Philipp Fankhauser
Let Life Flow - Blues aus der Schweiz
TEXT: Heinz Schlinkert |
Neulich hörte ich im Internet-Radio einen Bluessänger und war spontan begeistert. Gut, dass man bei diesen Radios auf dem Display gleich Titel und Interpret sehen kann. Der Song hieß ‚I Promised Myself‘ und erinnerte mich sofort an Chicken Shack. Christine Perfect singt zwar ganz anders, aber das Blues-Feeling war das gleiche.
Philipp Fankhauser heißt der Sänger, ein echter Schweizer. Geboren in Thun zog er mit seiner Mutter später in den italienischsprachigen Tessin, wo er mit der Musik von Lucio Dalla, Francesco Gregori u. a. groß wurde. Er ist ein guter Bluessänger mit Soul-Einschlag, manchmal klingt er wie Jeff Cascaro. Schon seit 30 Jahren ist er im Geschäft. Auf Reisen in die USA hat einige Musiker kennengelernt, so konnte er 2017 mit Dennis Walker in den Malaco Studios, Jackson/Mississippi sein 15. Album I’ll be around aufnehmen. Auch sein letztes Album Let Life Flow ist nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Alabama, Mississippi und in Louisiana produziert worden.
Philipp Fankhauser traf 2018 beim Montreux Jazz Festival den Gitarristen Kenny Neal aus Louisiana, als dieser "Let Life Flow" spielte. Philipp war begeistert und so erscheint dieses Stück auf der neuen CD, die danach benannt ist. Philipp ist dazu nach Jackson gefahren, um dort den Song mit dem Kenny Neal aufzunehmen.
Die neue CD Let Life Flow ist wohl auch das Fazit aus einer längeren Erkrankung von Philipp. Das Leben hat ihn wieder – Life flows. Die 15 Titel der CD zeigen wie vielseitig er ist, denn Philipp ist nicht einer von den Bluessängern, die ein Lied nach dem anderen in der 12-Takt-Form abspulen mit den ewig gleichen Riffs und vielen langen Wiederholungen am Schluss.
Milano z. B. ist ein Song seines großen Vorbilds Lucio Dalla, in dem es heißt:
Milano a portata di mano
Ti fa una domanda in tedesco
E risponde in siciliano
(Milano in Reichweite fragt dich etwas auf Deutsch und antwortet auf Sizilianisch)
Das gilt wohl ganz ähnlich auch für die Schweiz, gerade wenn man, wie er, erst im Berner Oberland und dann in Locarno groß geworden ist. Chasch Mers Gloube ist ein Song auf Berner Deutsch. Wenn man nicht genau hinhört, könnte man meinen, Wolfgang Niedecken singt auf Kölsch. Cold Cold Winter ist ein waschechter Rock ’n‘ Roll. Members Only von Larry Addison war 1985 ein Hit von Bobby Bland, Philipp geht den Song gemächlich an, manchmal denkt man an ‚The Weight‘. Dann ein langes Sax-Solo, der Refrain wird allerdings für meinen Geschmack zu oft wiederholt. The Dark Comes Down erinnert ein bisschen an Unchain my Heart, die Gitarre manchmal an Mark Knopfler.
Am Ende der CD Please come home for Christmas, ein echter Weihnachtsblues mit jazzigem Sax, ein schöner Ausklang, passt gerade jetzt gut in die Jahreszeit.
Unterstützt wird Philipp auch von einer vierköpfigen Horn-Section, von den drei Shoal Sisters und 6 weiteren Musikern, darunter Flo Bauer, dem jungen Sänger und Gitarristen aus dem Elsass.
Ein Rezensent hat mal über Philipp geschrieben „Es ist irgendwie retro, aber doch sehr modern und aktuell“. Das stimmt, kann man einfach gut hören.
Philipp Fankhauser Let Life Flow