Stefan Bauer und Michael Heupel
Tête-à-Tête
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
Duo-Begegnungen sind dazu prädestiniert, tiefe Verbindungen zwischen Musikern herzustellen und offen zu legen. Was der Vibraphon- und Marimba-Spieler Stefan Bauer und der Flötist Michael Heupel auf ihrer aktuellen CD „Tête-à-Tête" realisieren, könnte die Messlatte dafür vielleicht nochmal nach oben verschieben. Das haben die beiden im letzten Jahr auf mehreren Konzerten in NRW bewiesen – jetzt gerade gab es eine vielbeachtete Neuauflage auf Betreiben des Freiraum-Salon-Vereins auf dem Kölner Firmengelände von Martin Heidelbach.
Allein das plastisch-filigrane Klangerlebnis dieser neuen Produktion auf dem Jazzhaus Label ist eine Erfahrung für sich und erschließt sich dem Hörer besonders gut mit einem hochwertigen Kopfhörer: Schwerelos, omnipräsent-räumlich und filigran, aber mit immenser dynamischer Bandbreite legen Stefan Bauers Vibraphon und Marimbaphon ihren Reichtum an Tönen offen. Ebenso sind wir frappierend nah dran an sämtlichen Aktionen von Michael Heupel, wie er den Flötenton phrasiert, modelliert und manchmal in Flageoletts manipuliert. Komplex, zugleich erstaunlich unmittelbar ist die Interaktion der beiden: Chromatische Intervalle, manchmal fast polytonale Reibungen, spontane Intermezzi gehören zur Grammatik eines Frage- und Antwort-Spiels auf höchster Ebene. Gerne begeben sich beide auch eine Etage nach unten. Keineswegs, was das spielerische Niveau angeht, aber in Bezug auf die Tonlage: Vor allem im tiefen Keller sorgt der trocken-sonore Marimba-Sound für satte Präsenz. Locker kann Michael Heupel dem Paroli bieten, wenn er seine Luftströme durch tiefere Rohre bis hinunter zur Kontrabassflöte schickt.
Musikalische Weltreisende unter sich
Beide haben ausgiebig die Welt bereist und hatten das große Glück, mit vielen Menschen Asiens und Afrikas in Musik zusammen zu kommen. So mancher Groove erinnert an afrikanische Balafon-Stile. Die dominierende Pentatonik des längsten Stückes auf dieser Platte namens „Kartik“ wirkt manchmal sogar noch eher fernöstlich als typisch indisch – aber natürlich stammt dessen rezitativische Struktur, aus der die Instrumente „sprechen“ und die Flöte manchmal sogar perkussiv agiert, aus dem Kosmos der Raga-Improvisation, ohne welche vielen Jazz-Stilen sowieso eine wichtige Grundlage fehlen würde.Auch ganz andere Facetten fügen sich geschmeidig in den Gesamtfluss ein: Impressionistisch anmutende Skizzen, hier „Miniaturen“ genannt oder das komplexe „Happy Jack“, in der sich musikalische Ideen in einer Dichte zusammenballen, als wäre das eine formstrenge Innovation aus der Wiener Schule zum Beispiel. Eine „Meditation“ gewährt dann wieder deutlich mehr Entspannungsraum, wenn Stefan Bauer mit geschmeidigem Akkordgewoge loslegt, worüber Michael Heupel eine unendliche Melodie singen lässt. Beide sind erklärte Fans des Brasilianers Hermeto Pascual - und nehmen dessen Stück „Chorinho“ zum Anlass, ein Feuerwerk an musikalischen Verrücktheiten abzubrennen.
Das alles und noch viel mehr ist zu erleben, weil auf diesem Tonträger zwei welterfahrene Musiker zeigen, dass sie sich in jeder tonalen Möglichkeit zu Hause fühlen und ein großes kompositorisches Wissen in Echtzeit zur Anwendung bringen, so wie es der Moment und der Spielpartner im Duo gerade brauchen.