Luise Volkmann und Didier Matry
Wünsche
TEXT: Stefan Pieper |
„An Blumen riechen“, „mehr tanzen“, aber auch Wünsche an ihren Vater und für eine materielle Existenz schließt Luise Volkmann in die Titelgebung ein – der eigene subjektive Blickwinkel bringt auf der CD „Wünsche“ ein wahrlich kolossales Unterfangen in Fahrt....
Die Saxofonistin, Flötistin, Komponistin und Bandleaderin aus Bielefeld konfrontiert ihr Altsaxofonspiel mit der von Didier Matry gespielten Orgel in der Pariser Kirche Saint Augustin.
Paris ist schon seit langem (neben Kopenhagen und weiterhin Deutschland) Wahlheimat der gebürtigen Bielefelderin. Zugleich war Paris die Wirkungsstätte der wichtigsten modernen Erneuerer der Orgelmusik wie Olivier Messiaen oder Maurice Duruflé.
Einem solchen Anspruch huldigten Luise Volkmann und Didier Matry in einer ausgedehnten nächtlichen Session in der abgedunkelten Kirche. Es entstand ein meditativ improvisiertes, von Forschergeist durchdrungenes Klangabenteuer. Beide sind schon seit einigen Jahren dabei, in verschiedenen Pariser Kirchen die Potenziale der Konstellation „Altsaxofon plus Kirchenorgel“ weiter zu entwickeln.
Die Orgel ist schon immer ein Improvisationsinstrument geblieben. Daher ist alles, was Didier Matry hier entwickelt, an sich erstmal wesensimmanent. Luise Volkmann findet aus ihrem eigenen Selbstverständnis mühelos in diesen Kosmos hinein und fordert ihren Partner auf seinem mächtigen Instrument heraus. Das hier zu entdeckende Kaleidoskop aus Klangereignissen überwältigt: Dynamische Veränderungen erzeugen Räumlichkeit, Nähe und Ferne. Aus drone-artigen Flächenklängen gehen kleinteilige, lyrische Momente hervor. Melismen und perkussive Effekte erzeugen eine bizarre Rhetorik, setzen imaginäre Gebilde frei. Es schnalzt, gluckst und pocht, manchmal könnte das Saxofon als Perkussionsinstrument definiert sein. Auch an der Orgel werden die vielen physikalischen Möglichkeiten ausgelotet, zum Beispiel, wenn durch jähe Veränderung der Luftsäule Glissandoeffekte entstehen. (Allein deswegen favorisieren viele frei improvisierende Orgelspieler die „ältere“ mechanische Traktur bei der Kirchenorgel.) Es fasziniert immer wieder, wie sich grelle Saxofon- und mächtige Orgelpfeifenklänge „nahe“ kommen, sich reiben und überlagern. Beide behalten die Orientierung, geben spielerischen Möglichkeiten eine Richtung und spielen sich auf die Dauer in einen hypnotischen, mitunter dynamisch brachialen Flow hinein. Die Konsequenz, mit der dies alles passiert, setzt Maßstäbe.
Luise Volkmann & Didier Matry: Wünsche
Label: Umland