Bild für Beitrag: Orientierung im Vinyl und CD Dschungel | Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol. 13
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Orientierung im Vinyl und CD Dschungel

Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol. 13

Gelsenkirchen, 08.04.2022
TEXT: Christoph Giese | 

Schon wieder neue Platten, Klänge, musikalische Ideen, Konzepte - Christoph Giese sorgt in seinem 13. Schnelldurchlauf für Überblick.

Niklas Roever Quartett: Hell´s The Hippest Way To Go (JazzHausMusik)

Zwei Pianisten vom Kölner Label JazzHausMusik erfreuen den geneigten Jazzhörer mit neuen Platten. Das Quartett des jungen Kölner Pianisten Niklas Roever hat Hell´s The Hippest Way To Go live im Kölner Loft eingespielt. Und Roever hat seit einem Erasmus-Aufenthalt in Paris mehr gesangsbezogen komponiert. Deshalb erweitert Sängerin Lina Knörr auch seit zwei Jahren das eigentliche Trio und ist als echte vierte, gleichberechtigte Stimme hier mehr als nur Frontfrau in den ausgereiften, interessanten Modern Jazz-Kompositionen des Bandleaders.

Hannes Zerbe Quintett: Live im A-Trane Berlin (JazzHausMusik)

Hannes Zerbe ist dagegen schon ein alter Hase, der schon zu DDR-Zeiten mit seiner Blech Band für Furore sorgte. Im letzten Jahr bekam er den Jazzpreis der Stadt Berlin, wo er lebt, verliehen. Das nur veröffentlichte Preisträgerkonzert mit seinem Quintett aus dem Jazzclub A-Trane zeigt Zerbe sowohl als Pianisten und Komponisten als originellen Musiker, der ganz klare Improvisationsvorstellungen für seine Musik hat und dabei gerne Verbindungslinien von Jazz zur E-Musik sucht.

Tuomas A. Turunen: Lifesparks (Skip)

Die meisten dürften Tuomas A. Turunen als Pianist im Emil Brandqvist Trio kennen. Auf Lifesparks präsentiert sich der in Südfrankreich lebende Finne solo am Konzertflügel. Aufgenommen im berühmten Arte Suono-Studio im italienischen Udine, betört Turunen mit gefühlvollen, zarten Klängen. Lyrisch und verträumt klingt seine von wunderschönen Melodien getragene Musik. In Töne gefasste Poesie trifft auf große Emotionen und eine sanfte VIrtuositöt, in einem Crossoverfeld aus Jazz und Klassik. Live und solo zu hören ist der Finne übrigens am 20. Mai im Schloss Horst in Gelsenkirchen im Rahmen der Konzerte von Public Jazz: https://publicjazz.de/schedule/tuomas-turunen/

Svein Rikard Mathisen & John Derek Bishop: Calm Brutalism (Curling Legs)

Der norwegische Gitarrist Svein Rikard Mathisen und der norwegisch-amerikanische Elektronikmusiker und Produzent John Derek Bishop schaffen hier Soundscapes, die viel Raum für eigene Interpretationen lassen. Der architektonische Ansatz des Brutalismus ist Ausgangspunkt der Kompositionen, die zunächst dunkel und eher düster beginnen, später aber auch helle Lichtstrahlen zulassen. Sparsame Gitarrenfiguren, Knistergeräusche, Rauschen und Rückkopplungen – aus vielen kleinen Bausteinen bastelst sich dieses Duo seinen ganz eigenen Klangkosmos.

McCoy Tyner / Freddie Hubbard Quartet: Live At Fabrik (Jazzline)

Die einen waren im Juni 1986 zu Gast im Hamburger Kulturzentrum Fabrik, die anderen ein paar Monate später im Oktober. Und jedes Mal liefen glücklicherweise die Aufnahmebänder mit bei den Auftritten. Trompeter Freddie Hubbard und das Trio des Pianisten McCoy Tyner brennen schon gleich im Opener dieses beim Hamburger Jazzfestival aufgenommenen Konzertes ein Feuerwerk an Energie und Spielfreude ab, das einem die Ohren wackeln. Hart swingend, mit Biss und spürbarer Leidenschaft geht es zur Sache. Und ob Blues oder Ballade, die vier Musiker reißen das Publikum bei ihrem Auftritt immer wieder völlig zurecht mit.

The Gil Evans Orchestra: Live At Fabrik (Jazzline)

Knapp zwei Jahre vor seinem Tod schaute Gil Evans mit seinem Gil Evans Orchestra in Hamburg beim Jazzfestival vorbei. Die nun erscheinende Doppel-CD bzw. 3er-LP zeigt noch einmal die ganze Klasse dieser Bigband, in der klangvolle Namen des Jazz wie Gitarrist Hiram Bullock, Trompeter Lew Soloff, Saxofonist Bill Evans, Perkussionistin Marilyn Mazur oder Drummer Victor Lewis mitspielten. Viele Stücke von Jimi Hendrix sind hier vor allem zu hören. In langen, spannenden Versionen, die freies solistisches Spiel, virtuose Momente und wuchtige Bigbandsounds genial miteinander verbinden. Das hätte Gitarren-Hexer Jimi sicher gefallen.

Gerald Clayton: Bells On Sand (Blue Note)

Gerald Clayton zählt zu den spannenden Jazzpianisten einer neuen Generation. Für sein zweites Blue Note-Album hat der US-Amerikaner aber auch zwei alte Haudegen als Gäste mit an Bord: Vater John Clayton am Kontrabass und Saxofonist Charles Lloyd, in dessen Band er ja auch spielt. Dazu geselltt sich gelegentlich noch Drummer Justin Brown und die junge, aufregende Sängerin Maro aus Portugal, die bei zwei Stücken mit leicht rauchigem, betörendem Gesang verwöhnt. Kompositionen des Katalanen Federico Mompou, der Jazzstandard „My Ideal“ in gleich zwei Solo-Versionen und eigene Stücke bilden das Programm einer Aufnahme mit vielen Stimmungen. Clayton ist hier ein wunderbares, zumeist minimalistisch gehaltenes Werk gelungen

Äl Jawala: I Way To Äl (Jawa)

Gute Laune verströmt die Freiburger Balkan Beats-Band Äl Jawala auf ihrem neuen Werk. Seit über zwei Jahrzehnten schon kommt diese animierende Musik aus dem Südwesten unserer Republik. Drei neue Stücke, bisher unveröffentlichtes Material sowie Klassiker und Publikumslieblinge haben den Weg auf den Jubiläumstonträger geschafft. Und so ist I Way To Äl ein bunter, zumeist tanzbarer Stilritt geworden, bei dem Balkan auf Afrobeat oder arabische Elemente trifft und sich dennoch eine hippe, westliche Urbanität bewahrt.

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