Pago Libre
Mountain Songlines
TEXT: Stefan Pieper |
Die Band Pago Libre, unter anderem mit dem Hornisten Arkady Shilkloper und dem hochvirtuosen Geiger Florian Mayer öffnen auf dem neuen Album „Mountain Songlines“ ein echtes musikalisches Schatzkästchen.
Wer Musik zu sehr in Kategorien hineindrückt, zeigt, dass er mit Fantasie nichts anfangen kann.
Folkjazz – dieses Etikett wurde der schon 1989 gegründeten Band „Pago Libre“ schon öfters aufgedrückt. Kein Schlagzeug, dafür Horn, Violine, Klavier und Bass deuten ja schon so etwas an. Aber der weltweit wohl berufenste Jazzhornist aus Rußland, Arkady Shilkloper und vor allem auch ein wahrer Teufelsgeiger namens Florian Mayer sind für sich schon universell erfahrene Charakterköpfe genug, dass es hier auf Anhieb viel höher hinaus geht. Vor allem, wenn Tom Götze, Bass, John Wolf Brennan, Piano und phasenweise die Vokalistin Sonja Morgenegg eine sinnlich Bandchemie komplett machen, in der sich auch Jazz und klassische Kammermusik vereinen.
Das Album Mountain Songlines heißt so, weil es die Mystik der Bergwelt beschwört und auch der Song „Urwuchs“ von Florian Mayer steht für diese Programmatik.
Noch harmlos und unverfänglich beginnt der imaginäre Gipfelsturm, aber schon danach wird der Schalter umgelegt und es geht in zerklüftete Sphären hinauf. Wie eine Harfe klingen die gezupften Klaviersaiten. Tiefe Drones antworten untenrum und es klingt metallisch-perkussiv, wenn die Hämmer von unten die Saiten anschlagen, während Hände die Klavierdämpfer herunter pressen. Aus solch freien Szenarien erheben sich emotional reichhaltige Instrumentalgesänge, beflügelt durch treibende Ostinati und bestens dazu prädestiniert, dass sich Temperamente gegenseitig anstacheln und sich leuchtende Klangfarben wie Lichtreflexe auf Felswänden spiegeln. Und ja: Es brennt die Luft immer dann, sobald Florian Mayer auf seiner Violine loslegt! Es gleißt und funkelt, wie sein Spiel hochvirtuos die Saiten in elektrisierende Schwingung versetzt. Manchmal blenden die schillernde Obertonspektren schon fast, was hier überhaupt nicht negativ gemeint ist. Musikantisch beflügelnde Energie wird nicht minder frei, wenn sich Arkady Shilkloper auf dem Waldhorn einmischt oder mit entspannter Vehemenz das Alphorn durchs weite Tal schallen lässt. Gerne übernimmt auch mal Bassist Tim Götze das Steuer, wenn er zu tief in sich ruhenden Rezitativen aufspielt.
Tänzerisch-beschwingt ist der Gestus der vielen neuen, instrumentalen, aber oft auch vokal unterstützten Kompositionen - und immer mutig genug, das Unbekannte, das hinter jeder Ecke lauert, dem Moment einzuverleiben! Volksmusik wird dabei wieder als elementare, ernsthafte Angelegenheit rehabilitiert, vor allem, wenn im Stück „Tu-da-do“ die Sängerin Sonja Morgenegg einen Alpenjodler anstimmt.
Das Label LEO-Records Label hat mit diesem Release einmal mehr ein echtes musikalisches Schatzkästchen geöffnet.