Neues aus der CD-Welt
Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol. 47
TEXT: Chistoph Giese |
JAN BANG: „Reading The Air“ (Jazzland)
Wer Jan Bang in erster Linie als genialen Soundtüftler und Livesampling-Künstler bei vielen Projekten kennt, wird mit dieser Einspielung überrascht. Denn hier tritt der vielseitige Norweger in erster Linie als Sänger in Erscheinung. „Reading The Air“ ist sein erstes gesangbasiertes Soloalbum seit 25 Jahren, denn als junger Mann sang Bang vermehrt. Die zehn selbstkomponierten, lyrischen Stücke über Verlust und Vergänglichkeit von „Reading The Air“ fließen sanft dahin, eingebettet in zarte Elektronik und begleitet von Mitstreitern wie Trompeter Arve Henriksen, Gitarrist Eivind Aarset oder Langzeit-Partner und Sound-Artist Erik Honoré, der auch fast alle Songtexte schrieb. Stimmliche Unterstützung bei diesem seelenvollen Album kommt etwa von Sängerin Simin Tander .
LINA: „Fado Camões“ (Galileo MC)
Die Portugiesin Lina zählt zu den spannenden neuen Stimmen des Fado, sucht sie doch immer nach frischen Ausdrucksmöglichkeiten für dieses Genre. Das war schon bei ihrem so erfolgreichen Duo-Projekt mit dem spanischen Produzenten und Musiker Raül Refree so, und das gilt auch für ihr neues Soloalbum. Auf dem vertont Lina die Lyrik von Portugals berühmtem historischen Dichter, Luís de Camões. Und sie tut das nicht nur mit viel Leidenschaft, Emotion und ihrer ausdrucksstarken Stimme, sondern sie bettet die Texte in für den Fado ungewöhnliche, aber ziemlich spannende Klangbilder aus Fender Rhodes, Klavier, Moog Bass, Perkussion, Drumcomputer, Gitarre oder portugiesischer Gitarre.
CHRISTOF SÄNGER TRIO: „At Iruma Jazzclub“ (Laika Records)
Schon vor 20 Jahren reiste Christof Sänger nach Japan um dort seine erste Tournee zu spielen. Im vergangenen Jahr ging es für den hessischen Pianisten dorthin zurück um in acht Städten aufzutreten. Im Iruma Jazzclub in Iruma, nicht sehr weit entfernt von Tokio, liefen die Aufnahmebänder mit. Glücklicherweise, muss man sagen, denn die acht Stücke dieser Aufnahme, überwiegend Jazzstandards, aber auch Musik aus der Feder des Pianisten, sind mehr als hörenswert. Zusammen mit dem Bassisten Shimichi Kato und der jungen Schlagzeugerin Rena Toshimitsu lässt es Sänger hier herrlich und elegant swingen und wartet mit verspielt intensiven Klavierlinien auf. Mainstream Jazz at ist best!
DAVID FRIEDMAN GENERATIONS TRIO: „Surge Of Silence“ (Malletmuse)
80 Jahre alt wird er im kommenden März, der US-amerikanische Vibrafonist David Friedman, der hier mit seinem Generations Trio, zu dem Bassist Oliver Potratz und Schlagwerker Tilo Weber zählen, ein sehr frisch klingendes Album mit fast ausschließlich eigenen Stücken auf seinem eigenen Label veröffentlicht. Nur mit Vibrafon, Kontrabass und Schlagzeug – und es fehlt nichts. Nicht der Groove, nicht die feine, vielschichtige Rhythmik, nicht die Melodiösität der Mallets und auch nicht der Einfallsreichtum der drei Musiker. Ein feines Album mit tollem Zusammenspiel, schönen Klängen und Farben. Ab Februar auf der „80th Anniversary Tour“ auch live zu hören, unter anderem in Kleve, Köln oder Wuppertal.
MEHMET ERGIN: „The Levent Diary“ (Ergin Records)
Fließend zwischen Orient und Okzident musiziert Mehmet Ergin. Der in Istanbul geborene Gitarrist veröffentlicht mit „The Levent Diary“ ein feinfühliges Werk instrumentaler Gitarrenmusik, inspiriert von seiner Kindheit in dem Istanbuler Stadtteil Levent. Begleitet nur von Kontrabassist Martin Gjakonovski und auf der Hälfte der ein Dutzend von Ergin selbstkomponierten Stücke von Nora Thiele und/oder Axel Meier an Handtrommeln und Perkussion entsteht eine kammermusikalische, zarte Musik voller verführerischer, schöner Melodien.
ANTIGUA: „Trovador“ (Lädy Bäm Records)
Auch das Quartett Antigua schaut gerne über Genregrenzen hinweg. Die so vielseitige Sängerin und Musikerin Elsa Johanna Mohr, Frank Brempel an Geige und Synthesizer, José Diaz de León an Gitarre und Gesang, Bassist Stefan Berger sowie drei Gäste verbinden auf „Trovador“ sehr geschickt und frisch klingend europäischen Gypsy Jazz mit lateinamerikanischer Musik. Gesungen wird auf Deutsch, Portugiesisch, Spanisch und Englisch, die Songs sind vielfach tanzbar und gehen ins Ohr. Eine leichtfüßige musikalische Mischung, die viel Freude macht beim Hören.
KILEDJIAN: „The Otium Mixtape“ (Underdog Records)
ARON & THE JERI JERI BAND: „Dama Bëgga Ñibi“ (Urban Trout Records)
Zwei Mal Afrika-Sounds: Der in Lyon beheimate Musiker und Produzent David Kiledjian hat bereits mit so unterschiedlichen Künstlern wie dem US-Rapper Talib Kweli oder dem armenischen Jazzpianisten Tigran Hamasyan zusammengearbeitet und bringt nun sein erstes Album unter eigenem Namen heraus. „The Otium Mixtape“ vereint Jazz, HipHop, Soul und traditionelle Sounds aus Afrika mit hippen, modernen Beats zu coolen Songs, die er von mehreren starken Stimmen aus mehreren Ländern singen lässt. Eine coole Mischung. Das gilt auch für Aaron & The Jeri Jeri Band und ihr ebenfalls Debütwerk „Dama Bëgga Ñibi“. Der Pianist Aron Ottignon ist ein in Berlin lebender Neuseeländer und sein Projekt mit dem senegalesischen Perkussionisten, Griot und Bandgründer Bakane Seck ist ein verführerischer Mix aus Afrobeat, Afrofunk, Jazz und Elektronik.
CHRISTOPH SPENDEL GROUP: „Spirits From The South“ (Blue Flame)
Und Pianist Christoph Spendel liefert mit seiner Band mit „Spirits From The South“ ein luftig-leichtes Latin & Jazz-Fusionalbum ab. Mit überwiegend sommerlichen, Gute Laune machenden, eingängigen Songs, aber auch einer eher Traurigkeit ausdrückenden Hommage an den verstorbenen Kollegen und langjährigen Pat Metheny-Pianisten Lyle Mays.