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Schnelldurchlauf Vol. 9

Neue Musik kurz vorgestellt von Christoph Giese

Gelsenkirchen, 22.02.2022
TEXT: Christoph Giese | 

Eine farbenreiche, vielschichtige Palette aus neuen Klängen erwartet den Leser dieses Schnelldurchlaufs von Christoph Giese. Wo vorhanden, verlinken wir auch Hörbeispiele und Label-Adressen. Los geht es mit einer atemberaubenden Stimme!

Lady Blackbird: Black Acid Soul (Foundation Music Productions)

Ja, was für eine Stimme hat diese Frau nur, die sich Lady Blackbird nennt, nach dem ersten Song ihrem fantastischen Debütalbum. Das beginnt nämlich mit Nina Simone Protestsong Blackbird, den Marley Munroe alias Lady Blackbird hier ziemlich ergreifend singt. Und so geht ihr Album auch weiter. Bisweilen verhangene Jazzballaden und weitere Songs, vielfach aus den 1960er Jahren, bilden den Rahmen für diesen sofort unter die Haut gehenden Gesang der Ausnahmekünstlerin aus Los Angeles, die hier R&B, Jazz, Blues und Soul eine neue, herzzerreißende Stimme gibt.

Jessica de Boer: Grow (Challenge)

Die junge niederländische Sängerin Jessica de Boer hat dagegen alle Songs ihres Debüts selbst geschrieben. Und überzeugt mit ihrer klaren Stimme und ihrer lockeren Verspieltheit beim Singen. Ihr farbenfroher, positiver Jazz mit Anklängen von Weltmusik klingt frisch und luftig. Zwei Backgroundstimmen liefern ihr vokale Unterstützung und erweitern hübsch immer wieder die gesanglichen Klangbilder, die ihre Band leichtfüßig zu umspielen weiß.

Stefan Karl Schmid – Lars Duppler: Hringferð (Eigenlabel)

Zwei Musiker, zwei Stimmen, zwei Länder im Herzen. Die beiden Halb-Isländer Stefan Karl Schmid (Tenor- & Sopransaxofon, Klarinette) und Lars Duppler (Klavier) haben im Kölner Loft als Co-Produktion mit dem Deutschlandfunk dieses Album in nur drei Stunden komplett eingespielt. Bearbeitungen traditioneller isländischer Reimgedichte verschmelzen auf diesem intimen Werk mit eigenen Stücken. In bildgewaltigen Bögen ist Raum für ergreifende Melodien, aber auch freie Improvisationen. Das kongeniale Duo bietet hier beseelte Dialoge auf höchstem Niveau, denen man nur zu gerne lauscht.

Bugge Wesseltoft: Be Am (Jazzland)

Ganz minimalistisch ist Bugge Wesseltoft auf Be Am unterwegs. Minimalistisch wie wohl noch nie zuvor. Der norwegische Tastenmann und Klangtüftler hat sich hier ganz auf die Essenz der Songs konzentriert, alles zugelassen, nichts ausgeschlossen. Etwa den Einsatz von Effekten, Fender Rhodes, einer Kalimba oder sogar Vogelzwitschern, auch wenn das Spiel auf dem akustischen Konzertflügel im Vordergrund steht. Für zwei Stücke hat Wesseltoft seinen Landsmann Håkon Kornstad mit seinem Saxofon in sein Studio geholt. Ansonsten spielt Wesseltoft solo geschickt zwischen den Genres. Gefühlvoll, berührend, verträumt, einfach zeitlos schön.

Anders Koppel: Mulberry Street Symphony (Unit Records)

Bilder in Töne verpacken, das macht die Mulberry Street Symphony des dänischen Komponisten Anders Koppel. Der hat Fotos seines berühmten Landsmannes, dem Fotografen und Sozialreformer Jacob Riis, als Vorlagen für ein symphonisches Werk für Orchester und Jazztrio genommen. Riis fotografierte die schlechten Lebensbedingungen von Auswanderern in die USA Ende des 19. Jahrhunderts. Das Odense Symphony Orchestra unter der Leitung von Martin Yates und ein Jazztrio mit Koppel´s Sohn Benjamim Koppel auf dem sehr eindringlich gespielten Altsaxofon, Bassist Scott Colley und Drummer Brian Bladeverwandelt die Fotografien in sieben Sätzen in ebenso dramatischen Tönen zu einer großartigen Hymne auf das Leben und die Träume der Auswanderer.

Karl Ivar Refseth Trio: Devotion (Traumton)

Ein sehr atmosphärisches Werk ist das neue Album des Trios des schon viele Jahre in Berlin lebenden norwegischen Vibrafonisten Karl Ivar Refseth geworden. Zusammen mit dem Altsaxofonisten Christian Weidner und dem Kontrabassisten Matthias Pichler spielt Refseth poetische Stücke Musik, die viele Klang- und Rhythmusfarben beinhalten. Er selbst bringt dabei die Metallplatten seines Instruments auch mal mit Geigenbögen zum Schwingen. Und ist ohnehin kein wilder Klöppler. Hier geht es um kammermusikalisches Zusammenspiel, improvisierte Miniaturen, um unaufgeregte schöne Musik.

Tomasz Dąbrowski & The Individual Beings (April Records)

Er spielt das alte Horn seines verstorbenen Mentors Tomasz Stanko. Und irgendwie musiziert er auch im Geiste des großen polnischen Trompeters. Aber Trompeter und Komponist Tomasz Dąbrowski ist ein eigenständiger, interessanter Künstler, der hier sechs weitere Musiker, seine The Individual Beings, um sich geschart hat um einen originellen, zeitgenössischen Jazz zu spielen, der allen Beteiligten viel Raum zur Entfaltung lässt. Das Resultat klingt dann manchmal schon sperrig, aber doch immer auch ziemlich spannend.

Curtis Stigers: This Life (Emarcy)

Nicht nur für seine absoluten Fans ist das neue Album von Curtis Stigers sicher einen Kauf wert, denn hier hat der bekannte US-Sänger seine großen Hits noch einmal neu beleuchtet. Etwa seine Erfolgsnummer „You´re All That Matters To Me“, die hier als süffige Jazzballade um die Ecke kommt. Und auch seinem wohl größten Hit „I Wonder Why“ tut die Verwandlung zum akustischen Jazz sehr gut. Sowieso hat Curtis Stigers den Jazz längst für sich entdeckt. Und beweist auf dieser Platte auch beim Interpretieren von Jazzklassikern ein feines Händchen. Man höre sich nur mal seine Version von Gershwins „Summertime“ an, mit einem lässigen, von den Young Jazz Lions geborgten, reggaelastigen Arrangement.

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