NEUE KONZERTREIHE - SPARZIERGANG UND MUSIK
1. Konzert: Luise Volkmann: Rites des Passage
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Sophia Hegewald/Ritual
Mit einem Konzert von Luise Volkmann startete eine neue Konzertreihe mit dem Titel Ritual im Kölner Stadtgarten. Sechs Mal an jedem Ersten im Monat finden die Konzerte im Stadtgartensaal, JAKI oder in der benachbarten Christus Kriche statt.
RITUALE ALS FREIRÄUME AUßERHALB DES ALLTAGS
Rituale sind gemeinschaftliche Handlungen, die außerhalb des Alltags stattfinden, in diesem Sinne können auch Konzerte dazu gezählt werden. Die Konzertreihe will die Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Ansätze neuer und innovativer Formen von Klangerlebnissen richten. So setzen sich alle Konzerte auf sehr verschiedener Weise mit dem Thema Ritual auseinander. Auch der gemeinsame Hör-Spaziergang und der immer wiederkehrende Termin am ersten des Monats schaffen eine Art von Ritualisierung.
SPAZIERGANG UND MUSIK
Die Teilnehmer*innen versammelten sich vor dem Eingang zum Stadtgarten und bekamen dann von der Kuratorin Sophie Emile Beha eine Karte mit der Aufgabe: „Höre nach jeder Kurve behutsamer als zuvor.“ Dann machten sie sich gemeinsam, viele schweigend, auf den Weg, angeführt von der Kuratorin. Nach diesem achtsamen Spaziergang durch den Stadtgarten waren die Sinne für das folgende Konzert geöffnet und geschärft.
LUISE VOLKMANN MIT ÜBERGANGSRITUALEN
Ein Problem, das jedem Ritualismus innewohnt, besteht darin, dass durch regelmäßige Wiederholung, der Inhalt zurücktritt oder verloren geht und die Handlung zur leeren Hülse wird. Dem hat die Kuratorin mit einem sehr unterschiedlichen Programm Rechnung getragen.
Schon mit dem ersten Konzert von Luise Volkmann wurde das Publikum mit ungewohnten Klängen und musikalischen Formen konfrontiert, bei denen jede Form von Routine und Gewohnheit aufgebrochen wurde. Schon die Besetzung der Band war alles andere als üblich. Neben Luise Volkmann am Altsaxophon waren Philipp Zoubek am präparierten Klavier und Synthesizer, Thea Soti an Elektronik und Stimme, Maria Reich an der Bratsche und Anil Eraslan am Cello. Akustische Instrumente und der Einsatz von Elektronik gingen Hand in Hand.
Die Musik war von Luise Volkmann komponiert und stammte aus ihrem Album Rites de Passage (Übergangsrituale). Die Musik will dem alltäglichen Leben mit seiner Routine einen offenen utopischen Raum entgegensetzen, in dem neue Seinsweisen möglich sind. Schon mit dem Eingangsstück Wasser wurde deutlich, dass übliche Jazz Klischees hier keinen Platz hatten. Die Musik war erst ruhig und getragen, Thea Soti sang in Englisch dazu, dann brach das Saxophon aus, die Streicher spielten kurze Sequenzen die jäh abrissen. Eine Musik, die voller Wendungen und Brüche war. Wasser, das sich verflüchtigte.
NEUE MUSIKALISCHE RÄUME GEÖFFNET
Einige Stücke waren dunkel und etwas unheimlich, andere dagegen wild und ungestüm, mit deutlichen Free Jazz Anklängen. Bei dem Titel Things we`d like to hear dagegen ging es erst sehr pianissimo zu. Philipp Zoubek erzeugte Reibegeräusche an den Saiten des Flügels, Cello und Bratsche spielten sehr leise, das Saxophon produzierte Luftgeräusche und Thea Soti flüsterte. Nach einiger Zeit wurde der Klang lauter und Philipp spielte auf dem Klavier eine Melodie, die an ein Volkslied erinnerte, das vom Wind verweht wurde. Die Musik von Luise Volkmann öffnete immer wieder neue musikalische Räume. Manche dieser Räume hätten etwas länger ausgelotet werden können, um neue Erfahrungen intensiver möglich werden zu lassen. Aber das Konzert war auf jeden Fall ein gelungener Einstieg in die neue Konzertreihe Ritual von Sophie Emile Beha. Wir dürfen schon auf die kommen Konzerte gespannt sein:
WEITERE KONZERTE DER REIHE RITUAL
1. Juli – Florian Rynkowski mit seiner Komposition Momentum – Musik für den Kirchenraum. Minimal Music, Neue Kammermusik und Jazz treffen aufeinander, verstärkt wird das Klangerlebnis durch den Einsatz von Lichtkunst.
1. August – Wojtek Blecharz mit FIELD 5 Aura (for one listener, one performer und seven loudspeaker) eine individuelle 15 minütige Klangmassage
1. September – Maria de Alvear mit Principios y comienzos (Prinzipien und Anfänge). Eine Uraufführung in der Christuskirche mit dem Ensemble hand werk
1. Oktober – Yara Mekawei mit einem Soloprogramm. Sie erforscht die Überschneidung von Klang, Architektur und Stadtlandschaft. Sie schöpft aus der Sufi-Tradtion und dem altägyptischen Totenbuch.
1. November – NRW Premiere von Drag & Drum von Theatermacher Heinrich Horwitz und Drummer Jonathan Shapiro, Tanz und Sprache. Die zweite Zusammenarbeit ist mit Songwriter, Opernsänger und Drag-Queen Moto Wagner und thematisiert jüdische und queere Rituale.
ritual-music.de