Volker Rosin: Der blaue Hund will tanzen
Jazz für Kids
TEXT: Heinz Schlinkert |
Endlich mal eine Jazz-CD für Kinder, die den Erwachsenen und hoffentlich auch den Kindern gefällt. Volker Rosin hat schon einmal eine Kinder-CD mit Beatles- Songs gemacht. Diesmal posiert er mit Saxofon auf der CD Der blaue Hund will tanzen.
Volker Rosin hat bekannte Jazzsongs neu getextet und ‚kindgerecht‘ arrangiert. Da sind ganz unterschiedliche Stücke bei herausgekommen. Dem Titelsong vom ‚blauen Hund‘ liegt Blue Bossa zugrunde. Er ist geradezu programmatisch, denn der blaue Hund
„...hört gerne Jazz
Und das hat seinen Grund.
Er mag Melodien, wenn sie anders sind
Als das was sonst so aus dem Radio klingt..“
Rosin ist gelernter Erzieher und kommt aus Düsseldorf. Mit 65 Jahren könnte er sich eigentlich zur Ruhe setzen, aber er ist immer noch auf Tournee und bis März ausgebucht. „Der blaue Hund will tanzen“ wurde schon 2015 veröffentlicht und stand kurz danach im Mai auf Platz 7 der deutschen Jazzcharts. Die Kinder sollen dabei anhand von Standards einen unbefangenen Umgang mit Jazz und Swing erfahren.
Wir hatten über Die Jazzgeister berichtet, wo die Autoren versucht haben den Kindern Jazzstile nahezubringen. Der Versuch alte Kinderlieder als Ausgangspunkt zu wählen ist dort gescheitert, weil man von einem realitätsfernen Kinderbild ausgegangen ist. Das ist ganz anders bei Volker Rosin.
Jazz Rally 2015 in Düsseldorf
Spring Spring Spring (s.o.) animiert zum Mittanzen und schließt atmosphärisch gut an das Original Sing, Sing, Sing an; ähnlich das direkt in Deutsche übersetzte Flieg mit mir zum Mond.
Das Krokodil (All of Me) hat im Lied keine Zähne und verliert so seinen Schrecken.
Am besten hat mir Ein Hund, eine Katze und eine Maus gefallen, es basiert auf dem Bossa Nova Aguas do Marzo (bzw. Waters of March) von Jobim. Der Text ist so eine Art Fabel, beschwingt, lustig, aber auch eindringlich.
Dass Onkel Donald eine Farm hatte, ist allseits bekannt, aber nicht unbedingt bei Kindern.
Ich bin grün (Fröschelied) geht auf Bein‘ Green, den alten Hit des Froschs Kermit aus der Sesamstraße, zurück. Das Stück wurde in den 70ern von Joe Raposo komponiert und u. a. schon von Sinatra gesungen; deutscher Text von Manfred Krug.
Die Aufnahme des fast 100jährigen Uroldies Yes! We Have No Bananas von Irving Cohn ist eine gute Idee. Die Obst-Thematik wird kindgerecht aufgenommen, allerdings klingt das Lied mehr nach traditioneller Blasmusik als nach Jazz.
Wir feiern heut' ne Party basiert auf Skip to My Lou von 1840. Das kann man nicht gerade Jazz nennen, wurde aber auch von Nat King Cole gesungen und ist in Rosins Version aufs Tanzen auf Kinderfesten ausgelegt. Dies gilt auch für die 3 Stücke, die als ‚Karaoke-Versionen‘ vorheriger Stücke angehängt wurden. Die Kinder können dazu selbst singen, vielleicht auch andere Texte erfinden?
Wunderbar ist die Welt (Text M. Krug) - Wonderful World ist eigentlich kein Jazz, mutiert aber glücklicherweise nicht zum Schlaflied, sondern bildet einen gelungenen Abschluss.
- Jazz im Kinderlied
Aber wichtiger als Texte und Vorlagen ist die musikalische Gestaltung. Und die ist hier überwiegend am Jazz orientiert. Da sind einmal Instrumente wie Saxofon, Bass und Schlagzeug, die man normalerweise nicht bei Kinderliedern findet. Die Arrangements sind oft nah am Jazz, Bläser-Sätze ‚schießen‘ immer wieder herein, key changes finden statt. Soli fügen sich entlang der Melodie-Linie gut in die Stücke ein, z. B. im Blauen Hund (Kai Niedermeier am Sax) und im Krokodil (Stefan Pfeifer an der Flöte). Auch schwierigere Rhythmen wie beim Bossa Nova werden nicht ausgespart, sondern konsequent verfolgt. All dies ist nur möglich mit der wirklich guten Band, bei der Rosin selbst gar nicht Saxofon spielt. Die Band wird gar nicht vorgestellt. Das ist nun gar nicht jazztypisch, sondern entspricht der üblichen Dominanz der Kinderlied-Performer!
Das Booklet ist sehr ansprechend gestaltet. Fast alle Texte sind drin, einzelne Instrumente werden mit Fotos und kurzen Erklärungen vorgestellt.
- ‚Kinderlieder‘ oder Jazz für Kids?
Die Sache mit Kinderliedern ist immer, dass sich Erwachsene etwas für Kinde ausdenken, man aber nie weiß ob und wie das bei den Kindern ankommt. Schlechte Bilderbücher sind oft kitschig, es dominieren grelle bunte Farben und verniedlichende Zeichnungen. Bei Kinderliedern sind es dann oft sehr einfach gestrickte Melodien mit banalen Texten, man will die Kinder ja nicht ‚überfordern‘.
Doch was heißt schon kindgerecht? Man spricht ja auch nicht von ‚Erwachsenenmusik‘. Ebenso falsch ist es eigentlich von Kindermusik zu sprechen. Welche Kinder könnten sich für Jazz interessieren? Für welche Altersgruppe ist die CD gemacht?
Die Frage ist auch wie pädagogische und künstlerische Gesichtspunkte zueinander stehen, denn das geht oft nicht zusammen. So haben wir auch hier trotz viel musikalischer Leichtigkeit bei dieser CD massive pädagogische Eingriffe. So ist Schleich wie ein Tiger- das einzige von Rosin selbst komponierte Lied - vor allem als Bewegungslied konzipiert; das grenzt hier manchmal an Schunkelmusik. Auch die platte Aufzählung der Planeten in Flieg mit mir zum Mond wirkt aufgesetzt nach dem Motto ‚Die Kinder sollen auch was dabei lernen‘. Meint Rosin, dass die Eltern, die ja die CD kaufen sollen, so etwas erwarten?
Trotz der gnadenlosen multimedialen Kommerzialisierung seiner Produkte ist es Volker Rosin hier gelungen ein meist kindgerechtes, aber nicht anspruchsloses Album zu produzieren, das vor allem Grundschulkinder anspricht.
Und was sagen die Kinder dazu? Meinungen zur CD bitte an:
schlinkert (at) nrwjazz.de
Volker Rosin: Der blaue Hund will tanzen
CD Moon Records 2015