Vokal und Instrumental
Schnelldurchlauf Vol. 10 von Christoph Giese
TEXT: Christoph Giese |
Stimmlastig sind dieses Mal die Neuvorstellungen. Aber nicht nur. Auch starke Instrumentalisten haben neue Tonträger.
Esther Kaiser: Water (Fine Music)
Ein ganzes Album dem Überlebenselement Wasser zu widmen, Esther Kaiser hat mit Water genau das gemacht. Kritische Texte und dazu beseelte Musik ergeben eine poetische Sichtweise auf dieses wichtige Thema. Die Sängerin und Professorin an der Musikhochschule in Dresden hat mit ihren langjährigen musikalischen Partnern, dem Pianisten Tino Derado und dem Bassisten Marc Muellbauer, Stücke geschrieben und zusammen mit ihnen und ein paar Gästen eingespielt. Selbst eine wasserbetriebene Glasharfe, bedient von Esther Kaiser selbst, kommt hier zum Einsatz. Auf einem Album, das die Auseinandersetzungen mit dem Thema Wasser nie in zu bedeutungsschwere Momente abgleiten lässt, sondern sensibel thematisiert.
Aline Frazão: Uma Música Angolana (flowfish)
Der Albumtitel ist Programm. Und hat gleich mal drei Bedeutungen: Ein angolanisches Lied, eine angolanische Musik, eine angolanische Musikerin. Als solche in ihrem Heimatland als Frau voll akzeptiert zu werden, noch immer schwierig, hat Aline Frazão kürzlich erst ein einer Radiosendung erzählt. Ja, eine Frau kann schon Sängerin sein. Aber Musikerin, Songschreiberin, Produzentin? Aber all das ist die Angolanerin mit der so schmeichelnden, warmen Stimme, die auch auf ihrem neuen Album wieder die lusophone Musikwelt in all ihrer Vielfalt präsentiert - mit Rhythmen aus Angola, Brasilien oder den Kapverden. Schon alleine wie sie Angolas Hauptstadt Luanda in einer Nummer ganz lässig und romantisch besingt – einfach nur zauberhaft!
Cécile McLorin Salvant: Ghost Song (Nonesuch)
Sie ist eine, wenn nicht sogar die spannendste Stimme des aktuellen Jazz. Die US-amerikanische Sängerin mit karibischen Wurzeln Cécile McLorin Salvant kann mit ihrer Vieroktaven-Stimme einfach alles singen, und das absolut intonationssicher. Und sie liebt es zu überraschen. Was für ein Vielfalt gibt es auf dem neuen Werk der dreifachen Grammy-Preisträgerin zu hören! Einen unbegleiteten, also a-cappella gesungenen Traditional etwa, der unter die Haut geht als Rausschmeißer des Albums. Oder ein traditioneller irischer Kantus zu Beginn, unbegleitet gesungen in einer Kirche, mit dem Hall der Kirchenwände, der dann überraschend in Kate Bushs „Wuthering Heights“ einbiegt. Dazu kommen eigene Stücke, Musik aus der Dreigroschenoper oder was von Sting. Aber alles klingt immer nach ihr. Sehr spannend.
Melissa Aldana: 12 Stars (Blue Note)
Die aus Chile stammende und in Brooklyn, New York lebende Saxofonistin und Komponistin Melissa Aldana gibt mit 12 Stars ihr Solodebüt als Blue Note-Künstlerin. Mit ihrem feinen Quintett um Gitarrist Lage Lund und Pianist Sullivan Fortner spielt sie einen unaufgeregten, melodischen Modern Jazz mit vielen Farbschattierungen. Ihr Ton auf dem Tenorsaxofon ist warm, emotional und geschmeidig, ihre Band kommuniziert gefühl- und geschmackvoll. Das Artwork des CD-Covers stammt übrigens von – Cécile McLorin Salvant.
Martin Wind New York Bass Quartet: Air (Laika)
Gleich vier Kontrabässe gibt es hier zu hören. Denn das New York Bass Quartet des aus Flensburg stammenden, seit mehr als einem Vierteljahrhundert aber schon im Big Apple lebenden Kontrabassisten Martin Wind vereint drei weitere Instrumentenkollegen in einer Band. Dazu kommen hier noch als Gäste die beiden Schlagzeuger Matt Wilson und Lenny White sowie Pianist und Organist Gary Versace. Im Zentrum eines bunten Programms mit eigener Musik, einem Beatles-Medley, Bach-Chorälen oder Stücken von Joe Zawinul oder Pat Metheny aber stehen die sehr interessanten, mehrstimmigen Klänge der vier Tieftöner.
Helge Lien Trio: Revisited (Ozella)
Jacob Karlzon: Wanderlust (Warner)
The Spam: Between (www.spamjazztrio.com)
Zum Schluss noch drei Piano-Trios, die mit neuen Scheiben aufwarten. Im Falle des Helge Lien Trio aber gibt es auf Revisited ausschließlich schon veröffentlichtes, bekanntes Material zu hören, dass der norwegische Bassist mit seinem neuformierten Trio allerdings noch einmal eingespielt hat, in einer Kirche und live auf einem Festival in seiner Heimatstadt Hamar. Hörenswert!
Der schwedische Tastendrücker Jacob Karlzon spielt sich auf Wanderlust durch Rockgrooves, erweitert seinen akustischen Klavierklang gerne auch mal mit dem Synthesizer, musiziert zurückgenommen mit zwei hochkarätigen Gästen, dem Gitarristen Dominic Miller und dem Trompeter Matthias Eick, oder verwöhnt mit perlendem Wohlfühl-Jazz.
Auch das Ruhrgebiets-Jazztrio The Spam um den Bochumer Pianisten Oliver Schroer hat sich Gäste eingeladen, darunter den Kölner Trompeter Matthias Bergmann . Und spielt auf Between einen erfrischenden, groovigen, modernen Jazz, der durch starke Melodien und feines Zusammenspiel besticht.