Sendung Jazz and beyond
Interview mit Stefan Karl Schmid auf Radio 674fm
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
Stefan Karl Schmid ist Saxophonist, Klarinettist, Komponist und Professor für Saxophon an der Mannheimer Musikhochschule. Er hat vielfältige Preise und Auszeichnungen für seine Musik und Kompositionen bekommen, u.a. den Jazzpreis, der Stadt Köln und den Jazzpreis der Stadt Worms.
Er hat eine neue CD Muse veröffentlicht. Aus diesem Anlass war er Gast in der Radio Sendung Jazz and beyond im Internetradio 674fm mit Uwe Bräutigam. Das Interview mit Stefan wurde live ausgestrahlt.
„Mit seinem kultivierten Ton weist Schmid sich als moderner Abkömmling der Cool-Jazz Tradition aus. Aber er kann auch zupacken und selbst in hochexpressivem Powerplay merkt man seinen Linien Übersicht und Kontrolle eines wachen Intellekts an.“ (Odilio Clausnitzer, Deutschlandfunk)
Ich freue mich Stefan Karl Schmid , Saxophonist, Klarinettist und Komponist im Studio zu begrüßen. Hallo Stefan, schön dass Du zu Jazz and beyond gekommen bist.
Stefan Karl Schmid : Hallo, ich freue mich hier zu sein.
Du wohnst in Köln-Nippes, aber Du hast auch nordische Wurzeln. Kannst Du den Hörerinnen und Hörern etwas zu Deiner Herkunft und Deinem musikalischen Background erzählen?
Stefan Karl Schmid : Sehr gerne. Ich bin in Deutschland geboren. Mein Vater ist Deutscher und meine Mutter ist Isländerin, sozusagen bin ich halb Isländer halb Deutscher. Ich habe zwar nie in Island gelebt, aber habe sehr gute Verbindungen dorthin. Ich habe dort Verwandtschaft, bin gerne und oft dort, ich versuche mindestens einmal im Jahr in Island zu sein. In den letzten Jahren habe ich mich intensiver mit der Musik Islands beschäftigt und habe in Köln auch einen Partner gefunden, Lars Duppler, der genau wie ich “halber Isländer“ ist. So haben wir zusammen etwas an dieser Musik geforscht. Island ist eine Inspirationsquelle für mich und zieht sich immer mehr in meine Projekte mit herein.
Im Rahmen des Mutiphonics Klarinetten Festivals von Annette Maye habe ich Musik von Dir und Lars Duppler gespielt, die von isländischer Musik beeinflusst war. Wunderbare Musik, die uns viel Freude gemacht hat. Nun hast Du Dein brandneues Album Muse mitgebracht. Wir wollen daraus das Eingangsstück hören. Was bedeutet der Titel und wie bist Du zu diesem Stück gekommen?
Stefan Karl Schmid : Der Titel ist Fimmtán und das ist das isländische Wort für 15. Das hat einen recht profanen Hintergrund, ich hatte zuerst den Schluss des Stückes geschrieben und der basiert auf einer kleinen rhythmischen Spielerei, die mit der Zahl 15 und der dazugehörenden Taktart zu tun hat. Von dort aus hat sich das Stück nach vorn weiterentwickelt und der Anfang und die eigentliche Melodie sind dann entstanden. Ich habe das Stück in Island im Sommer 2018 komponiert und da dachte ich, dass das Stück auch einen isländischen Titel bekommen muss.
Stefan, Du hast nun schon etwas zum Eingangsstück Deiner neuen CD erzählt, kannst Du noch ein bisschen zum “Making of“ der CD Muse erzählen? Wie bist zu den Stücken gekommen, wie hast Du die MusikerInnen ausgewählt, was war der Weg zum fertigen Album, das und heute vorliegt?
Stefan Karl Schmid : Die Musik von Muse ist ganz eng verknüpft mit dem Vorgänger Album, was Pyjama heißt. Das Pyjama Album featured ein Oktett, also eine größere Formation. Diese Produktion ist ziemlich genau vor einem Jahr erschienen und in Vorbereitung auf dieses Album habe ich relativ viele Stücke geschrieben, es waren 25 an der Zahl. Nur einen Teil davon habe ich arrangiert für das Oktett. Es war noch soviel Musik da, dass ich mit den MusikerInnen aus dem Oktett dann Trio Musik [mit David Helm am Bass und Thomas Sauerborn am Schlagzeug] aufgenommen habe. Dann habe ich einzelne Musiker aus dem Oktett [ Bastian Stein, Trompete; Shannon Barnett, Posaune; Pablo Held , Piano] hinzugenommen und das Trio zum Quartett ergänzt, so ist die Musik zu dem neuen Album entstanden. Ich habe diese Sachen noch etwas liegen lassen und nun ein Jahr später die Musik veröffentlicht.
Das nächste Stück, das ich aus dem Album spielen möchte heißt Tulpa, kannst Du dazu etwas sagen?
Stefan Karl Schmid : Der Hintergrund ist der, dass ich Shannon Barnett an der Posaune featuren wollte, ich bin schon seit langem Teil ihres Quartetts und habe schon sehr viel Musik mit ihr gemacht und dabei viele schöne Momente erlebt, in ganz verschiedenen Ländern und auf unterschiedlichen Bühnen. Deshalb wollte ich sie unbedingt dabeihaben und auch ein Stück mit ihr spielen auf dieser Platte. Ich habe das Stück schon mit ihrem Sound im Hinterkopf komponiert. Ein Stück, das sehr gut zu ihr passt und wo ich mit ihr zusammenspiele. Der Titel Tulpa ist inspiriert von David Lynch, dem Filmkünstler, Musiker und bildenden Künstler. Ich habe mich eine zeitlang sehr mit ihm beschäftigt und auch seine Biographie gelesen und da gibt es auch ein Kapitel zum Thema Tulpa. Wen das interessiert, dem kann ich nur die Biographie von David Lynch empfehlen.
Stefan, Du bist nicht nur Saxophonist, Klarinettist und Komponist, Du hast auch eine Professur an der Mannheimer Musikhochschule. Die Klarinettistin Petra Stump-Linshalm aus Wien, die vor ein paar Jahren auch auf dem Multiphonics Festival in Köln gespielt hat, hat seit einigen Jahren eine Dozentenstelle an der Musikhochschule. Sie sagt, dass sie seitdem viel mehr Zeit zum Komponieren habe, da sie nicht mehr jedes Konzert annehmen müsse, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Gibt es bei Dir auch solche Veränderungen, hast Du mehr oder weniger Zeit? Oder kannst Du nach einem halben Jahr noch nicht soviel dazu sagen?
Stefan Karl Schmid : Ja, da hast Du recht, nach einem halben Jahr kann ich noch nicht soviel dazu sagen, besonders in der jetzigen Zeit, wo die Konzerte brachliegen.Insofern bin ich sehr froh, diese Stelle in Mannheim angetreten zu haben. Es macht mir wahnsinnig viel Spaß. Ich habe schon immer neben meiner Musik unterrichtet, so war es immer Teil meiner Tätigkeit und hat mir immer großen Spaß gemacht und beeinflusst mich auch musikalisch künstlerisch. Wenn die Konzerte wieder möglich werden, muss man sehen wie sich das dann fügt. Aber da es eine halbe Stelle ist, ist es schon darauf ausgelegt, dass man einerseits unterrichtet, aber andererseits auch seiner musikalisch künstlerischen Tätigkeit nachgehen kann.
In der Corona Zeit ist eine feste Stelle an der Uni ja eine Art Lottogewinn, ein echter Glücksfall. Gerade MusikerInnen, die nur von ihrer Musik leben müssen, ohne Stelle an einer Hochschule oder irgendwo in der Musikproduktion, geht es durch den Wegfall der Konzerte sehr schlecht. Von daher kam es bei Dir gerade rechtzeitig.
Stefan Karl Schmid : Ja, absolut, es fühlt sich ein bisschen an wie ein Lottogewinn und ich bin auch sehr dankbar dafür, das machen zu können, zumal es auch ein schöner Beruf ist, der viel Spaß macht und mich sehr erfüllt. Aber man muss sagen, dass wir in NRW und auch gerade in Köln sehr gut aufgestellt sind und sehr viel Unterstützung erfahren haben. Ich kann nur für mich selbst und meine Kolleginnen und Kollegen sprechen und habe das Gefühl, dass wir ganz gut über die Runden kommen, auch in dieser Zeit. Da muss man auch mal die positive Seite sehen und die Unterstützung würdigen, die wir hier in NRW und vor allem auch in Köln bekommen.
Ich habe aus Deinem Album Muse noch ein weiteres Stück ausgewählt, vielleicht kannst Du das selbst ansagen? Ich nehme an der Titel ist isländisch?
Stefan Karl Schmid : Ja, der Titel ist isländisch und nicht ganz leicht auszusprechen, er heißt Fargurt er í fjördum und bedeutet frei übersetzt: Wie schön ist es im Fjörd. Es ist ein stimmungsvolles altes isländisches Volkslied, das die Stimmung am Fjörd beschreibt. Und wenn man schon einmal dort war, dann weiß man, dass die Stimmungen ganz unterschiedlich ausfallen können. Das Wetter ändert sich sehr schnell, manchmal innerhalb von Minuten, zieht sich der Himmel zu oder reißt auf. Eine Art der Stimmung habe ich in meiner Interpretation des Werkes eingefangen.
Bevor wir das Stück hören, möchte ich doch noch fragen, was sind Deine nächsten Pläne? Gibt es in dieser unsicheren Zeit überhaupt Pläne?
Stefan Karl Schmid : Pläne gibt es immer, Pläne habe ich immer viele. Es ist immer viel los, obwohl keine Konzerte stattfinden, bin ich immer dran mich weiterzuentwickeln und neue Sachen zu entdecken. So arbeite ich schon an den nächsten Veröffentlichungen. Mit dem anfangs erwähnten Duo mit Lars Duppler, sind wir gerade dabei eine CD zu veröffentlichen. Wir planen eine Veröffentlichung wo fast nur isländische Musik zu hören ist. Mit meiner Band Schmids Huhn arbeite ich auch gerade an einer neuen LP. Wir haben letztes Jahr live aufgenommen. In ganz naher Zukunft steht ein Konzert im Stadtgarten an, es ist geplant für den 1. April mit dem Pyjama Oktett. Ob es stattfinden kann, steht natürlich noch in den Sternen, aber ich hoffe doch sehr, dann können wir dort endlich mal wieder live spielen.
Ja, wir wünschen uns alle, dass wir Dich und Deine MusikerkollegInnen wieder live erleben können. Stefan vielen Dank, dass Du von Deiner neuen CD Muse und Deiner Arbeit erzählt hast. Alles Gute für Deine Arbeit an der Hochschule und Deine musikalischen Projekte.
Stefan Karl Schmid : Danke, dass ich hier sein durfte.
Link zur CD Besprechung von Stefan Pieper:
https://nrwjazz.net/jazzreports/2021/Stefan_Karl_Schmid____Muse_/