Été Large
When the Birds upraise their Choir
Été Large | When the Birds upraise their choir
„Was gibt es Schöneres, als kleinen Kindern dabei zuzusehen, wie sie selbstvergessen in eine Pfütze springen, ganz egal wer sich dabei wie dreckig macht. Uns Erwachsenen ist dieses Gefühl der rücksichtslosen Produktivität des kreativen Augenblicks weitgehend verloren gegangen, doch wenn man sich das neue Album von Luise Volkmann anhört, dann stellt sich vom ersten Augenblick an genau dieser Effekt ein. Da ist ein riesiger Pool dreckigen Wassers, und die Bandleaderin springt mit ihrer gesamten Meute mitten hinein, dass es nach allen Seiten spritzt.“
Besser als in diesem Presse-Dossier kann man wohl kaum die Essenz des Albums „When the Birds uprise their choir“ von Luise Volkmann s 13köpfiger Bad Été Large auf den Punkt bringen. Aber von noch viel mehr muss die Rede sein bei diesem imponierenden Statement, das allein schon von den aufgebotenen musikalischen Mitteln her ein ganz großer Wurf ist.
Am Anfang stand Luise Volkmann s persönliche Hommage an ihren Vater und dessen Generation. Vor allem, wenn es hier um ein unangepasstes, emanzipatorisches Lebensgefühl geht. „When the Birds upraises Their Choir“ befreit solche Gedanken aus jeder nostalgischen Romantisierung, was hoffnungsvoll wirkt – gut auch, dass die ausgiebigen Lyrics in einem großen Booklet-Folder nach- und mitlesbar sind.
Ebenso wirkt der gesamte Sound dieses Albums wie ein einziger, mächtiger Widerhall von so etwas! Luise Volkmann lässt die Mitglieder ihres festen Kollektivs alle Register ziehen und hat mit einem raffinierten Gespür für musikalische Formen neue, komplexe Stücke, manchmal echte kleine Jazzpunkprogrock etc.-Opern erschaffen. Aber Vorsicht: Diese Platte taugt definitiv nicht für den kleinen Handylautsprecher oder die Ohrhörer. Also möglichst laut hören und sich während der 48 folgenden Minuten nichts anderes vornehmen!
Denn die ganze explosive Rauhheit scheint in jedem Moment dazu angetan, den Rahmen der domestizierten Normalität brechen zu wollen. Nennen wir es Punk, oder Progrock, Jazz, Kammermusik - alles entzieht sich schnell genug wieder der Kategorisierung. Sängerin Casey Moir agiert schon fast als Shouterin mit ihrer grellen bohrenden Stimme - aber sie kann auch anders, nämlich leichtfüßig und verspielt das Ideal eines sonnigen Tages beschwören. Noch viel mehr Antithesen sind im Bandkonzept angelegt: Die fragile Barock-Stimme von Laurin Oppermann bringt in ausgesuchten Momenten eine fast mystische Aura ins Spiel. „Father for the first time now“ ist der wohl kammermusikalischste Part dieses Werkes – einmal mehr eine Hommage an selbstbestimmte Lebensweisheit und von seiner Harmonik her an Streichermusik von Messiaen erinnernd.
Im Auge des Hurricans lebt Zartheit. Und was immer gerade den Weg kreuzt oder in den Sinn kommt, es wird mit kompromissloser Courage beherrscht und von zwei Stimmen sowie vier Holzbläsern, Trompete, Posaune, Piano, Cello, Bass und Schlagzeug einverleibt. Die verschachtelten Rhythmen und aberwitzigen Breaks, das Aufeinanderprallen von unregelmäßigen Metren und Noise-Gitarren – all dass lässt Spurenelemente von französischem Progressive Rock erkennen. Man muss wohl davon ausgehen, dass Luise Volkmann , die lange in Paris lebte und arbeitet, auch schon mal eine Platte von Magma in die Finger bekommen hat....
Hinter diesem kompromisslosen Werk steht ein ganzes Bündel vielfältigster Erfahrungen, nicht nur bei Luise Volkmann , sondern ebenso bei ihren Bandmitgliedern, die aus verschiedenen Kontexten kommen - und wo Neugier der beste Nährboden ist!
CD
Ete Large by Luise Volkmann
„When the Birds upraise their choir“
Nwog Records 2020
Line Up
Luise Volkmann
(comp, altosax, fl)
Casey Moir (voice)
Laurin Oppermann (voice)
Vincent Bababoutilabo (fl)
Gabriel Boyault (tenorsax)
Jedrzej Lagodzinski (baritonsax)
Timothée Quost (tp)
Janning Trumann
(tb)
Lola Malique (cello)
Athina Kontou (b)
Yannick Lestra (p)
Paul Jarret (g)
Max Santner (dr)
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