Bild für Beitrag: ‚THE DUKE IN MIND' | Six8tyOne Big Band im Bochumer Kulturrat
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‚THE DUKE IN MIND'

Six8tyOne Big Band im Bochumer Kulturrat

Bochum, 22.07.2023
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Reiner Skubowius

Zum Saison-Abschluss spielt am 17. Juni die Kölner Six8tyOne Big Band im Bochumer Kulturrat. 17 MusikerInnen nehmen auf der Bühne Platz, wo sonst meist kleinere Combos auftreten. So nahe ist man einer Bigband nur selten.

‚The Duke in Mind’

‚The Duke in Mind‘ kommt mir bei diesem Konzert in den Sinn. So hieß in den 90ern ein Album des Sextetts ‚Black Beauty‘; auch bei diesem Bigband-Konzert werden viele Titel von Duke Ellington gespielt. Doch besser als mit einem Sextett geht das natürlich mit einer Bigband wie der Six8tyOne Big Band, die nicht nacheinander bekannte Titel abfeiert, sondern Stücke im Original Arrangement spielt und auch weniger bekannte Stücke dabei hat.
Die Gesangsnummern 'I ain’t got nothing but the blues' und 'Don’t get around much anymore' klingen sehr vertraut. Ganz anders klingt 'Flaming Sword'. Das Stück basiert auf einem Conga, einem Modetanz der 1930er und 40er Jahre. Der Tanz geht auf einen gleichnamigen kubanischen Karnevalsrhythmus zurück, der in Gruppen auf Congas, Fantasieinstrumenten und Basstrommeln gespielt wurde. Und das hört man besonders beim Schlagzeug. Wo 1940 noch Sonny Greer mit einem umfangreichen Drumset spielte, gelingt es heute Jakob Zenzen auf seinem Drums einen ähnlichen Sound zu erzeugen, obwohl er gar keine Pauke zur Verfügung hat, die bei Sonny Greer zur Standardinstrumentierung gehörte.
In der berühmten Blanton-Webster Band von 1940 spielte die erste Garde an Musikern, die Jazzgeschichte geschrieben haben. Cootie Williams, Juan Tizol, Barney Bigard, Johnny Hodges, Ben Webster, Harry Carney, Jimmie Blanton und andere waren dabei und eben Sonny Greer. Das ist schon allerhand, was sich die Band da vorgenommen hat. Sie hält sich streng an die historischen Arrangements und meistert diese Herausforderung hervorragend mit vielen Soli u. a. von Matthias Lange (Trompete), Axel Koch (Posaune), Roland Kramer (Baritonsax) und Alexandre Fainchtein (Klarinette).

The Tattooed Bride - Cotton Tail - Jeep’s Blues

'The Tattooed Bride' - 'Tätowierte Bräute 'waren 1949 wohl noch ein Aufreger, ungewöhnlich ist heute eher die Dauer dieses Ellington-Stücks von fast 13 Minuten, das hohe Anforderungen an die Musiker stellt. Anfangs werfen sich Yuko Nishimura-Kopp am Klavier und Michael Schöneich am Kontrabass die Bälle zu, sachte begleitet von den Jazzbesen von Jakob Zenzen. Doch hier können sich alle MusikerInnen gut einbringen, 5 Frauen sind dabei, das ist für eine Jazzband schon allerhand.
Unbestrittener Star dieses Stücks ist Alexandre Fainchtein, der die Rolle von Russell Procope aus der Ellington-Band übernimmt und mit seiner Klarinette einen ungewöhnlich langen Solopart und am Ende einen sehr lange anhaltenden Ton spielt. Weil alle Arrangements in Originalform gespielt werden, berichtet Helmut Kopp später, müsse die Position, die normalerweise mit dem ersten Tenosaxofonisten besetzt ist, von einem Klarinettisten übernommen werden. Alexandre Fainchtein ist da ein Glücksgriff, denn er spielt beide Instrumente, kann je nach Bedarf zwischen ihnen wechseln und füllt diese Position hervorragend aus.
Ja, die 40er Jahre hatten es in sich. 'Cotton Tail' ist da vielleicht die bekannteste und wichtigste Komposition des Duke’s aus dieser Zeit, die auf den berühmten 'Rhythm Changes' basiert. Berühmt ist vor allem das Solo auf dem Tenorsaxofon, das Ben Webster 1940 bei der ersten Aufnahme improvisierte und das sofort akzeptiert wurde. Heute übernimmt Peter Joser diesen Part des inzwischen notierten Solos, er spielt vielleicht nicht ganz so grummelig-rau wie Webster, aber sehr flüssig und akzentuiert, als ob es von ihm selbst wäre.
Schon 1938 entstand der Jeep’s Blues bei dem außer dem Duke auch Johnny Hodges die Hand im Spiel hatte. Friedrich Kullmann übernimmt hier den Part des legendären Altsaxophonisten (Spitzname ‚Jeep‘), dem er stilsicher seine eigene Färbung gibt.

Six8tyOne – Rheinkilometer 681

Die Bigband tritt oft in der Jazz-Schmiede Düsseldorf auf, auch auf international besetzten Jazzfestivals wie in Düren und Leverkusen war sie dabei. Der Name leitet sich ab von ihrem Proberaum, der sich in Köln Porz am Rhein befindet bei Rheinkilometer 681. Geleitet wird sie von Helmut Kopp, dem Dirigenten und Organisator, der auch mal als Joker einspringt, wenn ein Trompeter oder Posaunist fehlt. Er sagt alle Stücke an, erklärt, erläutert und nennt die Arrangeure, von denen sonst meist nicht die Rede ist. Die Besetzung der Band entspricht der der Ellington Band, wobei es sich hier bei den Musikern vorwiegend um professionelle und einge semiprofessionelle Musiker handelt. Das ist schon kolossal, da man bei den Konzerten oft die klassische Version im Kopf hat und unweigerlich Vergleiche anstellt. Alexandre Fainchtein ist am bekanntesten, er spielt auch Klezmer, im Kulturrat zuletzt im Januar '22 zum Ausschwitz-Gedenktag.
Doch es gibt es auch von anderen Komponisten etwas zu hören. Klar, dass man kaum an Count Basie vorbeikommt, hier mit 'Swinging the Blues', und auch nicht an Glen Miller mit dem für ihn von Bill Finegan arrangierten Spiritual 'Swing Low Sweet Chariot'.
Die Sängerin Carolin Sowada kommt erst beim 4. Stück auf die Bühne. Selbstbewusst steht sie vor der Band und singt mit graziösen Bewegungen 'Mean to me'. Sie überzeugt auch mit 'Puttin’ on the Ritz' und 'A Tisket, A Tasket'. Weitere Stücke von Benny Carter, Chick Corea und Monk zeigen die Vielseitigkeit der Band. Ein ganz besonderes Stück ist 'Roll’ Em', das 1937 die afroamerikanische Jazzmusikerin Mary Lou Williams für Benny Goodman geschrieben hat. Erst kürzlich berichtete Ilona Haberkamp in ihrem Buch über Jutta Hipp über die wenigen Frauen im US Jazz, die in dieser Zeit lebten und immer noch kaum bekannt sind. Helmut Kopp stellt Mary Lou Williams kurz vor als bedeutende Musikerin, die u. a. Monk unterrichtet hat und die maßgeblich an der Entwicklung des Bebop beteiligt war.
Im Gegensatz zu vielen berühmten Bands spielt die Six8tyOne Big Band beim Konzert ohne Dirigenten, auch ein Zeichen ihrer Professionalität. Zudem ist allen Musikern die Spielfreude anzusehen, die sich zusätzlich zur Musik auf das Publikum überträgt. Obwohl Instrumentierung und Arrangements vom Original übernommen werden, ist dies keine ‚Cover Band‘. Ihre Leistung ist eher der eines klassischen Orchesters vergleichbar, das auf der Grundlage einer Partitur eine eigene Interpretation entwickelt. Und die ist gelungen, wie der Applaus des Publikums und die erklatschten zwei Zugaben deutlich zeigen.


Im Kulturrat geht es nach der Sommerpause weiter am 25. August mit der nächsten Bigband, der Straight Ahead Bigband Herne. Ein Ausblick über weitere Veranstaltungen findet sich hier.
Die Six8tyOne Big Band ist auch für ihre Weihnachtskonzerte bekannt. Swingin ́ Christmas heißt ihr Programm, mit dem sie dieses Jahr in Wuppertal (25.11.), Frechen (15.12.) und Bedburg (17.12.) auftritt.

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