Bild für Beitrag: Stacey Kent | Summer me - Winter me
Bild für Beitrag: Stacey Kent | Summer me - Winter me

Stacey Kent

Summer me - Winter me

Köln, 11.12.2023
TEXT: Vera Marzinski | 

Mit einer CD, die sowohl zum Sommer als auch zum Winter passt, hat die anglo-amerikanische Jazz-Sängerin Stacey Kent eine Melange aus Swing, Bossa und Balladen geschaffen. Arrangiert und teilweise mit eigenen Kompositionen von Ehemann Jim Tomlinson.

„Summer me, winter me“, der gleichnamige Song nimmt mit viel Leichtigkeit mit in eine Palette von Musikstücken mit heiteren und melancholischen Nuancen. Das Stück „Summer me, winter me“ ist sommerlich beschwingt im Bossa-Nova-Rhythmus. Mit ihrer sanften, feinsinnigen und ausdrucksstarken Stimme tanzt Kent stimmlich durch das Lied. Rhythmisch untermalt von leichtem Besen-wischen und behutsamen Trommelanschlag des New Yorker Drummer Anthony Pinciotti. Art Hirahara am Piano, Kontrabassist Tom Hubbard und Jim Tomlinson an der Querflöte fügen sich in dieses Melodienpanorama ein.

„La Valse des lilas“ ist fast geflüstert, sehr melancholisch. Grandioses Saxophon-Spiel von Jim Tomlison dazu. Das bekannte Chanson aus der Feder des französischen Komponisten Michel Legrand fungiert hier zu einer melancholischen Jazz-Ballade. Bei „Thinking about the Rain“ denkt Kent über den Regen nach und fragt sich, weshalb sie dies macht. Dieses Stück stammt aus der Feder von Jim Tomlinson. Der Text dazu ist im Booklet abgedruckt, ebenso die Lyrics zu den beiden weiteren Stücken des Jazz-Saxophonisten: „Postcard Lovers“ (8) und „A Song That Isn’t Finished Yet“ (10).

Sehr schwungvoll mit einem rhythmusgebenden Kontrabass begibt sich Stacey Kent „Under Paris Skies“, wo sie ihr Herz verlor, wie das Lied erzählt. Den Bass spielt Tom Hubbard, der bis auf zwei Lieder („Happy Talk“ und „Postcard Lovers“) gemeinsam mit Drummer Anthony Pinciotti und Pianist Art Hirahara die Umrahmung für die Stücke gibt. Alle sind ausnahmslos von Jim Tomlinson arrangiert, der mit Tenorsaxophon, Querflöte, Alt-Flöte, Klarinette, Gitarre, Percussion und Keyboards zu hören ist. Bei „If You Go Away“, mit einem übersetzten Text zu Jacques Brels französichen Chanson „Ne me quitte pas“, kommen Aurélie Chenille (erste Violine), Claire Charbert (zweite Violine), Fabrice Planchat (Viola) und Gabriel Planchat (Cello) dazu. Das Stück berührt sehr. Abgelöst wird es von dem heiteren „Happy Talk“, bei dem auch das Piano und der Bass sehr happy zu sprechen scheinen. Es stammt vom Komponistenduo Rogers und Hammerstein und wurde durch Ella Fitzgerald bekannt.

Anglo-Amerikanerin mit ersten Auftritten in Londoner Jazzclubs in den 1990er Jahren

Stacey Kent wuchs in New York auf, zog aber nach ihrem Universitätsabschluss nach London, wo sie ihre musikalische Ausbildung abschloss und gleichzeitig als Talent entdeckt wurde. In einem Londoner Jazzclub schnappte sie sich eines Abends kurzerhand das Mikrophon und sang – das Publikum stand Kopf. Kein Wunder, denn nicht nur ihre Stimme ist außerordentlich, sondern auch ihre Ausstrahlung ist grandios. Sie sang die Musik von Frank Sinatra, Nat King Cole, Doris Day und - Ella Fitzgerald. In dieser Zeit traf sie die wichtigste Person in ihrem Leben: den britischen Saxophonisten Jim Tomlinson. Ihm ist es zu verdanken, dass Stacey Kent beschloss, fortan in London Musik zu machen und nicht in die USA zurückzukehren. Stacey sagt von sich selbst, dass sie im Wesentlichen bloß ein Lied singe, eine Geschichte erzähle und es swingen lasse. Diese natürliche und unkomplizierte Art ist ihre Spezialität.

Typisch ist auch ihre kecke Kurzhaarfrisur. Auf dem Cover der CD eine Zeichnung von Elise Belkaïd, auf der die Frisur von Stacey Kent, der kecke Kurzhaarschnitt, zu erkennen ist und anstatt Gesicht eine Lilien-Blumenranke mit altrosa Blüten. Die tauchen auch auf der Rückseite und im Innenteil auf. Dadurch, dass sie teilweise wie Amaryllis aussehen – eine beliebte Weihnachtspflanze - passt der Titel "Summer me, winter me" nochmal perfekt. Typisch ist für Stacey Kent auch ihre stimmliche Unkompliziertheit, wie bei „Show me“, dass dadurch locker-leicht daher kommt. Da geht es darum, nicht von den Sternen zu erzählen, wenn man verliebt sei, sondern es zu zeigen. „Postcard Lovers“ nimmt wieder etwas Fahrt aus dem Stückeverlauf der Aufnahme. Jim Tomlinson hat es mit Kazio Ishiguro neu bearbeitet - ursprünglich entstand es für das Live-Album „Dreamer in Concert“. Viele der Songs auf dem neuen Album sind Live-erfahren. Im Grunde haben sie eine Mischung aus altem und neuem Repertoire aufgenommen, die sie auf ihren Live-Setlisten immer mal wieder dazu nehmen und teilweise noch nicht für ein Album genutzt hatten. Was auf so einer CD nicht fehlen darf ist ein Jobim-Stück. „Corcovado“ musste einfach in diesen facettenreichen Reigen und passt wunderbar zu Stacey Kent. Tomlinson schrieb die Lyrics zu „A Song That Isn’t Finished Yet“. Ebenso mit swingender Leichtigkeit. Auch dieses Stück perfekt, wie alle auf dem Album, was fast zum nebenbei-hören verleitet. Wer sich allerdings auf die Musik einlässt, kann sich an dieser Unbeschwertheit der Perfektion erfreuen.

Zum Schluss noch einmal Jacques Brels „Ne me quitte pas“. Die zweite Aufnahme dieses Stückes – die erste ist das „If you go away“ und beide auf diesem Album. „Da beide Texte auf ihre eigene Art wunderschön sind und es gleichermaßen verdienen, zu Gehör gebracht zu werden, habe ich mich entschlossen beide aufzunehmen“, betont Kent dazu. Die meisten Songs auf diesem Album sind Standards, die sie in den Jahren vor den drei Aufnahmesessions bei ihren Live-Auftritten gespielt haben. Jim Tomlinson, Musiker und Komponist, hat alle Stücke arrangiert. „Beim Arrangieren konzentriere ich mich zuerst auf den Text, denn schließlich ist es der Text, der eine Melodie in einen Song verwandelt“, schreibt er im Booklet dazu. Beim Komponieren sei die Melodie ebenfalls eine Reaktion auf den Text. Und „Dieser words-first-Ansatz wird durch Staceys einzigartige Fähigkeit, Geschichten und Gefühle durch Texte zu vermitteln reichlich belohnt!", fügt Tomlinson hinzu.

Und das gibt dem Ganzen so eine besondere Kraft – sei es auf Aufnahmen oder bei Live-Konzerten. Live ist Stacey Kent am 18. Mai 2024 bei den „Dresdner Musikfestspielen“ im Dresdner Stromwerk.

 „Summer me, winter me“ – Stacey Kent

Label: Naive Records/Believe
Bestellnummer: CD 11601046

Erscheinungstermin: 10.11.2023

Suche