Thomas Hufschmidt
Groove-Session – ein Lehrwerk
TEXT: Ingo Marmulla |
Ja, es macht Spaß, das Buch von Thomas Hufschmidt zu rezensieren. Thomas Hufschmidt ist Professor an der Folkwang-Hochschule, an der Jazz gelehrt wird. Und die Zahl der Absolventen dieses Studienganges summiert sich seit etlichen Jahren... Man kann sagen, dass noch nie so viele gut ausgebildete „Jazzmusiker“ in diesem Land zu finden waren, wie heute. Da verwundert es dann doch, wenn man bei den zahlreichen Jam-Sessions oder Clubkonzerten auf junge Musiker trifft, die bei der Erwähnung des Wortes „Groove“ oder „Blues“ zusammenzucken und diese Begriffe schnell als primitiv oder unter ihrem Niveau abtun.
Hufschmidt belegt in seinem Buch die Bedeutung des Rhythmus und des Groove in der populären Musik allgemein und begründet damit den Ansatz seines Lehrwerks.
Er hat Recht. Harmonisch war schon mit Bach alles gesagt, die logische Konsequenz daraus zog Arnold Schönberg in seiner Zwölftonmusik. Wenn man nun diese strukturellen Grundpfeiler setzt, darf man den Jazz mit seinen rhythmischen und improvisatorischen Komponenten natürlich nicht verschweigen. ... Und auch in der Verbindung von Atonalität und dem experimentellen Spiel des „Freien „Jazz“ sind neue Aussagen entstanden. Aber der Rhythmus ist heute wichtiger denn je und transportiert vieles, er ist auch vielschichtiger geworden. Selbst in der Werbung läuft die Botschaft über Rhythmen. Und seien wir doch mal ehrlich, was wäre Beethovens Fünfte ohne den entsprechenden Rhythmus des Themas...
In „Groove Session“ erfährt der Studierende in sechs Kapiteln u.a. die wesentlichen Rhythmus-Elemente des Jazz, Blues, Rock, der Afro-Kubanischen, der Brasilianischen Musik etc... Er lernt die Spielweise der einzelnen Instrumente kennen, er erhält Tipps für das Zusammenspiel im Bandgeschehen. Sehr informativ sind seine notationstechnischen Hinweise und seine Übersicht zur Phrasierung. Schön auch, dass man am Schluss in alphabetischer Reihenfolge die Begrifflichkeiten nachschlagen kann. Alles ist zusätzlich zusammengefasst auf einer CD, die einzelne Notenbeispiele zu Gehör bringt und Beispiel-Kompositionen von Thomas Hufschmidt akustisch vermittelt, an denen die einzelnen Lernschritte verfolgt werden können.
„Da muss man natürlich Noten lesen können!“ Das sagte ich Thomas Hufschmidt am Telefon. „Wir haben Rock, Blues und Jazz zunächst ohne Noten gelernt! Der Weg war ein mühsamer. Jede Erkenntnis war irgendwie teuer bezahlt und langwierig.“
„Ja! Und so klingen wir auch! Authentisch!“ So seine Antwort – und ich stimme ihm zu. Denn: Wenn wir nächtelang (einige Male auch zusammen...) mit Soulmusikern wie Tyree Glenn oder Wayne Bartlett gespielt haben, dann haben wir den Groove auf ziemlich unakademische Weise gelernt. Und deshalb finde ich es gut, wenn Thomas diese Erfahrungen, die er in seiner speziellen Art immer weitergeführt hat, nun in Buchform präsentiert. Gedacht ist das Buch für Musikstudenten, Schulmusiker mit Bandprojekten, Musikschullehrer oder interessierte Schüler. Dieses Buch bietet immer etwas, auch wenn man nicht alles von der ersten Seite bis zur letzten durcharbeitet. Es ist der richtige Ansatz einem „verschulten“ Studium musikpraktische Akzente hinzu zu fügen, auch wenn es diesmal wieder über Noten geht. Man kann schließlich nicht in allen Stilrichtungen der Musik seine ganz persönlichen Erfahrungen machen.
Wichtig ist mir aber noch eines: dass Thomas Hufschmidt die Verbundenheit (fast) aller bedeutender Musikerpersönlichkeiten des „Jazz“ mit dem Groove belegt und an Beispielen verdeutlicht. Hierzu gibt es heute - Gott sei Dank – viele Studienmöglichkeiten auf YouTube. Vergessen wir nicht, auch ein John Coltrane hat seine ersten grundlegenden Banderfahrungen bei Eddie Cleanhead Vinson gemacht und konnte deshalb seinen Blueschmerz so genial verpacken. Selbst in seinen letzten freien Improvisationen kann man seine Verbundenheit mit der „Mutter Erde“ hören ...
Verlag: Alfred Music Publishing GmbH; Auflage: 1 (17. April 2013)
ISBN-10: 3943638154
ISBN-13: 978-3943638158
Format: 29,4 x 20,8 x 1,2 cm