Vibe
Incognita
TEXT: Peter E. Rytz |
Entgegen seinem Titel Incognita bleibt das Quartett Vibe - Benedict Jäckle (sax), Leandro Irarragorri (p), Calvin Lennig (b), Jonas Kaltenbach (dr) – keineswegs inkognito in der Deckung. Mit jugendlich pulsierendem Übermut umkreist ihr Sound eine vom Bebop beeinflusste Modern-Jazz-Mitte.
Selbstbewusst spielen sie außer Wayne Shorter’s Pinocchio Eigenkomposition ohne falsche Scheu, sich in tradierten Spuren zu verlieren. Abwechslungsreich mit improvisatorischem Drive, hochenergetisch geben sie sich gegenseitig viel Raum, um sich auch mit solistischen Facetten zu zeigen. Ein von Berlin, Köln und Zürich aus organisiertes, überzeugend kollektives Spiel. Es negiert nicht nur geografisch Raum und Zeit. Der Sound, scheinbar grenzenlos fließend, driftet Subletting zwischen Sleeping in a Dream und Jurassic Space.
Featuring Felix Rossy erweitert den europäischen Vibe-Quartett-Kontext um eine katalanisch ingeniöse Facette. Rossy’s Trompete tönt glockenhell, gleichsam einen Kraftquell auslösend, der zusammen mit Jäckle’s Trompete Singular zu schweben scheint. Stellvertretend für das Quartett formuliert Kaltenbach die Überzeugung, dass Rossy die Vibe-Philosophie so intensiv verinnerlicht hat, dass dem Quartett nahezu übergangslos ein hochenergetisch spielendes Quintett beigefügt worden ist.
Irarragorri’s Pianospiel artikuliert mit ausgewogener Zurückhaltung, um im nächsten Moment die Richtung zu wechseln. Lennig und Kaltenbach zirkeln Bass- und Drum-Lines straight ahead, legen Jäckle und Rossy einen Klangmotiv-Teppich aus, den sie als Vibe-Quintett zusammenknüpfen.
Incognita, aufgenommen 2019 im Musikclub Mehrspur in Zürich und im Loft in Köln, ist mehr als nur ein CD-Dokument. Es ist auch eine hoffnungsvolle Jazz-Vibration namens Vibe.
15.10.2021
https://klaengrecords.de/en/cds/vibe-feat-f%C3%A9lix-rossy-incognita-cd.html