Schnelldurchlauf Vol. 41
Neues aus der CD-Welt, kurz vorgestellt
TEXT: Christoph Giese |
YURI HONING ACOUSTIC QUARTET: „Heaven On My Mind“ (Challenge)
Es ist ein ruhiges Album das der holländische Saxofonist und Komponist Yuri Honing mit seinem Acoustic Quartet hier aufgenommen hat. Eine Platte die ruhig atmet und ohne jegliche Hektik ihre musikalischen Geschichten erzählt. Honing und seine Mitstreiter, Tastenmann Wolfert Brederode, Bassist Gulli Gudmundsson und Schlagzeuger Joost Lijbaart, spielen in den neun Stücken aus der Feder des Bandleaders einen gefühlsbetonten, zeitlosen Akustik-Jazz, der vor allem auch durch Honing´s Saxofonspiel ungemein emotional klingt.
FORSONICS: „Open Water“ (JazzSick)
Hinter Forsonics stecken Trompeter und Flügelhornist Chris Fischer, Gitarrist Thomas Nordhausen, Keyboarder Carsten Strüwe und Schlagzeuger Andy Gillmann . „Open Water“ ist das dritte Album des Quartetts, das auch für die meisten Kompositionen der Scheibe verantwortlich zeigt. Für Songs, die man schon in die Kategorie lyrischen Jazz verorten kann, ohne dass sich der Vierer stilistisch all zu sehr fest verankern möchte. Hier machen vier erstklassige Musiker einfach eine positiv wirkende Musik mit schönen Melodien, feinen Grooves und gelungenem Interplay. Und wissen zwischendurch auch zu überraschen – mit ihren durchaus interessanten Instrumentalversionen von Herbert Grönemeyers „Männer“ und „Can´t Buy Me Love“ von den Beatles.
MIRANDA: „Uma Mulher Na Cidade“ (Jaro)
Nein, eine Fadosängerin möchte die Theaterschauspielerin und Sängerin Marta Miranda nicht sein. Auch wenn sie auf ihrem Soloalbum auch Fados singt. Die ehemalige Frontfrau der gefeierten portugiesischen Band OrqueStrada macht jetzt nach einer Auszeit solo weiter und legt mit „Uma Mulher Na Cidade“ ein starkes Album vor. Weil hier keine (Fado-)Klischees erklingen, sondern Lieder nicht nur aus Portugal, sondern auch aus Brasilien, den Kapverden oder Frankreich, und das auch mal auf Kreolisch und Französisch. Optimistisch klingend und großartig gesungen von einer charismatischen Stimme.
KURT ELLING & CHARLIE HUNTER: „SuperBlue: The Iridescent Spree“ (Edition)
Sänger Kurt Elling und Gitarrist Charlie Hunter haben wieder gemeinsame Sache gemacht. Und starten ihr neues Album gleich mit einem Highlight. Denn ihre Version von Joni Mitchell´s „Black Crow“ ist einfach spitze. Der Song groovt herrlich leicht und funky und wie Kurt Elling ihn singt und am Ende textlos noch ein wenig mit seiner Wahnsinns-Stimme improvisiert – großartig. Die beiden Bandleader, die von Keyboarder DJ Harrison und Drummer Corey Fonville sowie gelegentlich von einer Horn-Section unterstützt werden, liefern hier ein lässig groovendes Werk ab. Mit Songs von Don Was, Bob Dorough oder Ron Sexsmith, aber auch mit eigener Musik und Texten. Bei „Only The Lonely Woman“ diente Ornette Coleman´s Instrumentalnummer „Lonely Woman“ aus dem Jahre 1959 als Vorlage. Und wird mit Lyrics und hibbeligen Breakbeats versehen mal eben ganz locker ins Jetzt und Heute katapultiert.
VERONICA SWIFT: „Veronica Swift“ (Mack Avenue)
Sie hat Swing in der Stimme, sie weiß wie man wahnsinnig gut scattet, und das zeigt sie hier auf ihrem neuen, mit dem eigenen Namen betitelten Album auch. Und wie. Gleich den Album-Opener „I Am What I Am“ dehnt Veronica Swift im Mittelteil mal ganz kurz um eine gescattete Bachfuge aus. Die Vokalsensation agiert hier kraftvoll und selbstbewusst. Dabei will die 29-Jährige US-Amerikanerin überhaupt nicht nur als Jazzsängerin wahrgenommen werden. Und so sind hier neben Songs aus dem Jazzrepertoire auch Songs von Queen, Titel aus französischen und italienischen Opern, Rock oder Musik aus Brasilien zu hören. Und fast alles kann diese Frau überzeugend interpretieren.
AKKU QUINTET: „Kinema“ (Morpheus)
Hinter dem Akku Quintet steckt die Band des Schweizer Schlagzeugers und Komponisten Manuel Pasquinelli. Die Musik des Fünfers ist eine intensive und minimalistische, schon verwurzelt im Jazz, aber dennoch losgelöst von jeglicher starren Kategorisierung. Denn die vier (bis auf eine Ausnahme) sehr langen Stücke des neuen Albums arbeiten mit groovebasierten Repetitionen, eröffnen dabei elektronisch angetriebene Sphären und versuchen den Zuhörer mit der hypnotischen Wirkung der Klänge mitzunehmen auf eine Reise. Man muss diese Art von einer von Wiederholungen geprägten Minimal-Musik aber schon mögen und sich darauf richtig einlassen können um den Reiz dieser Band zu spüren.
CHRISTIAN MUTHSPIEL & ORJAZZTRA VIENNA: „La Melodia Della Strada“ (col legno)
Als spielender Musiker ist Christian Muthspiel schon eine Weile nicht mehr zu hören. Der 61-Jährige Österreicher hat seine Posaune beiseite gelegt, ist aber als Komponist und Dirigent weiter aktiv. Mit seinem 2019 gegründeten, 17-köpfigen Jazzorchester Orjazztra Vienna hat Muthspiel jetzt im Auftrag des Festivals „La Stada Graz“ Musik inspiriert von Filmen von Federico Fellini komponiert und auf die Bühne des Grazer Opernhauses gebracht. Der Live-Mitschnitt auf einer Doppel-CD strahlt viel emotionale Kraft aus und erzählt Geschichten, zu denen man im Kopf seine eigenen Filme drehen kann. Hier erklingt Musik mit Klangpracht, mit mediterraner Leichtigkeit, mit ungemein mitreißenden, aber auch schwelgerischen Momenten. Ein ganz groß(orchestral)er Wurf!