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VocColours plus

Album 66

Düsseldorf, 06.02.2023
TEXT: Uwe Bräutigam | 

Die Vokalgruppe VocColours hat ein neues Album herausgebracht mit dem Titel: 66. Diesmal als VocColours Plus, d.h. mit sieben Musikern als Verstärkung.

Stimme als Instrument

Auf dem Album 66 sind elf Stücke der Vokalkünstler*innen Brigitte Küpper, Gala Hummel, Iouri Grankin und Norbert Zajac, der letztere ist auch der Producer der Scheibe.

VocColours ist eine renommierte Vokalgruppe, die schon seit Jahren zusammenarbeitet und bereits beachtenswerte Alben vorgelegt hat. Diesmal ist das Album besonders gut produziert und klar strukturiert. Dabei ist es nicht überproduziert und auch der anarchischen Charme der Gruppe bleibt erhalten.

VocColours machen so ziemlich alles, was man einer Stimme machen kann: Hauchen, Flüstern, Stöhnen, Grummeln, Brummen, Sprechgesang, Melodielinien ohne Worte, rhythmisches Skandieren, Hauchen, Hecheln, lange gehaltene Töne, kehliges Rollen, gepresste Töne, klare Töne, Liedfragmente und noch einiges mehr, für das ich gar keine Begriffe habe.

Diese Stimmakrobatik findet sich auch auf den früheren Alben, aber auf dem neuen Album erscheint alles etwas deutlicher und kohärenter in Szene gesetzt, wobei die Instrumentalisten auch einen guten Anteil haben. Vocolours setzen ihre Stimmen wie Instrumente ein und die Instrumentalisten setzen ihre Instrumente oft wie Stimmen ein. Das führt zu wunderbaren Synergieeffekten.

Breit angelegte Vokalkunst

Die einzelnen Stücke sind dabei sehr unterschiedlich. Der erste Titel Aufnahme läuft beginnt mit dem rhythmischen skandieren von Silben, gefolgt von Summen und einzelnen Melodiefragmenten. Die Klarinette, das Schlagzeug, Gitarre und das Akkordeon sind gut herauszuhören, aber auch die anderen Instrumente einschließlich der Elektronik schaffen zusammen mit den Stimmen eine dichte Athmosphäre, die manchmal an frühe Frank Zappa Stücke erinnert. Diese Stimmung wird verdichtet und gesteigert und mündet in eine wilde Party.

Während das dritte Stück Klezmeresque ein längeres instrumentales Intro mit Akkordeon, Klarinette und Schlagzeug hat und Melodielinien ohne Worte gesungen werden. Rhythmische Silben werden von den Instrumenten begleitet und wie der Titel schon sagt, klingt es wie ein verfremdeter Klezmer.

Im Titel Different Ages erklingen Stimmen zusammen mit Schlagzeug und Klarinette/Bassklarinette. Es entsteht wildes Stimmengewirr, dass wie bei Schwarmintelligenz eine gemeinsame Form findet. Lange hohe modulierte Haltetöne begleitet von Holzbläsern.

Im fünften Stück Ri hören wir Melodielinien begleitet von Klarinette, Akkordeon und Gitarre, wie in einem Chanson. Dann klagender jaulender Gesang, lange gehaltene Töne, Frauenstimmen.

Firebird dagegen beginnt mit elektronischem Zirpen, Klingeln, tiefem Brummen, Stöhnen, rhythmische Töne, die an Beischlaf erinnern, Luftgeräusche der Klarinetten und Klappengeräusche. Firebird Gesang.

Das achte Stück Schmelzende Pinguine beginnt mit Glockenklängen, Akkordeon, Klarinetten, elektronischem Rauschen, dann setzt dramatischer mehrstimmiger Sprechgesang ein. Danach bewegt sich die Musik mit den Gesangstönen wellenartig an- und abschwillend.

Im letzten Stück wird ein Gong betätigt, dann erklingt ein verwehtes Akkordeon und Gesang setzt ein, man hört einige Worte, schrille Geräusche folgen und rhythmisches Sprechen setzt ein, anschwellender Gesang begleitet von Akkordeon und Elektronik leitet zu einem leisem Ausklang.

Diese Beschreibungen sollen die Unterschiedlichkeit der Stücke zeigen, aber auch ihre Strukturen einwenig aufzeigen. Natürlich sind auch noch andere, als die genannten Instrumente zu hören und auch die Vokalkunst ist breiter angelegt als die Beschreibung. Während die früheren Alben mehr von einer chaotischen Wildheit haben, findet sich auf dem Album 66 eine definitiv verfeinerte Klanglandschaft, die aber auch voller Überraschungen steckt.

Für mich ist das Album 66 von VocColours plus das beste ihrer Alben, ein Schritt weiter in der Entwicklung einer spannenden Vokalgruppe.

VocColours plus – 66, erschienen bei Tonkunst Manufaktur

Besetzung:

Iouri Grankin , Gala Hummer, Brigitte Küpper, Norbert Zajac (voc)

Plus:

Martin Blume (dr)

Ingo Borgardts (perc, cl, bcl, electronic)

Mark Charig (cor)

Ralf Kaupenjohann (acc)

Jörg König (g)

Olaf Saddeler (präp. bass)

Markus Zaja (harm, cl)

Uwe Sysk (rec. mix)

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