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Stevko Busch, Paul van Kemenade: DEDICATION

Ausnahme-Duo verschafft hohe Sogwirkung

Bochum, 01.03.2016
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | 

Ein paar elektronisch leicht veränderte Töne auf dem Klavier im Diskant, begleitet vom Pfeifen des Pianisten, ein Altsaxophon setzt ein und spielt versetzt ein paar Linien, Klavier und Alt begleiten sich nicht unbedingt im klassischen Sinne. Dies ist der Beginn der neuen CD von Stevko Busch und Paul van Kemenade, betitelt mit Dedication.

Der erste Track ist überschrieben mit Contemplation IX – for Paris, der Titel gibt – wie die folgenden Contemplation X – XII – programmatisch den Charakter der Musik vor: Es handelt sich in der Tat um ein ausgesprochen kontemplatives Herantasten und Umspielen der beiden Instrumente, zum Teil durch die Stimme oder das Pfeifen von Stevko Busch erweitert, was mit wenigen musikalischen Pinselstrichen eine geheimnisvolle Wirkung erzeugt. Die beiden Stücke des indischen Bansuri-Spielers Dinesh Mishras Follow und The Gate arbeiten stärker mit einer klareren Melodieführung, das Song-Thema wird auf einer harmonischen Begleitung des Klaviers von Kemenades Altsax ausgeführt und in super-schnellen Umspielungen variiert, Follow endet nach ausschweifender Reise mit einem quasi erschöpften Fading out, The Gate wirkt durch die häufig wiederholte feierlich-getragen gespielte Melodie des Titels als ein nahezu sakraler Lobgesang (auf die Schöpfung?). For Russia With Love 2.0 erinnert an russische Folklore mit einem wiederholenden Muster durch das Saxophon, das sich mit weit ausholendem Bogen und steigender Dynamik zu einem Klagelied entwickelt. In Bären Auf Dem Weg verlieren sich die beiden Musiker in schnellen Läufen, schrillen Tönen, Disharmonien, um zum Schluss gemeinsam zur kantablen Ausgangsmelodie zurückzukehren. Paul Motions Mode VI führt mit seinen Läufen und Harmonien am Piano in eine geheimnisvolle Welt, zu der Paul van Kemenade ein prononciertes Sax spielt. Den Schlusspunkt der CD bildet das ruhig gehaltene georgische Volkslied Shen Khar Venakhi, das eher im Modus einer europäischen Musikfolkloristik verbleibt.

Um nicht missverstanden zu werden: Es handelt sich bei Dedication keineswegs um einen Ethno-Jazz an der Grenze zum Kitschigen, Paul van Kemenade und Stevko Busch erzeugen mit ihrer Musik, mit dem subtilen, eher zurückhaltenden Spiel am Klavier mit geheimnisvoller Harmonik und dem expressiven und schier endlosen Mäandern am Altsax über das ganze Register und in vielen Skalen eine eigene Ästhetik mit hoher Sogwirkung.

Im Dezember war das Duo von Stevko Busch und Paul van Kemenade in einem überragenden Konzert in den Flottmannhallen in Herne zu erleben (s. nrwjazz), der damalige Eindruck des Rezensenten wiederholt sich auf der CD mindestens genauso stark. Die Musik des Duos verbleibt nicht im Melodieseligen, Pianist und Saxophonist erreichen mit ihrem Spiel eine geradezu suggestive Schönheit, indem ihre Phrasierungen unterschiedliche Elemente einbeziehen und einen eigenen, einen eigentümlichen Klang- und Spielkosmos erzeugen, der sich wundersam den vielleicht erstarrten Mustern des amerikanischen Jazz und seiner europäischen Epigonen entzieht und eine eigene Musiksprache generiert. Das hat etwas von weihevollem Spirit und Meditativem, verbunden mit einer umwerfenden Energie und einer phantasiereichen Spielfreude. Das seit 1995 zusammen spielende Duo, so zeigt Dedication, passt wunderbar zusammen. Wer die Chance des damaligen Konzerts nicht wahrnehmen konnte, sei dringend auf die CD-Neuerscheinung verwiesen.

Die CD ist zu beziehen per Mail über Gallery Of Tones oder (digital oder physisch) über CDbaby.

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