Uncovered Mermen
Hendrix-Cover-Album mit ganz eigener Note
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker |
Tuba und Gitarre? Hendrix? Ja, Pinguin Moschner und Joe Sachse wagen es tatsächlich, mit diesen Instrumenten ein Cover-Album mit Jimi Hendrix-Titeln herauszugeben. So ungewöhnlich die Instrumentierung, so spannend und originell ist jedenfalls das Ergebnis. Reibt man sich erst einmal die Ohren: Ein Bass-Instrument, das über die bloße Begleitung hinausgeht und solistische Höhen erreicht? Ja, genau. Was man spätestens seit Michel Godard (und anderen Freunden der Tieftöner wie etwa Deep Schrott oder Florian Walter an dem Tubax) weiß: Bass-Blasinstrumente eignen sich hervorragend für solistische Soundexperimente und sind im Kontext von improvisierter Musik originell einsetzbar.
Der Bassist und Tubist aus dem Ostwestfälischen, Mitglied des Wuppertaler Improvisations Orchester und Vertreter der konsequenten Impro-Szene, widmet sich schon drei Jahrzehnte gemeinsam mit dem sächsischen Hendrix-Spezialisten Helmut Joe (!) Sachse der Musik des einflussreichen E-Gitarristen. Und den 12 Titeln ihres Albums Uncovered Mermen – beim Kölner Label Jazzhausmusik erschienen - hört man das voll und ganz an. Versiert und virtuos covern sie Hendrix-„Klassiker“, thematisch bleiben sie nahe am Original, das man jeweils sofort heraushören kann. Titel wie Crosstown Traffic, Red House, Fire, Manic Depression werden nicht durch den Fleischwolf der Improvisation gedreht und bis zur Unkenntlichkeit transformiert, sondern eher „werkgetreu“ gespielt, allerdings mit ganz eigener, individueller Note. Kunstvoll wechseln sich beide Musiker bei solistischen Höhenflügen und Begleitpattern ab: Scharfkantige Riffs und pfiffige Preziosen auf den Saiten gehen einher mit bassigen Grundtönen und fein modulierten singenden, ja lyrischen Tönen der Tuba. Beiden Musikern geht es nicht darum, Hendrix‘ musikalischen Genius zu kopieren oder ihm nachzueifern. Sie setzen im jeweiligen Wechsel von akkordischer und rhythmischer Begleitung und melodisch-solistischer Freiheit ganz eigene Akzente. Dem Modus von freier Improvisation näher ist vielleicht die erste Hälfte von 1983 (A Merman I Should Turn To Be) oder nach Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band Moschners Solo-Version Sgt. Propper’s Lonely Tuba, ansonsten halten sich Gitarrist und Tubist relativ nah an den Erkennungs-Riffs der Originale, um diese in eine hochvirtuose und temperamentvolle eigene Musik zu katapultieren. Hendrix‘ Dylan-Cover All Along the Watchtower etwa erfährt so eine ganz eigentümliche Cover-Version.
Uncovered Mermen ist eine rundum gelungene Hommage auf die Gitarren-Legende, ein Tribute-Album von zwei hervorragenden Musikern mit ganz eigener Energie - und hohem Spaßfaktor.
Pinguin Moschner & Joe Sache play the musik of Jimi Hendrix: Uncovered Mermen. Jazzhausmusik 2023. JHM 300