SCHNELLDURCHLAUF VOL 40
Neues zum Hören aus aller Welt
TEXT: Christoph Giese |
Schnelldurchlauf – Volume 40 I Neues aus der CD-Welt kurz vorgestellt
ROWK: „ROWK“ (Out Of The Shed)
Hinter ROWK stecken die vier Kreativgeister Ronny Graupe (Gitarre & E-Bass), Oliver Steidle (Schlagwerk), Wanja Slavin (Altsaxofon) und Kalle Kalima (Gitarre). Das Credo der Band: Alle Musikstile können als Ausgangspunkt für Improvisationen dienen. Entsprechend vielseitig, frisch und aufregegend klingt das Album dieses Quartetts. Immer wieder rockig und drängend, immer wieder von herrlich stolpernden Rhythmen durchsetzt. Und immer mit vielen Räumen, die improvisatorisch ausgiebig genutzt werden. Wie dieser Vierer wohl live auf einer Konzertbühne klingen mag?
Bebel Gilberto: „João“ (PIAS)
Songs ihres berühmten Vaters hat sie bislang eigentlich nie gecovert. Auf „João“ aber interpretiert die brasilianische Sängerin Bebel Gilberto nun elf Stücke, die ihr berühmter, 2019 verstorbener Vater, einem der Pioniere der Bossa Nova, João Gilberto, einst geschrieben oder gespielt hat – darunter Klassiker wie „Ela É Carioca“ oder „Desafinado“, aber auch weniger bekannte, speziell für seine Tochter geschriebene Kompositionen. Mit sanfter Stimme erzeugt Bebel mitunter beinahe hypnotische Stimmungen. Sehr atmosphärisch produziert von Thomas Bartlett ist diese Hommage an eine Legende der brasilianischen Musik ein zeitloser musikalischer Leckerbissen.
GEORGE: „Letters To George“ (Out Of Your Head Records)
Mit GEORGE präsentiert US-Schlagzeuger John Hollenbeck eine neue Band, die er während der Corona-Pandemie gegründet hatte. Auch wenn die anderen drei Bandmitglieder sich zuvor meist nicht kannten war Hollenbeck sicher dass diese gemeinsam funktionieren würden. Und das tun sie, wenn man sich das Debütalbum „Letters To George“ anhört. Sängerin und Saxofonistin Aurora Nealand, Keyboarderin Chiquita Magic und Saxofonistin und Flötistin Anna Webber verschmelzen mit dem Schlagzeuger zu einer echten Band, die eine ganz eigenwilligen Sound kreiert, mit Ambient-Synthesizersounds, experimentellem Jazz, rockiger Attitüde oder Kammermusik.
Céline Rudolph: „Soniqs“ (Obsessions)
Sie malt Töne mit ihrer Stimme. Einen Text braucht Céline Rudolph dafür nicht zwingend. Die in Berlin lebende Sängerin und Songschreiberin verzaubert auch wortlos. Aber sie kann es natürlich auch mit poetischen Worten. All ihre Facetten zeigt Rudolph auf ihrem neuen Album „Soniqs“, wo sie zusammen mit Trompeter und Pianist Sebastian Studnitzky, Tastenmann und Elektroniker Sebastian Merk und Flötist und Saxofonist Regis Molinas zumeist entspannte, bisweilen entrückte, sanfte Klanglandschaften kreiert, an denen man sich nicht satthören kann.
Alfredo Rodríguez: „Coral Way“ (Mack Avenue)
Seine Wahlheimat ist seit ein paar Jahren Miami und sein neuestes Album „Coral Way“ soll den Sound verkörpern, wie ihn Alfredo Rodríguez in der Stadt erlebt. Latin Pop, Timba, Salsa, Bachata, Tango, Reggaeton und Bolero kennzeichnen die große Latin-Gemeinde in der US-Metropole. Diese Einflüsse verknüpft der kubanische Pianist geschickt mit Jazz und schafft so durchweg spannende Stücke Musik mit großem Entdeckungspotenzial.
Merem: „Merem“ (https://merem1.bandcamp.com)
Jazz mit griechischem Flavour hat die in Rotterdam beheimatete Band Merem im Gepäck. Hinter diesem Ensemble stecken fünf junge Griechen, die Sängerin Vanessa Kourtesi, Pianist Yiorgos Bereris, Oud-Spielerin Dimitra Metzaki, Bassist Yiannis Vagianos und Schlagzeuger Ektoras Remsak. Alle fünf haben am Konservatorium in Rotterdam studiert und kombinieren auf ihrem sehr überzeugenden Debütalbum wunderbar eine jazzorientierte Rhythmusabteilung mit mediterranen Klängen, griechischem Gesang und den Sounds der arabischen Oud. Eine verführerische Melange, die erfrischend anders und sehr interessant klingt.
Yosef-Gutman Levitt & Lionel Loueke: „Soul Song“ (Soul Song Records)
Kennengelernt haben sich der südafrikanische Bassist und der Gitarrist aus dem westafrikanischen Benin einst am Berklee College Of Music in Boston. Beide zogen danach nach New York und spielten wöchentlich gemeinsam in Brooklyn. Dann trennten sich ihre Wege, Yosef Gutman verabschiedete sich sogar für einige Jahre aus der Musikwelt. Jetzt lässt er seinen Bass wieder schwingen und singen und verzaubert zusammen mit Lionel Loueke, Pianist Omri Mor und Schlagzeuger Ofri Nehemya auf einem gemeinsamen Album, das ganz dem Albumtitel folgend Musik mit viel Seele zu bieten hat. Zu hören sind akustische, leichtfüßige Songs, viele aus der Feder von Levitt, die mehr als nur einen Hauch Südafrika in sich tragen, aber auch mehrere Nigun-Adaptionen, Melodien aus der chassidischen jüdischen Tradition. Und während Levitt mehr die Begleiterrolle beim Spielen einnimmt, ist Loueke der wunderbare Melodiengestalter. Eine Aufteilung, die hier im Quartettverbund sehr schön funktioniert und für herzerwärmende Stimmungen sorgt.
Johannes Fries: „Plucky Proof“ (Rodenstein Records) Bei Johannes Fries stimmt der Groove! Der Schlagzeuger und Perkussionist legt mit „Plucky Proof“ ein vorzügliches Doppelalbum zwischen Fusion, Funk und afrikanischen Rhythmen vor. Das klingt dann mal treibend und sehr groovig, dann wiederum superentspannt. Immer aber hat Fries das Songmaterial sehr interessant arrangiert. Und immer mit von der Partie ist Saxofonist und Labelchef Olaf Schönborn. Klanglich gibt es auch nichts zu meckern. Ein echter Hörtipp!