Neues aus der CD-Welt
Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol. 32
TEXT: Christoph Giese |
Neues aus der CD-Welt, kurz vorgestellt vpn Christoph Giese. Voila Volume 32
Mammal Hands: Gift From The Trees (Gondwana Records)
Repetitive, aber sehr eingängige Melodien sind ihr Markenzeichen. Damit haben sie sich einen ganz eigenen Sound geschaffen. Und an dem feilt das britische Trio Mammal Hands auch auf dem fünften Album Gift From The Trees. Drummer Jesse Barrett, Saxofonist und Klarinettist Jordan Smart und Pianist Nick Smart changieren wieder geschickt zwischen Trance, Ambient, Cinematischem und Jazz. Und dabei schaffen sie ganz sensible Klangbilder voller Schönheit. Am 7. Juni ist das Trio übrogens live im Dortmunder „domicil“ zu erleben.
Yosef Gutman: Tsuf Harim (Soul Song Records)
Schon zum zweiten Mal trifft sich der südafrikanisch-israelische Bassist Yosef Gutman Levitt mit dem israelischen Gitarristen Tal Yahalom zu Aufnahmen in der intimen Duo-Konstellation. Auf Tsuf Harim nehmen sie Nigunim, traditionelle textlose jüdische Melodien, und setzen sie in ein neues, kammermuskalisches Duolicht. Auf der fünfsaitigen akustischen Bassgitarre und dem Kontrabass lässt Gutman die Melodien herrlich singen, während Yahalom seine gefühlvollen Gitarrenklänge, mit Nylon- und Stahlsaiten erzeugt, darumlegt. Warm, ruhig, manchmal fast flüsternd sorgt diese Musik für viel Wohlgefühl beim Hören.
Markus Harm: Foresight (Double Moon Records)
Achim Seifert Project: Dünyalar (Double Moon Records)
Einen fein gewobenen Modern Jazz hat Markus Harm im Angebot auf Foresight. Der Nürnberger Saxofonist und sein und sein mit Gitarre, Bass und Schlagzeug besetztes Quartett strotzen hier vor Ideenkraft und setzen ihre Musik auch mal mit einem Olivier Messiaen in Beziehung. Swing und Hardbop, die Spaß machen.
Labelkollege und E-Bassist Achim Seifert bringt dagegen auf Dünyalar zwei musikalische Welten zusammen, den Jazz mit türkischer Musik. Der Sohn eines türkischen Vaters, arrangiert hier traditionelle Lieder aus der Türkei, steuert aber auch Originalmaterial zu diesem Album bei. Und schafft mit seiner exzellenten Band einen poetischen Crossover, der in jedem Moment völlig organisch und natürlich rüberkommt.
Janiece Jaffe / Monika Herzig: Both Sides Of Joni (ACME Records)
So einige Künstler haben sich schon an die Musik der großen Joni Mitchell herangemacht, sie neu interpretiert. Hier sind es die deutsche Pianistin Monika Herzig und US-Sängerin Janiece Jaffa. Herzig hat neun Stücke der Kanadierin arrangiert, Jaffa singt sie, begleitet von einer feinen Band mit Herzig. Dass die Sängerin kurz nach der Fertigstellung dieses Projektes nach einer Herzoperation Ende 2022 starb, ist tragisch. Umso schöner, dass Both Sides Of Joni nun erscheint und Mitchells Kompositionen wunderbar zum Funkeln bringt.
Brandee Younger: Brand New Life (Impulse! Records)
Die Harfe im Jazz ist noch immer alles andere als Standard. Schön wenn eine Musikerin dieses wunderschöne Instrument so in den Jazzkontext zu setzen versteht wie Brandee Younger. Auf Brand New Life interpretiert die Amerikanerin vor allem Stücke einer Ikone der Jazz-Harfe, Dorothy Ashby. Younger aber klingt hier erfrischend hip und modern, was auch an ihren coolen Mitstreitern wie Drummer Makaya McCraven, Vibrafonist Joel Ross, Rapper und DJ Pete Rock oder Sängerin Mesehell Ndegeocello liegt.
Walter Smith III: Return To Casual (Blue Note Records)
Modernen Mainstream-Jazz mit einer schönen Stimme auf dem Tenorsaxofon bietet US-Saxer Walter Smith III auf seinem ersten Album für das legendäre Blue Note-Label. Bis auf eine Kate Bush-Nummer stammen alle Stücke vom Bandleader selbst, der auf Return To Casual ein breites Spektrum an Stimmungen abdeckt. Und eine Band mit Cracks wie Pianist Taylor Eigsti, Drummer Kendrick Scott oder Trompeter Ambrose Akinmusire immer an seiner Seite weiß. Die Tradition im Blick, die eigene Stimme im Angebot – dieses Album macht durchaus Freude.
Pharoah Sanders Quartet: Live At Fabrik (Jazzline)
Ein echter Saxofon-Gigant war der im letzten Jahr verstorbene Pharoah Sanders, der 1980 in der Hamburger Fabrik vorbeischaute. Zusmammen mit den formidablen John Hicks am Piano, Curtis Lundy am Bass und Idris Muhammad am Schlagzeug. Bis auf eine Standard-Ballade stammen alle Stücke dieses Konzertmitschnitts aus der Feder von Sanders, darunter auch sein berühmtestes, The Creator Has A Masterplan. Spirituell und intensiv bläst der Saxofonist hier wie immer seine Linien, das Feuer lodert, die band agiert dicht und inspiriert. Eine echte Perle, diese Aufnahmen.
Christopher Hale: Ritual Diamonds(Earshift Music)
Eine zufällige Backstage-Bekanntschaft bei einem koreanischen Festival wurde zum Beginn einer großen musikalischen Freundschaft zwischen dem australischen Bassisten und Komponisten Christopher Hale und der koreanischen Schlagzeugerin Minyoung Woo. Auf Ritual Diamonds bringen die beiden Freunde, mit Unterstützung einer Riege von Top-Jazzern Australiens, koreanisches rituelles Trommeln und zeitgenössischen Jazz ziemlich gut zusammen. Komplizierte Rhythmen treffen auf starke Melodien und Improvisationen. Und trotz der kulturell unterschiedlichen Welten klingt das Ergebnis nie nach erzwungener Ethno-Fusion, sondern viel mehr nach zeitlos schöner, organischer Jazzmusik, die lediglich ganz am Ende in die pure Faszination koreanischer Trommelkunst entführt.