Rüdiger Baldauf: Strawberry Fields
Eine runde Sache, auch als mp3
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Simon Engelbert
Schon wieder ein Beatles-Cover-Album? Ja, an diesem Album sieht man, dass ‚covern‘ wirklich sehr kreativ sein kann und nicht nur das Nachspielen des Originals bedeuten muss. Strawberrry Fields ist im Dezember erschienen und zu Recht schon in den oberen Jazzcharts vertreten.
Rüdiger Baldauf kommt aus dem Kölner Raum. Er war schon Mitglied im legendären „United Jazz & Rock Ensemble hat mit vielen berühmten Musikern zusammengespielt. Vor zehn Jahren erschien sein Solo-Album Own Style, bei dem er auch als Komponist und Arrangeur in Erscheinung trat. Seine aktuelle Band besteht seit 5 Jahren aus Christian Frentzen (Keyboards), Marius Goldhammer (Bass) und Thomas Heinz (Drums).
Rüdiger Baldauf ist seit 2017 mit seinem Jackson Trip-Album auf Bearbeitungen und Tributes spezialisiert. Er hat für das neue Album die Songs ganz neu arrangiert und meint, außer den Beatles gebe es keine andere Band mit derartigen Vorlagen und Wahlmöglichkeiten. Trotzdem hatte er erst Angst dabei in Richtung James Last abzudriften. Das Ergebnis zeigt, dass diese Sorge unnötig war. Man kann die CD oft hören und trotzdem immer wieder etwas Neues entdecken. Manchmal sind andere Beatles Songs versteckt, einmal sind sogar zwei Songs kombiniert. Oft spielt Rüdiger am Anfang des Stücks die Melodie, manchmal würde auch einmal genügen, aber dann geht es erst richtig los. Soli verschiedener Instrumente wechseln sich ab und bilden eine unterhaltsame, aber auch anspruchsvolle Musik.
Das Spektrum der 11 Songs reicht von 8 Days A Week (1964) bis zu Songs aus der Abbey Road (1969). Einige davon möchte ich kurz vorstellen.
Mit WE CAN WORK OUT – die Single hab ich u. a. auch noch – geht’s los, sicher ein gutes Motto für den Anfang. Trompete und Gitarre stellen die Melodie vor, dann in der Mitte klingt plötzlich die Marseilleise an, sicher nicht zufällig, denn bei ALL YOU NEED IS LOVE ist sie am Ende ja auch zu hören. Es folgen diverse Soli, darunter ein Percussion-Solo von Alfonso Garrido als Gast – ein guter Einstieg!
STRAWBERRY FIELDS – um Erdbeeren geht’s ja nicht wirklich, denn so hieß das Waisenhaus, in der Nähe wo John Lennon aufwuchs und auch ein Teil des Central Park heißt jetzt so. Bei den Beatles klang das sehr psychedelisch und wurde mit damals geradezu revolutionären Techniken aufgenommen. Im digitalen Zeitalter schätzt man da auch wieder die analogen Fähigkeiten der Musiker, hier besonders die des Saxofonisten Jakob Manz. Mit 19 Jahren hat er sich schon einen Ruf erarbeitet, hier glänzt er mit einem – auch anfangs für die Band - überraschenden Blockflöten-Solo, das den psychedelischen Charakter des Songs unterstreicht. Doch dann geht’s weiter mit dem Saxofon, das mit einem fulminanten Solo über Hey Jude den Song beendet.
NORWEGIAN WOOD – das haben schon viele Jazzer gecovert – hier hören wir es als 6/8-tel Ballade. Es beginnt ganz langsam mit dem Keyboard, das dann etwas schwülstig aufdreht, ein sehr bluesiges Piano geht dazwischen, Baldauf bringt sich mit MICHELLE ein, das dann in einem barocken Solo ausklingt. Wunderbar!
Besonders COME TOGETHER hat wegen des bass/drum hooks die jüngeren Bandmitglieder fasziniert. Marius Goldhammer am Bass und Thomas Heinz an den Drums sind hier in ihrem Element. Gast Bruno Müller gibt auf der E-Gitarre ein sehr rockiges Solo, so dass man manchmal an Colosseum erinnert wird. Max Mutzke orientiert sich beim Singen wohl an der Beatles-Vorlage.
PENNY LANE - Nach einem Intro mit einem Rhythmus ähnlich Ravel’s Bolero setzt die Melodie ein, aber nicht von Penny Lane, sondern von GOTTA GET YOU INTO MY LIFE. Beim 2. Refrain kommt fast unbemerkt der Wechsel zu PENNY LANE, dann ein funkiges Keyboardsolo, der Rhythmus vom Anfang setzt wieder ein, ein kleines Trompetensolo, abrupter Schluss.
Der 12. Song IMAGINE ist zwar nicht von den Beatles, sondern ‚nur‘ von John Lennon, aber das musste wohl als Abschluss der CD einfach sein. Max Mutzke singt hier seine eigene langsamere Version ruhig, zunehmend leidenschaftlich, Lennon vermisst man dabei nicht. Neben dieser Version gibt es auch eine instrumentale die demnächst erscheinen soll.
Im Internet erfährt man in einem langen JazzrockTV- Gespräch zu diesem neuen Album interessante Dinge, z. B. dass das Album als Cover-Version gilt, denn sonst hätte man die Erlaubnis von den Beatles bekommen müssen, was illusorisch ist. Da es aber rechtlich als Cover-Version gilt, bekommen die GEMA-Gebühren – die Beatles, obwohl alle Songs völlig neu arrangiert wurden; die Texte darf man dabei nicht verändern.
Diese Musik spricht auch Hörer an, die sonst nicht Jazz hören und kann als ‚Türöffner‘ dienen. Ein gelungenes Album!
Wie geht es weiter?
- Nächstes Konzert in NRW: 18.8. Gütersloh, wenn ....
- Nächstes Album: wie wärs mal mit Bob Dylan?
https://www.ruedigerbaldauf.de/