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Ein zusammenhängender loser Haufen

10 Jahre ‚The Dorf’

Dortmund, 11.11.2016
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker

„The dorf ist ein lebender Organismus, der ständig in neue Richtungen mutiert. Kein typisches Orchester und keine typische Bigband. Eine Reise durch die Tradition der Jazz-Experimentation, in der Klangtexturen und Instrumentierung Formen ignorieren.“ – so die Beschreibung des Films über die außergewöhnliche Formation um Bandleader Jan Klare (Rezension) . Die Band feiert aktuell ihr 10-jähriges Jubiläum, Anlass zu einem Interview von Heinrich Brinkmöller-Becker mit dem umtriebigen Jan Klare.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand in NRW ‚The Dorf’ noch nicht kennt, kannst du trotzdem kurz das Projekt vorstellen?

Ich kann mir das auch kaum vorstellen, vorausgesetzt man interessiert sich für diese Musik.

Was unterscheidet euch von einer „klassischen“ Big Band?

Andersrum - das einzige, was wir mit einer Big Band gemeinsam haben ist, dass wir eine große Band sind. Im Grunde sind wir anders als alle Bands, die ich kenne. Dies ist in unserer Organisationsstruktur begründet, und das wiederum macht unsere Musik anders als die aller anderen Gruppen.

Was sind das für Musiker, die bei ‚The Dorf’ freiwillig mitmachen?

"Freiwillig" ist ein interessantes Wort. Ich arbeite immer mit Musikern gearbeitet, die aus einem inneren Druck heraus spielen müssen, ich glaube im eigentlichen Sinn des Wortes spielt niemand freiwillig bei The Dorf. Als das Orchester vor 10 Jahren begann, habe ich die Kollegen mit dem Versprechen gelockt, dass es nur um Musik gehen und dass es spannend würde.

Wie sieht deine Rolle als Bandleader aus?

Sehr vielfältig - Komponist, Dirigent, Repräsentant, Booker, Administrator, Zielscheibe, Co- Koch.

Wie gehst du/geht ihr mit den verschiedenen Temperamenten der Band-Mitglieder um?

Nun, nach recht entspannten ersten 3 Jahren gab es immer wieder auch heftige Auseinandersetzungen in der Gruppe. Einige sind gegangen, neue sind gekommen - aus meiner Perspektive habe ich um jeden gekämpft. Wie gesagt, es sind spezielle Charaktere, es gibt explosive und ausgleichende Menschen, diese Band heißt nicht nur Dorf, sondern ist ein Dorf.

Nach 10 Jahren: Welche Entwicklungen/Veränderungen gab es in der Band?

Nun zunächst musste aus einem unzusammenhängenden losen Haufen ein zusammenhängender loser Haufen werden. Die Entwicklung einer ersten Bandidentität brauchte ca. ein Jahr. Das Orchester war noch konventioneller, zum Beispiel wurden "richtige Soli" gespielt. Dann wurde der Orchestersound zunehmend wichtiger als individuelle Leistungen. Wir prägten den Begriff der Schwarmintelligenz und arbeiteten an kollektiver Steuerung des Klangs bei größtmöglicher individueller Freiheit.

Eine große Zahl von Gästen wie z.B. Caspar Brötzmann, Stephan Froleyks, Mambo Kurt, FM Einheit, Han Buhrs, Joscha Hendricksen haben ihre Spuren hinterlassen.

Nach 10 Jahren: Habt ihr Fett angesetzt? Werden Auftritte nicht zur Routine? (z.B. bei dem „Stammlokal“ domicil in Dortmund?)

Ja, die Jahre haben Spuren hinterlassen- glücklicherweise. Die Band reift immer mehr- wir haben uns ein Stück etabliert, ich persönlich habe mehr Fett angesetzt als vor 10 Jahren. Routine gibt es mittlerweile eine Menge, aber scheitern tun wir immer noch, langweilen so gut wie nie.

Nach 10 Jahren: Wie geht ihr mit der Fluktuation in der Band um?

Neue Mitglieder sind sehr willkommen - der Altersunterschied beträgt mittlerweile so 40 Jahre, junge fantastische KollegInnen mischen den Laden auf - klasse!

Nach 10 Jahren: Hat sich euer Publikum verändert? Wie geht ihr auf diese Veränderungen ein?

Nun, schwer zu sagen - hängt davon ab, wo wir spielen, das Publikum im domicil besteht wie wir aus alten Stammbesuchern und immer wieder neuen Gesichtern. Wir spielen für Menschen, die Musik zum Leben brauchen.

Nach 10 Jahren: Tiefpunkte – Höhepunkte?

Höhepunkte: Manchmal schaffen wir die Zeit anzuhalten, alles wird eins, alles ist gut.

Tiefpunkte: Manchmal geraten wir/ ich an die Grenzen des Machbaren, das tut weh.

Bei den Höhepunkten kann man natürlich auch antworten: Drei aufeinanderfolgende Auftritte in Moers und auf einigen anderen Festivals in In- und Ausland.

Wie strahlt ihr in die Region aus?

Das müssen andere beantworten.

Projekte in naher Zukunft?

Es wird spannend. Wenn das domicil uns weiter spielen lässt, werden wir zur besten Band des Planeten.

Konkret gründen wir (zusammen mit Florian Walter und Simon Camatta ) gerade ein Plattenlabel, Umland Records, um auch die Musik der grandiosen Splittergruppen aus unseren Reihen teuer zu verkaufen.

In 10 Jahren: Wird es ‚The Dorf’ noch geben?

Ich würde weiter machen - allein um wieder ein Interview mit dir zu führen... die Welt verändert sich rapide...

Weitere Informationen zur Band auf ihrer Homepage: www.thedorf.net

Nächstes Jubiläumskonzert am 17.11.2016 im Dortmunder domicil.

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