Neues aus der CD Welt
Schnelldurchlauf vol 28
TEXT: Christoph Giese |
Schnelldurchlauf – Volume 28. Neues aus der CD-Welt, vorgestellt von Christoph Giese...
Jim Snidero: Far Far Away (Savant)
Großartige Platten macht er schon lange. Die neue ist da keine Ausnahme. Zusammen mit vier Cracks der US-Szene hat Jim Snidero Far Far Away eingespielt. Ein Album das natürlich geprägt ist vom Spiel des Bandleaders auf dem Altsaxofon und seinem Counterpart als Solisten, Gitarrist Kurt Rosenwinkel. Die Rhythmusgruppe um Pianist Orrin Evans macht zudem einen erstklassigen Job, so dass alle acht Stücke, sieben davon aus der Feder Snideros, einen rundum gelungenen, auch mal swingenden Jazz zwischen Tradition und Trend bieten.
Johannes Enders: Sweet Freedom – A Tribute To Sonny Rollins (enja)
Auch Johannes Enders ist so ein Wahnsinnssaxofonist. Der Weilheimer zollt auf seinem neuen Album dem großen Sonny Rollins Tribut, mit einer Mischung aus Kompositionen des Saxofon-Kolosses und eigenem Material. Im Trio mit Bassist Henning Sieverts und Drummer Jorge Rossy wird dabei auch schon mal die Taktart einer Rollins-Nummer geändert. Überhaupt spielt das Trio mit einer packenden Temposchärfe, mit ausgefuchstem Interplay und immer mit einem Blick nach vorne.
Brad Mehldau plays The Beatles: Your Mother Should Know (Nonesuch)
Songs der Beatles hat Brad Mehldau seit Jahren im Programm. Doch kein Stück von diesem Album spielte er bislang ein. Auch das macht die Soloeinspielung des begnadeten US-Pianisten interessant. Und natürlich wie er Stücke wie I Am The Walrus oder I Saw Her Standing There interpretiert - letzteren etwa als witzigen Boogie-Woogie. Live in der Pariser Philharmonie aufgenommen, zeigt dieses Werk die ganze Kreativität Mehldaus. Baby´s In Black zu einem Gospel zu machen, darauf muss man erst einmal kommen. Und auch wenn er mal nahe bei den Originalen bleibt, bieten die Interpretationen immer Raum für Entdeckungen.
Little North: Wide Open (April Records)
Ein improvisiertes Intro. Und dann wird es erst einmal zurückgenommen. Ein sonorer Kontrabass erklingt, ein Beckenschlag, dann ein wenig mehr Drums, bis der Pianist ein paar Töne hintupft. Wunderbar. Das dänische Klaviertrio Little North weiß wie man besondere Stimmungen erzeugt und zeigt diese Kunst auch wieder auf Wide Open. Pianist Benjamin Nørholm Jacobsen, Bassist Martin Brunbjerg Rasmussen und Schlagwerker Lasse Jacobsen haben längst ihre ganz eigene Formel von atmosphärischer, dichter Jazzmusik gefunden. Die mal intim klingt, meditativ und melancholisch, aber auch klangforschend.
Philip Catherine & Nicolas Fiszman:
Live at the Berlin Jazzbühne Festival 1982 (The Lost Recordings)
Zwei Männer, zwei Gitarren -und ein Bass- und zwei Konzerte an einem Tag. Es war das Jahr 1982, und die beiden Belgier spielten abends in einem Westberliner Club. Am Nachmittag ging es zuvor aber in ein strenges Theater in Ost-Berlin, in die Volksbühne. Und dort liefen die Aufnahmebänder mit. Und zu hören ist der damals erst siebzehnjährige Nicolas Fiszman, der mit seinem über 20 Jahre älteren Landsmann Philip Catherine ein kongeniales Duo abgibt. Vor allem weil es hier um die Kommunikation untereinander geht, trotz der enormen Virtuosität beider Gitarreros. Das Ergebnis ist eine wunderbar leichtfüßige, mehrstimmige Musik.
Simone Kopmajer: With Love (Lucky Mojo Records)
Ein Lied vom gerade verstorbenen Burt Bacharach ist auch dabei, gleich zu Beginn. Und Songs von Hank Williams, Jazzstandards oder Musik von den Bee Gees. Simone Kopmajer bietet auf With Love einen bunten Strauß an Songs, die man kennt, die berühren. Evergreens aus verschiedenen Genres, denen die Sängerin aus der Steiermark mit ihrer volltönenden Stimme viel Gefühl einverleibt. Ob sie dabei lässig swingt oder in Balladen schmachtet, egal. Kopmajer trifft immer den richtigen Ton. Zeitlos, elegant, schön.
Inger Nordvik: Hibernation (Asta Records)
Sie kommt aus dem Norden Norwegens, lebt inzwischen aber in Berlin. Die Singer/Songschreiberin Inger Nordvik ist für Hibernation kurz vor dem ersten Lockdon in ihre nordnorwegische Heimat und zog sich dort in eine Hütte am Meer zurück. Frühmorgens ging es zum Eisbaden und dann in der Hütte ans Komponieren. Herausgekommen ist ein wunderschönes, warm-organisches Album voller beseelter Songs. Ausdrucksstark, mal zart, mal kraftvoll, singt die Norwegerin ihre poetischen Lieder, die stilistisch ungebunden und geschickt orchestriert auch musikalisch viele Facetten bereithalten.
Mareille Merck LARUS: Stille Wasser (Eigenproduktion)
In der Züricher Szene hat sich die gebürtige Norddeutsche Mareille Merck schon etabliert. Und in den renommierten Powerplay Studios nahe Zürich, in denen schon Keith Jarrett, Prince oder Lady Gaga aufgenommen haben, hat die Gitarristin ihr zweites Album eingespielt. Das heißt zwar Stille Wasser, aber der Albumtitel ist eher so gemeint dass in einem tiefen See viele Ideen und Konzepte unter der Oberfläche warten. Zusammen mit Bassist Florian Bolliger und Schlagzeuger Janic Haller gibt es sieben vielfarbige, dichte, eingängig wie komplexe, auch mal rockige Jazzstücke zu hören, auf denen die Fender Stratocaster der Bandleaderin herrlich vielseitig schillert.