sehr im „Was“, sondern noch mehr im „Wie“. Und hier setzt die Musik an, um eben auch auf musikalischem Wege Intensität und Lebenshunger abzubilden.
Das lyrisch-feinsinnige Spiel der Band erzeugt im Wechsel mit den Textrezitationen (gelesen von Mareike Hein) einen anregenden Stream of Consciousness, der es in sich hat. Wie aus einer nimmermüden sprudelnden Quelle nähren die improvisatorischen Ideen einen gleichberechtigten, oft polyphonisch verzahnten Diskurs der Instrumente und Klänge. Oft so, als wäre alles von einer unsichtbaren aber kraftvollen Mechanik getragen. Feinfühlige Momente, subtile Melodien und Inventionen, zugleich mutige, aber sanfte Klangerkundungen, voran getrieben von Athina Kontous Bassfiguren – all dies offenbart so viel Improvisierlust und kreativen Reichum, dass man von dieser Platte nicht genug bekommen kann. Das klingt und berührt, atmet und erfreut – zusammen mit den Texte ist das hier ein echtes, wundervolles Gesamtkunstwerk.
Wer es morgen nicht nach Meschede schafft, kann auch am kommenden Dienstag, 26.9. in den Stadtgarten zum Eröffnungskonzert des Multiphonics-Festival kommen. Und natürlich die CD erwerben, die auf Nils Wograms-Label NWog Records erschienen ist, es lohnt sich!