Snorre Kirk, Stephen Riley
Going Up
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Stephen Freiheit, Søren Rønholt
Das ist wieder so ein Album , das mich gleich beim ersten Hören begeistert. Ende April ist Going Up, das neue Album des Snorre Kirk Quartet erschienen.
“There’s something wonderfully familiar about the music. It is an echo of something that once was – something that no longer exists in the same way it once did.”
So steht es im Begleittext der CD und es stimmt. Hier ist klassischer Jazz neu entstanden, aber nicht gecovert, denn alle Stücke wurden von Snorre selbst komponiert. Vieles erinnert an Duke Ellington oder Count Basie, obwohl hier nur 5 Musiker zur Band gehören.
Die Musik überzeugt einfach vom ersten Takt an, präzise, perfekt, aber nicht steril, ‚coolen Swing‘ könnte man es nennen. Auch das Outfit der Band deutet auf eine – in musikalischer Hinsicht - konservative Grundhaltung hin, dunkle Anzüge, weiße Hemden, Krawatten, sehr seriös, das deutet eher auf Ellington hin.
Snorre spielt die Drums; obwohl er der Bandleader ist, bleibt er dezent im Hintergrund. Er ist geborener Norweger, lebt aber in Kopenhagen, wo es - spätestens seit 1965 mit Ben Websters ‚Live at The Jazzhus Montmartre‘ - eine größere Jazzszene gibt. Natürlich hat auch Snorre schon dort gespielt. Mit Auftritten auf weltberühmten Jazz-Festivals wie dem North Sea Jazz Festival und dem Art of Swing Festival in Kansas City ist ihm der internationale Durchbruch gelungen.
Am meisten haben mich die Saxofonisten Stephen Riley und Jan Harbeck beeindruckt. Leider ist der CD nicht zu entnehmen, wer bei welchem Stück spielt. Unglaublich wie, z. B. bei Call To Prayer, die vielen langen Töne gehalten und gebunden werden. Die Übergänge zwischen den Tönen hören sich so ähnlich an wie bei einem Posaunen-Zug. So entsteht ein vollmundiger Klang, der an Paul Gonsalves, Lester Young oder eben auch Ben Webster erinnert.
Mit Right on Time gehts los, kurzes Intro am HiHat von Snorre, Anders Fjeldsted am Bass und Magnus Hjorth am Piano legen los und es swingt gewaltig. Weiter geht’s dann nach oben mit Going Up; es klingt, als ob man es schon tausendmal gehört hätte. Hat man in gewissem Sinne auch, denn es ist ein lupenreiner 12-Takte-Blues. Doch gerade diese klassische, puristische Form überzeugt vollends, gerade auch wenn der wandrin‘ bass in ein längeres Solo übergeht. Das Stück eignet sich auch gut dazu, um selbst zu Hause mitzuspielen.
Blues Arabesque ist ein interessantes Stück. Es war schon auf Snorres Album BEAT (2018) zu hören, dort in hohem Tempo mit Trompeten- und Saxsolo. Ganz anders die Fassung auf der neuen CD, hier klingt es auf einmal ähnlich wie Caravan, das Sax sehr gemächlich, lasziv.
Highway Scene wird im Trio gespielt, die Bläser bleiben außen vor. Piano und Bass haben umso mehr Spielraum für Soli. Beim letzten Stück The Grind ist Stephen Riley (?) wieder voll dabei und spielt melodiöser und schneller als vorher.
Snorre Kirk Quartet – Going Up
Stunt Records / STUCD 21032 / LC 9237
29. April 2021
Sehr zu empfehlen ist auch Snorres vorheriges Album TANGERINE RHAPSHODY (2019) mit Stephen Riley und Jan Harbeck am TenorSax
Und noch eine gute Nachricht: Falls es beim Jazzfestival Bingen Swingt Ende Juni wirklich wieder swingt- Snorres Quartett swingt dort mit am 25.6.!