VIEL NEUE MUSIK !
Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol 34
TEXT: Christoph Giese |
Christoph Giese hört sich mit offenen Ohren in der bunten Jazzwelt um und enthält uns seine Neu-Entdeckungen und heißen Tipps nicht vor! Voila Schnelldurchlauf Vol 34....
Francesca Gaza & Lilac For People: Sfiorire (Tǔk Music)
Raffaele Casarano: Anì (Tǔk Music)
Fresu – Rubino – Di Bonaventura – Bardoscia: Ferlinghetti (Tǔk Music)
Gleich drei neue Alben gibt es auf Paolo Fresus Label Tǔk Music zu entdecken. Sängerin und Komponistin Francesa Gaza und ihre siebenköpfige Band Lilac For People zelebrieren auf Sfiorire einen interessanten Art-Pop, der mit geschickt eingewebten Versatzstücken aus Jazz, Rock, Folk oder Electronics arbeitet und so für ungewöhnliche Hörerlebnisse sorgt. Saxofonist Raffaele Casarano, seine Band und Freunde wie der tunesische Oud-Spieler und Sänger Dhafer Youssef spielen auf Anì grenzüberschreitende Musik mit spirituellem Charakter ebenso wie hiphop-getränkten Groove Jazz oder verträumte Stücke. Ferlinghetti ist dagegen der Soundtrack zu einem Dokumentarfilm, der die Geschichte des 2021 verstorbenen US-Schriftstellers und Dichters der Beat-Generation Lawrence Ferlinghetti erzählt. Trompeter Paolo Fresu, Pianist Dino Rubino, Bandeonist Daniele Di Bonaventura und Bassist Marco Bardoscia komponierten und spielen hier eine mal melancholische Musik mit viel Tiefe und Gefühl, aber auch forschere Klänge, die das Lebensgefühl dieser Generation nachzeichnen.
John Pizzarelli: Stage & Screen (Palmetto Records)
Mit seinem neuesten Album huldigt John Pizzarelli den klassischen Songs der Broadway-Musicals und Hollywood-Filmen. Seine hierausgewählten Songs umspannen fast neun Dekaden. Genau vier Jahrzehnte ist es jetzt her dass der US-Gitarrist und Sänger sein Debütalbum veröffentlicht hat. Hier lässt er es im Trio mit Bassist Michael Karn und Pianist Isaiah J. Thompson zumeist locker swingen und verwöhnt dabei mit seinem sanften Gesang. Stage & Screen erinnert an unvergessliche Melodien, die hier vom Pizzarelli-Trio alle sehr elegant vorgetragen werden.
Jakob Bänsch: Opening (Jazzline)
Reif klingt das Debütalbum des jungen Pforzheimer Trompeters Jakob Bänsch, zumal er das im Alter von erst 19 Jahren aufgenommen hat. Hier ist definitiv eine neue, spannende Stimme in Sachen Jazztrompete auf der Szene angekommen. Virtuos, mit feiner Tonkontrolle spielen sich Bänsch und seine Mitstreiter Niklas Roever am Klavier, Jakob Obleser am Bass, Drummer Leo Asal und Gäste wie Sängerin Alma Naidu oder zwei Streicherinnen durch Up Tempo-Stücke, Hymnisches oder balladesk-verträumtes. Immer klingt die Musik frisch und interessant. Von diesem Talent wird man sicher noch mehr Gutes hören.
Magnus Östrom Group: A Room For Travellers (Jazzland)
Wie man Progrock und melodischen Jazz perfekt zusammenbringt, das weiß der schwedische Drummer Magnus Öström. Und zeigt es auch auf dem neuen Album seiner Band. Gemeinsam mit Tastenmann Daniel Karlsson, Gitarrist Andreas Hourdakis und Bassist Thobias Gabrielson gibt es auf A Room For Travellers sechs dichte Stücke Musik zwischen Prog, Jazz und Pop zu hören, mit Raum für prägnante Gitarrensoli. Aber auch Bassist und Tastenmann steuern solistisch spannende Klangfarben hinzu. Und der Bandlader selbst hält die Musik mit seinem wunderbaren, nie aufdringlichen Schlagzeugspiel immer auf Kurs und gut zusammen.
Lonnie Liston Smith - Adrian Younge & Ali Shaheed Muhammad: Jazz Is Dead 17 (Jazz Is Dead)
Dieses Mal haben sich die beiden Musiker und Produzenten Adrian Younge und Ali Shaheed Muhammad den legendären Pianisten und Keyboarder Lonnie Liston Smith als Gast für die 17. Ausgabe ihrer Album-Reihe Jazz Is Dead eingeladen. Wie immer wurde gemeinsam Musik geschrieben und aufgenommen. Und wie immer groovt es entspannt, der Sound klingt entspannt funky und warm und nach längst vergangenen Jahrzehnten. Einfach zeitlos gut, wie jede neue Veröffentlichung von Jazz Is Dead.
Florian Egli WEIRD BEARD: Vertigo (Intuition)
Sie denken Jazz als Pop, steht im Presseinfo zu Vertigo. Und das trifft es ganz gut. Denn diese Schweizer Band um den Saxofonisten Florian Egli sieht sich erst einmal schon als echtes Kollektiv, das eingefahrene Jazz-Routinen hinterfragt. Ja, es wird auch mal soliert, aber hier ist kein Solist mit Rhythmustruppe unterwegs. Es geht dem Quintett vielmehr um einen Gesamtsound, der meist in ruhigem Fahrwasser sich eben bei Jazz, Pop, aber auch Rock und Electronica bedient. Sehr interessant dieses Konzept. Reinhören lohnt sich!
Alex Koo: Etudes For Piano (W.E.R.F. records)
Der belgisch-japanische Pianist Alex Koo ist derzeit in aller Munde. Und wer sich sein Solowerk Etudes For Piano anhört, ahnt warum das so ist. Denn hier ist ein Künstler am Werk dessen Karriere als klassischer Konzertpianist vorbestimmt schien, der dann aber als Teenager den Jazz für sich entdeckte. Wie sich beide Musikwelten perfekt in Einklang bringen lassen, das zeigt Koo in acht seiner Kompositionen eindrucksvoll. Dabei gehen Abenteuerlust und Senstivität Hand in Hand. Vor allem aber ist Alex Koo ein großartiger musikalischer Geschichtenerzähler. Kein Wunder, dass Jazzgrößen wie Kurt Elling oder Brad Mehldau auf den Tastenzauberer stehen.
Laura: Sunset Balcony (GLM)
Als Backgroundstimme hat sie schon für die ganz Großen gearbeitet, für Quincy Jones etwa, oder für Dee Dee Bridgewater. Und selbstbewusst ist die Stuttgarter Sängerin Laura Kipp, steht auf dem Cover ihres Albums doch lediglich ihr Vorname, Laura. Und was gibt es zu hören? Fein produzierten Pop-Jazz, mit gelegentlichen Anleihen bei HipHop, Funk, Blues oder Chanson. Sunset Balcony ist ein leichtes, luftiges Album einer guten, allerdings auch nicht wahnsinnig aufregenden Sängerin.