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Neue Tonträger frisch durchgehört

Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol. 19

Gelsenkirchen, 13.09.2022
TEXT: Christoph Giese | 

Neue Klänge, Besetzungen, Ideen Alben. Der heutige Jazz in seiner Vielfalt und mit seinen Randbereichen steht nie still. Christoph Giese stellt uns in seinem 19. Schnelldurchlauf die neuesten Entdeckungen vor...

Matthias Bublath Trio: Orange Sea(enja)

Viele Jahre lebte Matthias Bublath als freischaffender Musiker im Big Apple. Ob die Lässigkeit seines neuen Klaviertrios aus dieser Zeit stammt? Jedenfalls geht es beim Münchner Tastendrücker und seinen beiden Kollegen, dem Slowaken Peter Cudek am Bass und dem Österreicher Christian Lettner am Schagzeug, ziemlich lässig zur Sache auf dem gemeinsamen Album Orange Sea. Die bis auf eine Michel Legrand-Ballade alle von Bublath komponierten Stücke tummeln sich vergnügt und fein swingend im Straight Ahead-Fahrwasser, ohne gelegentlich eine anspruchsvolle Popattitüde verleugnen zu wollen. Auch zu Latin, Samba und Monkscher Spielkultur öffnet sich das kongenial aufspielende Trio geschickt seine Räume. Die Balladen berühren, der Swing beschwingt und vitalisiert. Diese drei Herren machen einfach Spaß. Willkommen im Heer der Klaviertrios!

Kolinga: Legacy (Broken Silence)

Geboren wurde Rébecca M´Boungou im Südwesten Frankreichs, aber ihre familiären Wurzeln liegen auch im Kongo. Denn aus Brazzaville stammt ihr Vater, ein Sänger. Singen tut inzwischen auch die Tocher, und Songs schreibt sie auch. Alle auf diesem Album stammen aus ihrer Feder. Legacy ist eine musikalische Reise durch Pop, Jazz, Soul, HipHop oder kongolesischer Rumba, gesungen auf Englisch, Französisch und auch Lingala. Mit dem Multi-Instrumentalisten Arnaud Estor als Partner an ihrer Seite und weiteren Musikern bildet sie die Band Kolinga, die hier herrlich frische Musik mit dem Duft Afrikas zu bieten haben.

Sandro Roy: Discovery (Skip)

Zum ersten Mal hat Sandro Roy eine feste Combo um sich geschart, die Sandro Roy Unity Band. Aber auch namhafte Gäste wie Gitarrist Biréli Lagrène oder die Pianisten David Gazarov, Jerome Weiss und Jermaine Landsberger haben den Weg ins Tonstudio gefunden um auf Discovery mitzuwirken. Einem Album zwischen Gypsy-Jazz und klassischen Anleihen, eine Platte voller Gefühle, auf der der Augsburger Geiger seine ganze Sensibilität, aber auch seinen flinken, tänzelnden Swing genüsslich ausleben kann. Filmsongs, wehmütige Momente, Jazzstandards, eigene Stücke – die Vielfalt bei der Songauswahl für dieses Album ist so groß wie die Palette an Stimmungen.

ZOOM: The Curse of Unspoken Words (Jazzsick)

Vier allesamt renommierte NRW-Jazzer bilden das Quartett ZOOM. Saxofonist Stephan Mattner , Gitarrist Philipp van Endert , Bassist Sebastian Räther und Schlagzeuger Jo Beyer spielen auf ihrem neuen Longplayer einen ausgereiften, erfrischenden Modern Jazz mit vielen Gesichtern. Etwa einem lässig rockigen gleich zu Albumbeginn. Oder einer schön swingenden Nummer, die im Mittelteil plötzlich hibbelige Schlagzeug-Beats mit entspannt gezogenen Saxofonlinien verbindet. Die alle von Stephan Mattner komponierten Stücke haben immer wieder mal die eine oder andere Wendung eingebaut. Und bieten auch deshalb beim Hören einiges zum Entdecken.

Enrico Pieranunzi & Jasper Somsen: Voyage In Time (Challenge)

Eine Suite in neuen Sätzen hat der Bassist Jasper Somsen für das neue Album mit dem Pianisten Enrico Pieranunzi komponiert. Seit zehn Jahren musizieren der Holländer und der Italiener schon zusammen. Doch Voyage In Time ist anders, spielen die zwei dieses Mal nur im Duo und geben sich hier ihrer Liebe zur klassischen Musik hin. So nutzen sie klassische Formen für einen offenen improvisatorischen Ansatz. Das Ergebnis sind beseelte Klänge und eine Musik mit viel Raum zur Entfaltung. Die zudem zeigt wie selbstverständlich sich verschiedene musikalische Welten spielend miteinander verbinden lassen.

Redman / Mehldau / McBride / Blade: LongGone (Nonesuch)

Es war irgendwann in den frühen Neunzigern im Essener Katakomben-Theater, das damals noch Satiricon hieß. Da stand Saxofonist Joshua Redman auf der Bühne mit drei weiteren jungen Burschen neben sich, die man kaum oder gar nicht kannte. Und man war begeistert von dem was die vier Amerikaner da spielten. Der moderne Mainstream bekam mit dieser Band ein neues, funkelndes Gesicht. Längst zählen auch Pianist Brad Mehldau, Bassist Christian McBride und Drummer Brian Blade zur ersten Jazzliga. Wie schön dass die vier Ausnahmekönner nun wieder mal Zeit für ein gemeinsames Album gefunden haben. Und ja, LongGone hat all das was diese Band immer ausmachte: Souveränität, eine feine Dramaturgie in den Songs, Ekstase, tolles Solieren. Und als Leckerbissen gibt es zum Schluss noch eine Live-Version von „Rejoice“ zu hören, einem Klasse-Stück vom allerersten gemeinsamen Album, back in the 90s.

Adrian Younge & Ali Shaheed Muhammad - Katalyst: Jazz Is Dead 13

(Jazz Is Dead)

Adrian Younge & Ali Shaheed Muhammad - Henry Franklin: Jazz Is Dead 14 (Jazz Is Dead)

Die beiden HipHop-Produzenten und Musiker Adrian Younge & Ali Shaheed Muhammad sind inzwischen schon bei den Alben Nummer 13 und 14 angelangt mit ihren hippen Platten, die sie gemeinsam mit ihren Helden komponieren und aufnehmen. Das können junge Bands sein oder alte Heroen. Was immer gleich ist: Der Sound ist warm und Vintage. Auf Katalyst treffen die zwei auf das 2014 gegründete, neunköpfige US-Kollektiv Katalyst. Lässiger, mitunter spaciger Jazz im Stile der 1970s, fein groovend und geprägt durch schwingende Fender Rhodes-Klänge, prägen dieses coole Werk. Auch Henry Franklin, mit der gleichnamigen US-Basslegende als Gast, bietet groovigen und auch mal wild rockenden Jazz erster Güte, angetrieben vom betörenden Bassspiel von Henry Franklin und veredelt mit tollen Bläsersätzen und heißen Bläsersoli. Beide Silberscheiben lassen das alte analoge Klang-Zeitalter wieder aufleben, mit spannender Musik, die bei aller Rückbesinnung dennoch einfach zeitlos gut klingt.

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