Neues aus der CD-Welt I Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol. 57
TEXT: Christoph Giese |
FEVEN JOSEPH: „Gize“ (Bluepearls)
Leichtfüßigen Ethio-Soul serviert uns hier die zwischen Äthiopien und Berlin pendelnde Sängerin und Songschreiberin Feven Joseph. Äthiopische Melodien, Grooves der Tuareg aus Mali, ein Rhythmus aus dem Kongo, Anklänge an Afrobeat, aber auch jazzige Akkorde und viel Pop- und Soul-Feeling, das alles verbunden mit Fantasie und gespielt mit ihrer Band aus Berliner Musikern ergeben eine feine Mischung, die getragen von der sanften Gesangsstimme von Feven Joseph für einen entspannten Hörspaß sorgt.
TAMARA LUKASHEVA & INSO LVIV ORCHESTRA: „Anima“ (Tangible Music)
Viel weniger unbeschwert und leicht klingt dagegen „Anima“ von Tamara Lukasheva . Ein Album, das die in Köln lebende ukrainische Sängerin mit dem International Symphony Orchester (INSO) aus Lviv und mit dem deutschen Trompeter Matthias Schriefl als Gast in der Philharmonie der westukrainischen Stadt Lviv im Oktober vergangenen Jahres aufgenommen hat. „Anima“ heißt Seele und voller Seele und Gefühle stecken auch die Songs, die überwiegend von Lukasheva selbst stammen. Es sind Lieder von Liebe und Schönheit, gesungen in mehreren Sprachen, die Trost geben sollen. Es ist toll orchestrierte Musik ohne jegliche Gedanken an Genre-Schubladen, die unter die Haut geht.
TIGRAN TATEVOSYAN: „Mer Tan Itev“ (o-tone music)
Bereits vor zwei Jahren schon hat Tigran Tatevosyan die Musik zu seinem Debütalbum aufgenommen, in der Osnabrücker Fattoria Musica. Jetzt erscheint das mit dem in Tiflis geborenen, aber schon lange in Deutschland lebenden Bassisten Giorgi Kiknadze und dem israelischen Drummer Ziv Ravitz eingespielte Album endlich, das den jungen Armenier als hochinteressanten Pianisten und Komponisten zeigt. Als Musiker, der die armenische Musiktradition verinnerlicht hat und sie wunderbar mit Jazz zu verquicken versteht. Das Trio agiert verspielt, elegant und klingt wunderschön, spielt mit viel Seele und stellt Virtuosität nie in den Vordergrund. Eine Entdeckung!
ÀBÁSE: „Awakening“ (Oshu Records & Analogue Foundation)
„Ábáse“ ist die Idee und das Projekt von Szabolcs Bognár. Der in Berlin lebende, ungarische Tastenmann und Produzent hat für „Awakening“ Musiker aus Ungarn, Deutschland, Ghana und Australien in die Berliner Brewery Studios geholt, um mit ihnen Afrobeat oder Yoruba-Rhythmen mit jazzigen Improvisationen zu paaren. Das Ergebnis klingt mitunter spirituell, aber immer wieder auch tanzbar. Cooler Stoff!
ASEO FRIESACHER: „Kaiju Project“ (Challenge)
Japanische Musik mit Jazz zusammenzubringen, das ist die Idee vom „Kaiju Project“, einer Band, die hier auch Albumtitel ist, und die vom japanisch-österreichischen Pianisten Aseo Friesacher gegründet wurde. Mit dabei sind Bassist Johannes Fend und Schlagzeuger Joost Lijbaart sowie die beiden Japanerinnen Waka Otsu (Gesang) und Kana Fuefuki (Flöten). Stücke des Pianisten, aber auch Traditionelles aus Japan ist zu hören in einer Musik, die wunderbar westlichen Jazz mit fernöstlichen Melodien zusammenbringt. Zu einer gefühlvollen, mal fein groovenden, dann mitunter leicht meditativen Melange, die einen gelungenen Brückenschlag zweier unterschiedlicher (musikalischer) Kulturen offeriert.
TOMASZ STANKO QUARTET: „September Night“ (ECM)
Leider weilt der polnische Trompeter Tomasz Stanko seit nunmehr sechs Jahren schon im Jazzhimmel. Seit ehemaliges Begleittrio macht unter dem Namen des Pianisten aber weiterhin weiter und verwöhnt mit großartigen Alben und Konzerten. „September Night“ lässt alle vier zusmman noch einmal ganz hell scheinen. Die sieben Stücke dieser CD wurden 2004 bei einem Konzert des Quartetts in der Münchener Muffathalle mitgeschnitten. Und Tomasz Stanko, Pianist Marcin Wasilewski, Bassist Slawomir Kurikiewicz und Schlagzeuger Michal Miskiewicz spielen hier herrlich frei auf und doch auch wieder nicht, sie changieren zwischen Spannung und Entspannung, und das einzigartige, unverkennbare Spiel Stankos auf der Trompete mischt sich in einen immer wieder sprudelnden, so vielseitigen Klangkosmos. Was für Erinnerungsmomente an einen ganz großen Künstler.
PAT METHENY: „MoonDial“ (BMG Modern Recordings)
Der große Gitarrenmeister präsentiert sich auf „MoonDial“ wieder einmal solo, aufgenommen ohne Overdubs und auf einer Baritongitarre. Dieses Nylonsaiten-Instrument wurde für Pat Metheny maßgefertigt von Linda Manzer, einer engen Mitarbeiterin des Gitarristen und einer der weltweit führenden Gitarrenbauerinnen. In Verbindung mit einer neuartigen, in Argentinien hergestellten Nylonsaite ermöglicht die Gitarre Metheny ein neuartiges Stimmsystem mit einem Tonumfang von Bass bis Sopran, was bisher nur mit Stahlsaiten möglich war. Das Programm des zarten, intimen, lyrischen Albums besteht aus eigenen Stücken, Jazzstandards oder dem Beatles-Song „Here, There And Everywhere“. Besselt gespielte Musik zum Entspannen und Runterkommen.
FLAVIA COELHO: „Ginga“ (PIAS)
Global-Pop vom Feinsten, ein Mix aus Bossa Nova, Reggae, Forró, Frevo, Chanson, Brazil-Pop oder Raggamuffin, damit ist Flavia Coelho zu einer der wichtigsten Stimmen der brasilianischen Musik-Diaspora georden. Die Sängerin aus Rio de Janeiro, seit 2006 schon in Paris lebend, sorgt auch auf ihrem fünften Album „Ginga“ wieder für gute Laune, auch wenn sie ihren Energielevel hier ein wenig gedrosselt hat. Die Songs schaukeln schön gemächlich und sinnlich. Ein herrlich locker-luftiges Sommeralbum.
LOUIS ARMSTRONG: „Louis in London“ (Verve)
Im Jahre 1968 reiste Louis Armstrong nach London, nur wenige Wochen nachdem er die Beatles mit seinem zeitlebens größten Hit „What a Wonderful World“ von der Spitzenposition der britischen Charts vertrieben hatte. In den Studios der BBC spielte „Satchmo“ die Songs von „Louis in London“ ein. Diese Aufnahmen zählen sicherlich zu den inspiriertesten in Sachen Gesang und Trompetenspiel seiner ganzen Karriere und sind nun für alle, remastered, verfügbar geworden. Absolute Empfehlung!