Phillip Dornbuschs PROJEKTOR
'Revolt'
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: niclas weber
Phillip Dornbuschs Musik knüpft an Freiheitslieder der aktuellen Zeitgeschichte an. Der Berliner Tenorsaxophonist will mit seiner Band deshalb nicht nur unterhalten, sondern auch politisch wirksam werden. Seine Musik versteht er darum als als Protestmusik. Erst vor kurzem ist er im Wuppertaler 'Loch' aufgetreten.
„Protestmusik. Eine Verneigung vor den Menschen im Kampf gegen Unterdrückung.“
Die meisten Stücke auf ‚Revolt‘, dem dritten Album der Band, basieren auf Liedern, die in Iran und Estland entstanden sind und dort während der Aufstände gesungen wurden.
‚Take My Hand“ basiert auf „Mu Isamaa On Minu Arm“, der estnischen Hymne der Unabhängigkeitsbewegung:
Und so hört sich das bei Phillips Band an:
„The Art of Resistance“, „Run“ und „Walk“ lassen sich zurückführen auf „Soroude Koocheh“, ein Lied, das in der iranischen Bewegung „Frau – Leben – Freiheit“ der letzten Jahre bedeutsam ist. „Rotten Brains“ bezieht sich auf „Baraye Azadi“, das wohl am häufigsten gesungene Lied dieser Bewegung.
Dabei nehmen die Kompositionen Phillips nur musikalische Spuren aus den Stücken auf. Das kann jeweils eine Struktur, ein Rhythmus oder ein Melodie-Frgment sein, das der Komposition zugrundeliegt. In der Band wiederum ist die Kommunikation der Musiker:innen genau aufeinander abgestimmt, ‚Freiheit‘ ist darum auch in musikalischer Hinsicht im Zusammenspiel der Band relevant.
Phillip Dornbusch
Phillip – mit zwei L und einem P - ist ein 30jähriger in Berlin lebender Tenorsaxophonist. Nach Studien in Hannover, Berlin und Den Haag war er zwischen 2018 und 2020 Mitglied des Bundesjazzorchesters. 2018 gewann er mit dem Fynn Großmann Quintett Jazzpreise in Hannover und München. 2021 gründete er seine Band ‚Phillip Dornbuschs Projektor‘. es erschien das Debütalbum ‚REFLEX’, 2023 ‚Re|Construct’. Phillip kann schon auf Auftritte zurückblicken beim Elbjazz Festival, Rochester International Jazz Festival (USA) und Toronto Jazz Festival (CAN). Das Quintett besteht außerdem aus Johanna Summer (Piano), Johannes Mann (Gitarre), Roger Kintopf (Bass) und Philip A. Dornbusch (Drums). Doch durchgängig hält das Saxofon seine bestimmende Rolle.
Jazz und Politik
Gegen den möglichen Vorwurf der ‚Kulturellen Aneignung‘ sichert sich Phillip vonvornherein ab, wenn er sagt: „Keine Aneignung, sondern eine Verneigung vor den Menschen im Kampf gegen Unterdrückung.“ Political correctness ist angesagt.
Doch es bleibt die altbekannte Frage, ob Musik politisch überhaupt etwas bewegen kann. In Estland war und im Iran ist das sicher so, weil die Musik als Mittel einer sozialen Bewegung dient(e). Peter Kemper hat sich vor einiger Zeit in seinem Buch ‚Der Sound der Rebellion‘ mit dieser Frage beschäftigt.
Das deutsche Jazzpublikum dürfte ohnehin Schwierigkeiten haben die politischen Bezüge von ‚Revolt‘ nachzuvollziehen. Auch weil es wohl zum allergrößten Teil diese estnischen bzw. iranischen Lieder gar nicht kennt.
Die Musik ist erstklassig, ob die politische Intention wirksam ist oder dem Album nur einen 'Touch' verleiht, darüber kann man geteilter Meinung sein.
Phillip Dornbuschs Projektor – Revolt
Berthold Rec BR324090 / LC 27984 / 4250647324090
VÖ: 20.09.2024
https://www.phillipdornbusch.com/