Von Kultur ist selten die Rede
Was Parteien zur Wahl (nicht) versprechen
TEXT: Bildqellen: Flux.ai, Medieninfo Deutsche Jazzunion |
So wie man das Wort Kultur auf den Wahlplakaten (wenn überhaupt vorhanden) mit der Lupe suchen muss, so ziehen Musikverbände auch eine äußerst durchwachsende Bilanz , wenn es um die Berücksichtigung der Kulturszene in den Wahlprogrammen geht. Beim Blick auf die Details und einer eingehenden Analyse der Wahlprogramme zur Bundestagswahl haben Deutsche Jazzunion, FREO, PRO MUSIK und unisono erhebliche Unterschiede in der geplanten Unterstützung gerade für die freie Szene festgestellt. Die Untersuchung folgt auf die Veröffentlichung ihrer fünf Kernforderungen im November 2024 und zeigt, nach Einschätzung der Verbände, deutliche Diskrepanzen zwischen den Parteien auf.
Bundeskulturförderung auf dem Prüfstand
Im Zentrum der Debatte steht die Bundeskulturförderung: Während SPD, Grüne und Linke eine deutliche Stärkung und Ausweitung der bisherigen Förderung befürworten, vertreten FDP und AfD die Position, dass die Kulturförderung hauptsächlich Ländersache sei. Eine Haltung, die besonders für die freie Musikszene problematisch werden könnte, da sie auf verlässliche Bundesförderung – etwa durch den Musikfonds – angewiesen ist. Besonders bei der sozialen Absicherung und angemessenen Vergütung von Musikschaffenden offenbaren sich, wie die Analyse der Musikverbände zeigt, tiefe Gräben zwischen den Parteien. SPD, Grüne und Linke sprechen sich für konkrete Verbesserungen aus, während CDU, FDP, BSW und AfD sich entweder gar nicht äußern oder entsprechende Maßnahmen ablehnen.
Die Verbände warnen, dass sich ohne gezielte politische Intervention die Arbeitsbedingungen in der freien Musikszene weiter verschlechtern könnten. Ein weiteres Kernproblem ist die Vereinfachung des Zuwendungsrechts. Die Wahlprogramme bleiben hier meist bei allgemeinen Verweisen auf "Entbürokratisierung" stehen, ohne konkrete Lösungsvorschläge zu präsentieren. Auch die Doppelbesteuerung bei internationalen Auftritten – ein drückendes Problem für viele freischaffende Künstler und Ensembles – wird nur von FDP und Linken konkret thematisiert.
Appell an die zukünftige Bundesregierung
Die Deutsche Jazzunion, FREO, PRO MUSIK und unisono, die gemeinsam die Interessen tausender Musikschaffender vertreten, appellieren nun eindringlich an die zukünftige Bundesregierung. Sie fordern eine stärkere Berücksichtigung der freien Musikszene und deren spezifischer Bedürfnisse. Ihre Position: Gerade in Zeiten multipler Krisen und erstarkender antidemokratischer Tendenzen sei eine starke und unterstützende Kulturpolitik unerlässlich.
Die Bedeutung der freien Musikszene für die kulturelle Vielfalt in Deutschland ist beträchtlich. Selbstständige Musiker, freie Ensembles und Orchester fördern nicht nur den direkten Austausch mit dem Publikum, sondern setzen sich auch aktiv mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinander. Die Verbände betonen, dass eine nachhaltige Förderung auf Bundesebene essentiell sei, um diese gesellschaftlich wertvolle Arbeit zu sichern und weiterzuentwickeln. Die Musikverbände kündigten an, sich weiterhin aktiv in den politischen Diskurs einzubringen und die Interessen der freien Musikszene nachdrücklich zu vertreten. Ihr Ziel ist es, die kulturpolitische Bedeutung der freien Musikszene stärker in den Fokus zu rücken und angemessene Rahmenbedingungen für ihre Entwicklung zu schaffen.
Zu den unterzeichnenden Verbänden gehören die Deutsche Jazzunion, die seit 1973 als Sprachrohr der Jazzmusiker in Deutschland fungiert und sich für bessere Vergütung und soziale Absicherung einsetzt; FREO, der Verband der freien Ensembles und Orchester, der sich für verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen stark macht; der 2021 gegründete Verband PRO MUSIK, der genreübergreifend die Interessen freier Musikschaffender vertritt; sowie unisono, die Deutsche Musik- und Orchestervereinigung, die mit rund 13.000 Mitgliedern für die Belange von Musikern in Berufsorchestern, Rundfunkchören sowie von Freischaffenden und Lehrbeauftragten eintritt.
Zur Pressemeldung der Deutschen Jazzunion
Siehe auch unsere subjektive Auswertung einer Wahlprogramm-Analyse des Deutschen Kulturrates