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Ted Gioia Jazz Hören Jazz Verstehen

„Der Weg in das Herz der Musik führt über das Hören.."

Bochum, 23.02.2020
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Bärenreiter-Verlag

Jazzbücher gibt es viele. Warum schon wieder eines? So könnte man sich fragen. Das Buch gibt die Antwort: weil es hier um das Hören geht. Ein Buch für Jazz-Anfänger, aber auch für Rezensenten, die nach der Lektüre vielleicht noch intensiver hören und sich noch besser ein Urteil bilden können.

Ted Gioia: „Der Weg in das Herz der Musik führt über das Hören, nicht über die Wissenschaft.“ (S.13)

Der amerikanische Autor hat schon mehrere Bücher über Jazz verfasst. Er war lange als Kritiker tätig und hat ein Studienprogramm für Jazz entwickelt. Anders als andere Autoren, die historisch oder musiktheoretisch Jazz erklären, geht Ted Gioia vom Hören aus. Er rekurriert immer wieder auf seine Erfahrungen in der Jazz-Ausbildung, erklärt vieles, gibt aber vor allem Hörempfehlungen. So nennt er sein Buch einmal eine „Höranleitung“ (S. 79), dabei geht es nicht nur darum was man hören, sondern auch wie man hören soll.
In den ersten drei Kapiteln (Das Geheimnis des Rhythmus, Im Inneren der Musik, Die Struktur des Jazz) gibt er viele Ratschläge, um den Leser für das Zuhören zu sensibilisieren und ihm zu helfen ‚Hörstrategien‘ zu entwickeln. Wichtige Aspekte sind Tempi, Tonhöhe, Klangfarbe, synchrones Spiel, Dynamik. Und er gibt es auch praktische Tipps: Rhythmen mitklatschen bzw. nachklatschen oder trommeln, um das Rhythmusgefühl zu verbessern; Aufnahmen in halbem Tempo anhören, um Phrasierungen und den Aufbau einer Improvisation besser zu verstehen.

Im Kapitel ‚Die Struktur des Jazz‘ erklärt er zur besseren Orientierung den Aufbau einiger bekannter Aufnahmen. Duke Ellington‘s Sepia Panorama z. B. wird als symmetrische Songform ABCDDCBA analysiert und zusätzlich in einer Tabelle mit Taktzahlen und Instrumenten dargestellt (vgl. Abb. rechts). Man hört danach das Stück mit anderen Ohren, ich hab‘s selbst erfahren.

Im Kapitel ‚Der Ursprung des Jazz‘ wird das ‚Hör-Konzept‘ vorübergehend aufgegeben, die Entstehung des Jazz wird durch die Einflüsse von Ragtime und Blues erklärt. Im besten Kapitel des Buchs ‚Die Entwicklung der Jazzstile‘ gibt er einen Überblick über die einzelnen Phasen der Jazzgeschichte. Auf jeweils ca. 4 Seiten wird ein Stil historisch und anhand besonderer Merkmale erklärt. Hörempfehlungen werden wieder jeweils durch eine Tabelle mit Angaben zu Interpreten, Aufnahmen inkl. Jahresangaben ergänzt (s. Bsp. New Orleans Jazz, Grafik links). Da kann man wirklich mal wieder in seinem Plattenarchiv oder auf YouTube stöbern, die genannten Aufnahmen finden und neu reinhören. Auch kleine ‚Aufgaben‘ finden sich, wie z. B. King Oliver’s Creole Band (1923) zu vergleichen mit Louis Armstrongs Westend Blues (1928). „Innerhalb von nur fünf Jahren hatte sich der Jazz von einem gleichberechtigten Mannschaftssport zu einer Plattform für extrovertierte Individualisten gewandelt.“ (S.85).
Im Folgenden geht es mehr um die Spielweisen der einzelnen Instrumente in den unterschiedlichen Stilen. Die Hörempfehlungen bleiben hier sehr allgemein: Beim Bebop soll man Energie und Überschwang aufnehmen, beim Free Jazz in den Klang eintauchen, sich vom Fluss der Musik mitreißen lassen in "dieser wilde(n), akustische(n) Landschaft, in der es keine Straßen und Grenzen gibt, an denen man sich orientieren könnte“ (S.115)

Im Kapitel ‚Einige Jazz-Neuerer‘ geht es um Musiker wie Armstrong, Ellington, Monk, Davis, Billie Holiday u. a., die sich besonders um die Weiterentwicklung des Jazz verdient gemacht haben. Ihre besondere Bedeutung wird anschaulich dargestellt inkl. konkreter Hör-Empfehlungen, „wo (man) … anfangen könnte“.

In einer Liste von „150 Jazzmeister(n)“ versucht der Autor am Ende einen Überblick über den aktuellen Jazz zu geben. Englischsprachige Musiker überwiegen, aber auch andere werden genannt (alphabetisch mit Instrument). Nils Landgren fehlt, aber immerhin wird Wolfgang Haffner genannt. Doch solche Listen sind immer eine sehr subjektive Sache.
Im letzten Kapitel gibt der Autor einen Ausblick auf die Zukunft des Jazz. Er plädiert generell für Offenheit, denn nur durch den Einbezug neuer musikalischer Ideen habe sich der Jazz weiterentwickeln können. Das hat allerdings seine Grenzen, wenn er z. B. schreibt: „Es kann doch nicht das Ziel sein, jeden Ton im absoluten Zentrum seines Frequenzspektrums zu singen – aus diesem musikalischen Gefängnis sind wir doch schon vor 100 Jahren ausgebrochen. Warum dorthin zurück?“ (S. 40f) Richtig so! Die sterile Maschinenmusik des Techno und anderer moderner Produktionen wäre der Tod der JAZZ-Idee!

Autor: Ted Gioia
Format: Buch, Hardcover, 207 Seiten
ISBN: 9783761824269
Bärenreiter-Verlag BVK02426
Preis: 24,95€
Erscheinungsdatum: 31.07.2017
(2016 ‚How to listen to Jazz‘Basic Books)

Download von 22 Seiten als Text-Auszug unter
https://www.alle-noten.de/out/media/pdf/BVK2426.pdf

Abbildungen mit freundlicher Genehmigung des Bärenreiter-Verlags

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