Veronika Harcsa, Bálint Gyémánt
About Time
TEXT: Stefan Pieper |
Sängerin Veronika Harcsa und Gitarrist Bálint Gyémánt stießen im Frühsommer beim Burgen-Open-Air in Lüdinghausen auf offene Ohren, als dieses ungarische Duo mit riesiger Spielfreude seinen lyrischen Wesenskern offenlegte. Am 30. September wird ihr neues Album veröffentlicht - diesmal wieder in vierköpfiger Band-Besetzung.
Hier wird überzeugend und ohne Umschweife das ganz große Fass aufgemacht, wie es sonst nur wirklich guten Popmusik-Produktionen im Idealfall gelingt, wenn diese den richtigen Nerv treffen. Aber dass noch viel mehr Potential und Reife hinter so etwas steht, stellten Veronika Harcsa und ihre Band bereits im Jahr 2019 mit dem Debutalbum „Shapeshifter“ unter Beweis. „About Time“ bleibt an solchen Qualitätem dran und verlagert den Akzent in neue, rockigere Richtungen. Was einmal mehr der großen, ehrlichen Sache zu Gute kommt: Die Emotionen, die aus den neuen Songs von „About Time“ und der unglaublich markanten Stimme von Veronika Harcsa hervorgehen, wirken allumfassend und lassen nicht mehr los.
Mit anderen Worten: Um diese Ausnahme-Sängerin mit dieser eigenwillig-intensiven Mischung in ihrer Stimme kommt man definitiv nicht herum. Dem steht bei Veronika Harcsa, Gitarrist Bálint Gyémánt sowie Bassist Nicolas Thys und Drummer Pierre Antoine (beide aus Belgien) ein Maximum an versiert zum Einsatz gebrachter Risikobereitschaft zur Seite. Was auch naheliegt – allein, wenn man Veronika Harcsas breitbandigen künstlerischen Background in Betracht zieht, der von Jazz über Klassik und Rock bis in zeitgenössische Gefilde von Film- und Theatermusik reicht.
Weit gespannte Song-Epen
Weit gespannt und kompositorisch raffiniert schöpfen die neuen Stücke nicht so sehr aus dem Jazz, dafür umso mehr aus den Tugenden des Progressive Rock, der bei vielen epischen Stücken dieses Albums Pate steht. Aber so verschlungen die Wege der Musik auch sind, alles bleibt im Fokus, um aus dem tiefsten Inneren der eigenen Persönlichkeit etwas preiszugeben - wo andere schnell von so einer künstlerischen Bandbreite überfordert sind. Denn die Stücke von „About Time“ arten nie zu Labyrinthen aus, sondern bestreichen eine Empfindungsskala, die man dieser Künstlerin und ihrer Band ohne Umschweife abnimmt. Gebrochenheit, Weltschmerz, Dramatik und Zuversicht – Stimmungen prallen aufeinander wie in einem Wechselspiel aus unruhigen Lichtstimmungen am bewegten Himmel. Ja, es wird Herbst. Und „About Time“ ist mit seiner eigenwilligen, manchmal tief melancholischen Unruhe genau der passende Soundtrack dazu.
„About Time“ ist nicht zuletzt ein weiteres, kraftvolles Aushängeschild für das Kölner Jazzhaus-Label, welches sich mit Produktionen dieses Formats immer wieder gut international positioniert.