ReKort von RKet
Rotzig-energetischer Punkrockjazz von hoher Musikalität
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker |
Nun, wer seine Arbeit als „soziologische Feldforschung über Hörgewohnheiten, Hörerwartungen und deren Manipulation“ ausweist, wer als Begründer und Leader einer Großformation fungiert, die man nicht Big Band nennen darf und die als Talentschmiede und Schmelztiegel von vielen (Ruhrgebiets-)Talenten im Bereich der improvisierten Musik fungiert, wer jetzt diese Talente auf einem eigens gegründeten Label herausgibt, wer in verschiedenen festen und losen Gruppierungen als Saxophonist und Komponist tätig ist, nun ja, der muss Jan Klare heißen. Unter dem verrätselten Titel ReKort erscheint beim genannten neuen Label Umland Records aus dem Umfeld von The Dorf die neue CD des Trios RKet. Hinter diesem ebenfalls rätselhaften Bandnamen verbergen sich der omnipräsente und umtriebige Jan Klare am Bass- und Altsaxophon, der niederländische Bassist und Improvisationsmusiker Luc Ex an der Bassgitarre und Michael Vatcher an den Drums.
Beide Begleitmusiker von Jan Klare sind bekannte Vertreter der Improvisationsszene, Luc Ex vor allem von der Anarcho-Punkband The Ex und dem Ensemble Roof mit Phil Minton her, dem auch Michael Vatcher angehörte - auch er ein Improvisationskünstler, der mit so ziemlich jedem der einschlägigen Szene musiziert hat.
Man ist deshalb auch über den fetzigen Einstieg in die Klangwelt des Trios nicht wirklich überrascht. ReKort gibt zwölf Beispiele für einen rotzig-frechen Punkrockjazz mit zum Teil lyrisch-liedhaften Elementen. Die Besetzung kommt ohne Harmonieinstrument aus, der rockig zupackende Stil resultiert allein aus der stark vorwärtstreibenden Rhythmussektion, bestehend aus der akustischen E-Gitarre von Luc Ex und dem Drumset von Michael Vatcher, auf deren brodelndes Magma Jan Klare auf seinem Bass-Saxophon rhythmisierte Phrasen bläst (descent oder ground control) oder sich in wüsten Exklamationen ergeht (space suit). Oder in dem Track antenna baut das Trio eine drohend-dröhnende Kulisse aus Bass-Saxophon, E-Bass und Drums und einem Dauerton aus der Elektronikkiste auf, was sich zu einem atmosphärisch dichten Geflecht entwickelt. Dass das Jumbo-Blaswerk auch behände und virtuos bespielt werden kann, demonstriert Jan Klare in allen solistischen Ausflügen, aber auch im fröhlich-liedhaften plastic bag oder in dem lässigen Blues blues for wheatleigh. Auf dem Alt-Sax zaubert Jan Klare hyperschnelle Läufe und wird dem Titel derwish, einem hymnischen Song, mehr als gerecht. Wie in der hell klingenden Ballade break oder dem Song night in sibiria mit seinem einschmeichelnden Thema gibt der Saxophonist eine Melodie bzw. ein repetitives Muster vor und umspielt beides kunstvoll. Das langsame Klagelied healer steigert sich zu einem hochvirtuosen Höhenflug. Mit einem rockig-fetzigen Marsch (schwarzkruit) schließt das Album, einem Titel, der stark an die metal-getriebene Musik des Bass-Saxophon-Quartetts Deep Schrott erinnert, bei dem – man ahnt es - Jan Klare ebenfalls Mitglied ist.
ReKort ist ein energiegeladenes Album, die Instrumentierung entspricht eher weniger gängigen Hörgewohnheiten, dem Trio RKet gelingt eine spannende Klangreise mit viel Druck und hoher Musikalität.
RKet: ReKort. Umland Records 3
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