Ronny Graupe mit neuem Quartett und neuem Album
Ausgereift-intensiv und überaus hörenswert
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker |
In diversen Clubs und auf unterschiedlichen Festivals in NRW konnte man ihn hören und bewundern, den Gitarristen und Komponisten Ronny Graupe: ob in dem Trio Groppen/Graupe/Lillinger mit seinem sprechenden und programmatischen Bandnamen Hyperactive Kid oder mit der ebenfalls überaus aktiven Gruppe Spoom mit Christian Lillinger, Jonas Westergaard und Christian Weidner oder in unzähligen anderen Konstellationen. Immer wieder gelingt es dem ausgezeichneten Gitarristen (Deutscher Jazzpreis 2021), mit seinem Spiel und seinen Kompositionen einen hochinteressanten Ensemble-Sound zu kreieren. Das ist mit seinem neuen Album The Call mit seinem aktuellen Quartett Off The Record keinen Deut anders. Gemeinsam mit Dominik Bukowski (vib), Phil Donkin (b) und Oli Steidle (dr) erarbeitet das Quartett jetzt auf Graupes eigenem Label eine extrem verdichtete und dabei ansprechende Musik.
Die Albumtitel verteilen sich suitenartig auf zwei Teile: Determination (Tracks 1- 5) und The Call (Tracks 7 – 15), unterbrochen vom relaxten Zwischenspiel Name (Track 6). Die ohne Pausenunterbrechung montierten Tracks des ersten Teils demonstrieren ein ausgesprochen homogenes Ensemblespiel, mit vielen hyperschnell gespielten Noten vor allem des Gitarristen, der seine Virtuosität in immer neuen Wendungen umsetzt. In kurzen Soli greifen die Mitspieler dies auf, die Stücke sind von einer vibrierenden Unruhe gekennzeichnet. Die schnellen Läufe und Akkordsetzungen wirken wohl abgewogen und drücken statt zur Schau getragener Virtuosität eher Spielfreude und überbordende Ideenvielfalt aus.
Der zweite Teil beginnt völlig spartanisch mit ein paar glockenartig geschlagenen Tönen auf dem Vibraphon bzw. der Gitarre, ein paar Schläge auf dem Drumset setzen allmählich eine Dynamik in Gang, die etwa in der Mitte des fast 8-minütigen Stücks zunimmt und mit einem penetrant gleichbleibenden Akkord bis zum abrupten Ende durchgehalten wird. Ähnlich das folgende kurze Cutting Off!, während Hindrance vor allem dank des perlend-nervösen Vibraphons einen rhythmischen Akzent setzt. Der Titel Go Straight Ahead! kennzeichnet das nächste Stück, vor allem The Tiger kommt mit seiner Dynamik und spannungsgeladenen Grundstimmung zur Stilistik der ersten Suite zurück. Ein Gitarren-Solo in The Heavens oder das gitarrendominierte Tell Me Where! demonstrieren anschaulich die virtuose Saitenkunst von Ronny Graupe. Im kurzen rhythmisch vertrackten The Raft erzeugen Gitarre und Vibraphon einen stimmigen Dialog, 10000 Years lässt das Album kraftvoll-minimalistisch im Hallraum ausklingen.
Die Kompositionen von The Call werden ausnahmslos von einem sehr homogenen Klang getragen. Allen Stücken hört man förmlich an, wie überlegt und perfekt abgestimmt die vier Musiker interagieren. Bei allem Turbo scheint keine Note zu viel oder fehlplatziert zu sein, der Einsatz der Instrumente erfolgt an genau der richtigen Stelle. Das Quartett hat offensichtlich die Corona-Pause für intensives Proben genutzt, das Ergebnis ist ein ausgereift-intensives Album, das beim wiederholten Hören immer neue Wendungen offenbart. Spannend!
Off The Record: The Call. Out of the shed