Roman Babik & Atom Spring Quartet
Might be Spring
TEXT: Stefan Pieper |
„Might be Spring“ - dieser Wunsch geht hoffentlich endlich nachhaltig in Erfüllung. Zugleich steht dieser Titel für eine faszinierende Zusammenarbeit zwischen dem Remscheider Pianisten, Komponisten und Bandleader Roman Babik und dem für seine kreativen Grenzgänge bekannten polnischen Atom String Quartet. Viele musikalische Farben dieses neuen Werkes lassen aber auch gut den Herbst assoziieren.
Wie auch immer: Hier verschmelzen musikalische Welten mit einer Meisterschaft, die sich nicht durch spektakuläre Effekte beweisen muss, da sich hier alles durch tiefe Empfindung und ein empathisches Geben und Nehmen definiert.
Roman Babik
versteht es, als Pianist und Komponist gleichermaßen, zwischen kammermusikalischer Struktur und Jazzimprovisation aktiv zu vermitteln. Dieser Funke springt hörbar auf das polnische Quartett um Dawid Lubowicz (Violine), Mateusz Smoczyński (Violine), Michał Zaborski (Viola) und Krzysztof Lenczowski (Violoncello) über. Die Aufnahme fand übrigens in Warschau statt.
Im walzerartigen Dreivierteltakt und elegischem Moll zieht das balladeske Titelstück in diese Klangwelt aus Pianistik und Streicherkunst hinein. Wie in einem friedvollen Choral setzt Babik die Töne im Stück „Turning Point“. Das Stück „Noah“ könnte ein Andante-Satz aus einem romantischen Quartett oder einer Filmmusik im Stil von Michael Nyman sein. Mit wesentlich jazzigerem Vibe baut sich der synkopierte Fluss und die tanzenden Pizzicati des folgenden, über zehnminütigen Nummer „Clear Confusion“ auf. Es gibt so viel zu erzählen und die imaginären Storys verzweigen sich in den Klangräumen des Flügels und der Streichinstrumente immer weiter. Melancholisch und elegisch beschwört „November Walk“ eine tiefe Sehnsucht nach dem Frühling – siehe oben.
Ein gemeinsames, tiefes Gefühl
Ein nostalgisch verklärter Tango reißt aus jeder Elegie heraus – um so gewichtiger geht es weiter mit Klavierarpeggien, einem weit gespannten Instrumentalgesang der Streicher und schließlich einer hitzigen Einlage des Klarinettisten Ismail Lumanovski. Luftige Arpeggien entlassen den Hörer in einen wohligen Schwebezustand, bevor die Klarinette mit Klezmer-affiner Tonalität einen balkanisch-orientalisch aufgeladenen, schließlich wild tanzenden Epilog formuliert. Fazit: Wenn hier die Improvisationslust des Jazz und die formale Raffinesse der klassischen Musiktradition so viel überraschende, farbenreiche und tief berührende Interaktion frei wird, dann haben nicht nur Vereinigungen auf formaler Ebene stattgefunden. Roman Babik und das Atom String Quartet multiplizieren die Sinnlichkeit des Jazz und die subtile Eloquenz des klassisch-romantischen Musikverständnisses, dass ein tiefes, verbindendes Gefühl heraus kommt.