VocColours mit Andrei Razin
Ganglia
TEXT: Uwe Bräutigam |
Das Vokalensemble VocColours aus dem Rheinland hat eine neue CD veröffentlicht, gemeinsam mit dem russischen Pianisten Andrei Razin und dem Ukrainer King Imagine (Alexei Mikryukov) an Glocken und Klangschalen. VocColours, das sind die vier Vokalkünstler*innen Brigitte Küpper, Gala Hummel, Iouri Grankin und Norbert Zajac.
Wie auf ihrer letzten CD Russian Affair bestechen VocColours durch ihre Bandbreite an Stimmkunst und musikalischen Ideen. Die CD besteht aus Live Mitschnitten aus dem LOFT und dem Salon de Jazz in Köln. Zehn Stücke sind auf der CD, mit einer Spieldauer von einer knappen Stunde.
Bei dem Eingangsstück Blue wähnt man sich in den 40er oder 50er Jahren in einer amerikanischen Bar. Es beginnt mit ein paar Klavierklängen, dann entsteht Jazzgesang. Der Gesang wird immer wieder durch Sprechen gebrochen, aber die Stimmung bleibt erhalten. Das 2. StückPoltergeist beginnt mit tiefem gutturalem trunkenem Singen, dann werden verschiedene Stimmhöhen eingesetzt. Das Scatten und die Silben in Phantasiesprache lassen eher an kleine Kobolde denken als an einen Poltergeist. Der Titel des nächsten Stückes Brownian Motion, Braunsche Bewegung oder besser Molekularbewegung ist sehr treffend gewählt. Gemeint ist damit die ruckartige und unregelmäßige Wärmebewegung kleiner Teilchen und so agieren auch die Stimmen der VocColour Künstler. Es hört sich an, als ob die Stimmen sich unvorhersehbar im Raum bewegen.
Im Stück A Bing werden die Zuhörer*innen in einer knappen Viertelstunde durch ein Panoptikum der Vokalkunst geführt. Es ist zu hören wie mit dem Klavier synchron gescattet wird, es gibt bluesigen Sprechgesang mit rauer Stimme alla Tom Waits, Silben werden getönt in der Manier der südindischen Trommelsprache Konnakol, Andrei Razin gibt eine emphatische Klavierimprovisation zum Besten und vieles mehr können wir allein in diesem einen Stück hören.
Auf On t´ended hören wir keckernde Stimmen, wie von kleinen Trollen, hohes Quietschen, Schmatzen, Flüstern und Laute in einer “nordisch“ klingenden Phantasiesprache und wohl aus dem Flügel kommende perkussive Klänge und Poltern. Mit schnellem vielstimmigem leisem Sprechen endet das Stück.
Andrei Razin spielt im 6. Stück ein langes Klavier Intro und dann erst kommen die Stimmen hinzu. Alles geht dann in wildes Klavierspiel über mit lautem Gesang. Die nächsten Stücke sind sehr unterschiedlich und abwechslungsreich. Requem 7 beginnt wieder mit einer Klaviereinleitung und dann kommt melancholischer Gesang hinzu, der durch Marschrhythmen abgelöst wird, Rufen Schreie, Worte, expressives Klavierspiel und endet in wüstem Chorgesang.
Das kurze Titelstück Ganglia, untypisch für den Rest der CD, ist ein schnelles nervöses Stück. Irgendwer hat wohl die Ganglien gereizt.
Hecheln, Sprechen, Stöhnen, klagender Singsang, rhythmische Silben und atemloses Sprechen werden in Sonnenklar eingesetzt. Das letzte Stück fällt etwas aus der Reihe und bringt einen weiteren Farbtupfer in das bunte Klangbild hinein.
Golden Fog könnte in einem tibetischen Tempel aufgenommen worden sein. Klangschalen, raunender und summender Gesang, sphärische Klänge, einzig einige helle Klaviertöne erheben sich aus dem “Mönchsgesang“.
VocColours liefert experimentelle Gesangskunst vom Feinsten. Auf der CD Ganglia bieten sie ein Kaleidoskop an Vokalkunst und mit dabei ist immer eine Prise Humor.
Ganglia – VocColours & Andei Razin
CD Creativ Sources Recordings 548
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