Regener Pappik Busch: Ask Me Now
Letter for Sven
TEXT: Heinz Schlinkert |
Lieber Sven, am 5. März erschien deine neue CD ‚Ask Me Now‘. Deiner Bitte, dich zu fragen, komme ich gerne nach, denn ich schätze dich sehr als Autor und Bandleader von Element of Crime. Meine Frage ist: Wie schätzt du euer Album inzwischen ein, nachdem es von vielen Seiten kritisiert worden ist?
Ich kann mir vorstellen, dass es euch Spaß gemacht hat, diese CD aufzunehmen, mir gefiel das Album allerdings von Anfang an überhaupt nicht. Schon beim ersten Stück, Monk’s Ask me Now, hatte ich das Gefühl: da fehlt was!
Die Auswahl der Stücke aus 50er und 60er Jahren ist interessant. Mir fehlt dabei aber das Jazz-Feeling, das sich an Nuancen festmacht, das den Zuhörer einfängt und ihn zum Mit-Grooven bringt. Ich habe mir die CD mehrmals angehört, doch mich hat die Musik nicht eingefangen, manchmal sogar geärgert. Ich vermute, dass deine Band nur ‚nach Noten‘ spielt, ihr hattet sicher Freude daran, aber es ist kaum Kommunikation zwischen euch herauszuhören. Auch so ist zu erklären, dass die Soli sehr spärlich ausfallen und in der Band nur pauschal begleitet werden.
Der Groove kommt deshalb nur sehr spärlich rüber. Du sagst in dem taz-Interview (s.u.) über deinen Drummer Richard Pappik, er sei „von Haus aus Krautrocker, ... einerseits Rockschlagzeuger, relativ grade, aber sehr verspielt, nicht berechenbar“. Aber reicht das für den Jazz? Drums in Jazz und Rock sind wirklich sehr unterschiedlich und, sorry, die Anforderungen im Jazz sind da viel höher. Auch ein Bass hätte dem Groove gut getan. Top-Jazzer wie Chris Hopkins können es sich auch leisten darauf zu verzichten, aber da muss die Band schon gut eingespielt sein. Am jazzigsten spielt noch Ekki Busch am Piano mit recht einfachen, aber passenden Soli, z.B. beim Cool Blues.
Und nicht zuletzt: der Klang der Trompete. Bei Element of Crime ist deine Trompete ja etwas Besonderes, sonst spielst du meist Gitarre. Bei der Trompete im Jazz hängen die Trauben höher. Keiner verlangt, dass du wie Louis Armstrong spielst, den du bewunderst. Wichtig sind aber Klarheit, Klangfarben und Dynamik. Da ist, auch in den langsameren Stücken, manchmal schon ein 'Rumeiern‘ zu hören. Und die Wiederholung ist ein legitimes Stilmittel, das man allerdings auch überbeanspruchen kann, z. B. bei Groovin‘ High.
„Das ist Jazz, Jazz, Jazz, dieses Schnelle, Energetische, was kann man da noch wollen?“ sagst du in dem Interview. Ich meine, Jazz ist viel mehr, sonst könnte man auch Heavy Metal spielen. Es geht um Improvisation, Intuition, Kommunikation.
Ask Me Now klingt für mich nach ‚Wumm-TaTa-Musik‘, drums im 4/4-Marschtakt. Man könnte vielleicht das heitere Flair von Marching Bands aus New Orleans assoziieren, der Pianist tut sein Bestes, aber wo bleibt da die mystisch-melancholische Stimmung von Monks Komposition? Das ist bei Round Midnight schon besser, deine Trompete verfolgt die Melodielinie und hält auch längere Töne aus, klingt aber irgendwie wie ‚auswendig gelernt‘.
Chasin‘ The Trane – also mal im Ernst, das kanns nicht sein, am Anfang fühlte ich mich an Joe Dassin‘s Les Champs Elysees von 1969 erinnert. Man muss ja nicht wie Coltrane spielen, aber er sollte sich dabei nicht unbedingt im Grab umdrehen. Songs wie Don’t Explain sind dir näher, sagst du. Ja, das merkt man, da ist mehr Feeling drin.
All das mag ziemlich arrogant klingen, tuts wohl auch, Musik ist schließlich Geschmackssache. Ich kann nur meine subjektive Sicht der Dinge darstellen, sehe diese aber in einem größeren Zusammenhang mit dem, was gemeinhin – wenn auch nicht klar definiert – als Jazz bezeichnet wird.
Lieber Sven, nichts für ungut, ich freue mich auf dein nächstes Buch.
Noch Fragen? Ask Me Now!
Heinz Schlinkert
Sven Regener_Ask Me Now
Label: Universal, 2020. 5.3.2021
Bestellnummer: 10412047
Taz-Interview vom 6.3.2