Bild für Beitrag: PASCAL NIGGENKEMPER | blòc
Bild für Beitrag: PASCAL NIGGENKEMPER | blòc
Bild für Beitrag: PASCAL NIGGENKEMPER | blòc
Bild für Beitrag: PASCAL NIGGENKEMPER | blòc

PASCAL NIGGENKEMPER

blòc

Köln, 19.05.2023
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | 

Der deutsch-französische Kontrabassist und Komponist Pascal Niggenkemper ist in diesen Breiten wohl bekannt, zu erinnern ist an seine herausragende Arbeit als Artist in residence im Wuppertaler ORT im Jahre 2017. (s. das Interview mit ihm und eine Konzertbesprechung.)

In einer schlichten Box mit dem Titel blòc veröffentlicht er aktuell sechs CDs- eine limitierte Kompilation der „Highlights seiner musikalischen Reise“ in den Jahren 2017 – 2022. Und die hat es in sich, führt sie zu den unterschiedlichsten Orten und Kontexten mit ganz verschiedenen Besetzungen und Stilistiken. Auf jeden Fall zeigt sie die musikalische Vielseitigkeit eines Ausnahmemusikers der freien Szene.

Vèrs revèrs

Das Album beinhaltet eine Performance mit acht Stimmen und Kontrabass. Auf Okzitanisch -im Booklet ins Französische übersetzt -werden Gedichte von Jaumes Privat musikalisch „vielstimmig“ präsentiert. Die Suite erzeugt eine Suggestion, in der die lyrische Sprache in ein mysteriöses Spannungsverhältnis zu den Stimmen, zu den Tieftönen, zur Perkussion gesetzt wird und eine wunderbar meditative Aura entwickelt.

levar lenga

Hier handelt es sich um eine Musik-Tanz-Performance zu Texten von Jaumes Privat und Jean-Marie Pieyre mit Kompositionen von Pascal Niggenkemper. Die Besetzung ist multiinstrumentell und „elektronisch“ ausgelegt (u.a. Bass-Klarinette, Dudelsack, Kontrabass, verschiedene Effekt-Geräte). Wenn sich auch der Theaterkontext allein auf der akustischen Basis nicht so ganz erschließen kann, bekommt man durch die unterschiedlichen Klangräume, durch die rhythmisch-pulsierenden Elemente, durch die Deklamationen einen Eindruck von der atmosphärischen Dichte der Performance, die in Teilen an die Archaik des antiken Theaters erinnert.

le 7ème continent.Kipppunkt

Ein musikalisch gänzlich anderer Ansatz: Wie in dem früheren Projekt le 7ème continent. talking trash (s. nrwjazz-Review) nimmt der Kontrabassist in seinem Sextett mit Julián Elvira (fl), Liz Kosack, Philip Zoubek (clavicord, synth), Joris Rühl und Joachim Badenhorst (cl) Bezug auf den 7. Kontinent, auf die monströse Ansammlung von Abfall in den Weltmeeren. Der Gruppensound generiert eine ausgesprochen dichte Klangreise. Auf der Folie des politischen Bezuges zur ökologischen Katastrophe in den Meeren erfährt man in dem Album ein entsprechendes Klangabenteuer mit vielen Assoziationsangeboten – evoziert durch ein raffiniert variiertes Gruppenspiel. Programmmusik vom Feinsten.

la vallée de l’étrange

Eine Solo-Aufnahme der ganz besonderen Art : Pascal Niggenkemper arbeitet auf dem Album mit seinem Instrument, dem er einen präparierten Kontrabass gegenüberstellt und mit diesem in einen Dialog tritt. Das präparierte Instrument hat acht verschiedene Tonabnehmer, die Lautsprecher sind in einem Kreis um den Bassspieler gruppiert. In der Gegenüberstellung von beiden Instrumenten experimentiert der Musiker auf den sieben Tracks des Albums mit ganz unterschiedlichen Spieltechniken und Hilfsmitteln, die in dem Booklet erfreulicherweise ausführlich erklärt werden. Die Klanginstallation erzeugt eine erstaunliche Vielfalt von un-erhörten Sounds, man kann kaum glauben, dass der 4-saitige Tieftöner ein solch magisch-rätselhaftes Klangspektrum erzeugen kann.

have you ever wondered

Kirchenglocken eröffnen den Reigen des Trios mit Corinne Salles (Glockenspiel), Ben LaMar Gay (tr, Stimme, elec) und Pascal Niggenkemper (b, comp). Aufgenommen in einem Glockenturm, verbleiben die elf Tracks im Modus eines wundersamen Zusammenspiels von Stimme, Elektronik, Geräusch, vibrierenden Saiten und Glockenspiel. Ein wenig erinnert das gesamte Album an eine experimentelle Zen-Meditation.

beat the odds

Zwei Celli (Elisabeth Coudoux, Ricardo Jacinto) und zwei Kontrabässe (Félicie Bazelaire, Pascal Niggenkemper) generieren von der Instrumentierung und vor allem von ihrer Umsetzung her einen ganz eigentümlichen Klangraum, der nur sehr bedingt an den typischen und gewohnten Sound der eingesetzten Instrumente erinnert. Zu hören sind Effekte und Höhen von E-Gitarren auf der „grummelnden“ Basis von dunklen Pattern, Glissandi und Vibrationsgeräusche, rhythmische Figuren, die ausfasern zu einem zitternden Dauerton, Maschinensound… Ein sehr fokussiertes Schwingen und Vibrieren, auf jeden Fall ein spannendes Klangexperiment.

In seiner vielschichtigen Werkschau erweist sich Pascal Niggenkemper als ein ausgesprochen versierter und phantasievoller Klangkünstler, der es versteht, in ganz unterschiedlichen Ansätzen die Grenzen von freier experimenteller Musik immer wieder neu auszuloten – nicht effekthascherisch, sondern im Dienst einer frei atmenden Musikerfahrung für ein Publikum mit offenen Ohren. Gerade in der Kompilation erschließen sich die unterschiedlichen Facetten eines Ausnahmemusikers.

blòc oder auch die einzelnen CDs sind erhältlich bei

subran.bandcamp.com.

Bild für Beitrag: PASCAL NIGGENKEMPER | blòc
Bild für Beitrag: PASCAL NIGGENKEMPER | blòc
Bild für Beitrag: PASCAL NIGGENKEMPER | blòc
Suche