Bild für Beitrag: Stefanie Boltz | Female
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Stefanie Boltz

Female

München, 29.08.2024
TEXT: Vera Marzinski | 

Die Sängerin Stefanie Boltz porträtiert mit "Female“ zwölf Frauen aus Klassik, Jazz, Blues sowie Pop - damit will sie bewegen und ermutigen.

"Female“ aus allen Genres, die besonders sind, so wie die „Woman in Jazz“ Nina Simone und Abbey Lincoln. Doch zunächst geht es weit zurück zu der bedeutendsten Komponistin des Mittelalters: Hildegard von Bingen. Mit einem Zitat aus einem ihrer einstimmigen Choräle spricht Boltz a cappella ihre Einladung an die Künstlerinnen aus: „Alma, Kate, Bessie, Fanny, Nina, Bernice. . .“, heißt es mit Evocation I – Spirito sancto honor sit und eine vokale Klangarchitetktur entsteht. So etabliert sich zugleich ein auf dem Album wiederkehrendes Format, die „Evocations“, die rein stimmliche Begegnung von Stefanie Boltz mit ihren „role models“. Trotz aller Widrigkeiten haben starke Musikerinnen, ihrer Berufung folgend, über Jahrhunderte mit Mut, Liebe und Pioniergeist Musik von individueller Schönheit geschaffen . Stefanie Boltz macht einige von ihnen sichtbar.

Mit viel Leichtigkeit folgt Joni Mitchells „Help me“, das ihr größter Single-Erfolg und einziger Top-Ten-Hit (1974) war. In der „Rolling Stone“ als eine der größten Songwriterinnen aller Zeiten betitelt. In der Version von Stefanie Boltz, wird diese, wie bei fast allen Stücken von Christian Wegscheider mit Klavier oder Akkordeon begleitet – er ist auch in Komposition und Arrangement involviert. Klarinetten und Saxophon spielt Christoph Pepe Auer. Beim zweiten und dritten Stück erklingt Fany Kammerlander am Cello. Der Klang des Instrumentes passt sowohl zu „Help me“ als auch zum „Lullaby oft he Leaves“ von Bernice Petkere. Nicht nur der Titel klingt herbstlich, die Musik auch. Zudem gesellt sich der von Maximilian Hirning gespielte Kontrabass, der die hier mondän klingende Stimme von Stefanie Boltz untermalt. Locker swingend wird es mit Jimmy Cox „Nobody Knows You Wen You’re Down and Out“.

Frauen aus Jazz, Pop, Rock und Klassik

Mit der Hymne an die Freiheit „I Wish I Knew How It Would Feel to Be Free“ interpretiert die Stefanie Boltz einen Song, den sie bereits mit ihrer ersten Band vor 30 Jahren spielte. Er stammt von Billy Taylor. Hier mit Akkordeon und zusätzlichem E-Bass-Solo von Tom Peschel. Ganz anders das „Dämm’rung senkte sich von oben“, von einer weiteren Frau aus der Klassik: Fanny Hensel (1805-1847), einer deutschen Komponistin, Pianistin und Dirigentin der Romantik. Sehr ausdrucksstark spielt hier Wegschneider den Klavierpart. Das längste Stück mit 5:28 Minuten ist das „Throw It Away“. Hier begleitet Jörg Seidel sie nicht nur mit der Gitarre, sondern auch mit Gesang bei diesem Bossa Nova von Abbey Lincoln.

„I Still Recall“ ist wieder einer der Evocation-Songs. Klingt wie ein mehrstimmiger Frauenchor, aber alle Stimmen bzw. Klangspuren stammen von Stefanie Boltz. Das Stück geht fast nahtlos über in „Bessie Smith“ von „The Band“. Die Sängerin Bessie Smith lebte von (1892 bis 1937) und in dem Lied über sie, kann der Erzähler sich nicht entscheiden, ob er in Bessie oder ihre Stimme verliebt ist. Der Song hat eine herausragende hymnische Qualität und klingt teilweise wie ein Gospel und teilweise wie ein Countrylied. Einen waschechten Blues serviert Stefanie mit dem anschließenden „Blues for Ma“, der von ihr gemeinsam mit Wegschneider komponiert wurde. „Die ganze Welt mag davon reden, was ich mache und mit wem – aber keiner hat es je gesehn“, heißt es hier. Und Christoph Pepe Auer steuert ein brillantes Klarinettensolo dazu.

Auch Kate Bushs "Wuthering Heights" dabei

Sehr melancholisch das „Ghost of Yesterday“ von Irene Kitchings. A-capella der Evocation-Song Nummer drei „It’s me, Cathy“. Danach ein Ohrwurm, bei dem es um Sturmhöhe geht. Sturmhöhe heißt auf Englisch „Wuthering Heights“, und das ist nicht nur der englische Titel des einzigen Romans der englischen Schriftstellerin Emily Brontë, sondern war 1978 auch ein Hit für Kate Bush. Bush hat den Song selbst geschrieben und war damit die erste Frau, der es gelang, mit einer Eigenkomposition auf die Nummer-Eins-Position in Großbritannien zu kommen. Mehrfach wurde das Stück schon gecovert – diese Version von Stefanie Boltz - mit David Unterhofer am Cello - ist brillant. Brillant auch der 4. Satz der 5. Sinfonie von Gustav Mahler, den er für seine Frau Alma komponierte. Sie war die Muse vieler berühmter Männer, verheiratet mit dem Komponisten Gustav Mahler, dem Architekten Walter Gropius und dem Dichter Franz Werfel – und selbst Komponistin. An wen hat sie wohl bei „Laue Sommernacht“ gedacht?

15 Stücke, 15 Geschichten

Lied Nummer 15 ist ein Abschied. Der Titel klingt wie ein Pop-Song, ist es aber absolut nicht. Ein sanftes, berührendes Lied über „Die erste von einer Million Tränen, kein Abschied, keine Nacht mehr, kein Lied mehr“. Bei „The First of a Million Tears“ spielt Eva Fürtinger Viola da Gamba und das gibt dem Ganzen noch eine besondere Note. So wie eigentlich jedes Stück der Female-Sammlung eine besondere Note hat. Und das Statement der Künstlerin zu ihrem Album "Female“: „Ich durfte zu jeder Frau und Künstlerin, so unterschiedlich sie alle sind, in Beziehung treten, kam ihnen nah, ging respektvoll auf Abstand, fand Seelenverwandte. Und ich bewunderte die Art, wie manche immer und immer wieder aufstanden und ihre Stimmen erhoben. Die Arbeit an "Female“ war und ist für mich Bewusstseinsbildung und durchaus Empowerment. Sollte dieses Programm für andere einen ähnlichen Effekt haben, würde ich mich sehr darüber freuen.“

Von den Frauengeschichten hat Stefanie Boltz ganz viele gefunden und mit "Female“ in eine tolle musikalische Sammlung gebracht. Auf dem schwarz-weiß Cover mit pinken "Female“-Schriftzug eine selbstbewusst lächelnde Stefanie Boltz. Im Innenteil der CD-Hülle eine Aufnahme während eines Konzertes in schwarz-weiß. Zwei mit Fotos der „Female“ aus dem Album auf Parkett liegend – dazu ein Paar High-Heel-Peeptoes in grün-funkelnd. Weitere schwarz-weiß Fotos mit Stefanie Boltz vorm Spiegel - wohl vorm Konzert - und mit Freunden nach dem Konzert. Der Spruch „Freedom is a feeling, freedom is no fear!“ von Nina Simone ist auf dem Bild von Stefanie Boltz Händen zu sehen.

Stefanie Boltz tritt unter anderem im Duo mit Bassist Sven Faller auf, ist Leaderin und Songwriterin, zudem leitet sie eine Konzertagentur und kuratiert eigene Festival-Formate, aktuell ist sie künstlerische Leitung von „Alpenrausch“ am Gasteig in München. Mit "Female“ veröffentlicht sie eine über lange Zeit gewachsenes Herzensthema, das Frau-sein und Künstlerin-sein zusammenbringt. Am 3. Oktober 2024 ist sie mit "Female" in der Münchner Unterfahrt.

Gesamtspielzeit 46:06:54

GLM Music – Juni 2024

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