NEUE PLATTEN KURZ VORGESTELLT
Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol 35
TEXT: Christoph Giese |
Der Sommer kann kommen: Mit belebenden Klängen aus aller Welt - Christoph Giese schafft aktuellen Überblick über lohnende CD-Neuerscheinungen.
Kira Linn´s Lintett: Illusion (Whirlwind Recordings)
Einen Mix aus Jazz und diversen anderen Einflüssen präsentiert hier die Baritonsaxofonistin Kira Linn mit ihrem Lintett, einer Band bestehend aus fünf weiteren Musikern. In den letzten beiden Jahren habe sie gar nicht mehr so viel Jazz gehört, sondern Pop, Indie, Neo-Soul, Electronics oder R&B mehr für sich entdeckt, verrät die Wiesbadenerin im Presseinfo zu Illusion, einer Platte, die mit vielen ruhigen und nachdenklichen Tönen betört, Themen wie Klimaschutz oder Gleichstellung in sanfte Lyrics verpackt und insgesamt sehr interessant und erfrischend anders klingt.
Fay Claassen & Residentie Orkest The Hague: Symphonic Stories (Challenge)
Eine stimmgewaltige Sängerin trifft auf ein vorzügliches Orchester. Genau das passiert bei den Symphonic Stories, die die holländische Sängerin Fay Claassen, das Residentie Orkest The Hague und ein Jazzquartett hier gemeinsam erzählen. In einem Programm, das sich Songs bei Burt Bacharach, Ennio Morricone, Paul Simon oder den Beatles leiht, aber auch mit Stücken von Fay Claasen selbst, ihrem Lebenspartner, dem Kölner Saxofonisten Paul Heller , oder dem holländischen Pianisten Karel Boehlee, der an dieser Einspielung auch mitwirkt. Fein arrangiert und nie überladen rüberkommend, entfalten sich der mitreißende Gesang und die Wucht und dabei doch immer wieder vielschichtigen Klangbilder des Orchesters zu einem Hörvergnügen, das auch in den ruhigen Momenten nicht abnimmt.
Rémy Labbé Quintet: Careless Territories (Challenge)
Der belgische Trompeter Rémy Labbé und sein mit dem Posaunisten Phil Abraham als zweite Bläserstimme besetztes Quintett liefern mit Careless Territories ein schönes, oft munter swingendes Jazzalbum ab. Mit Nummern, in denen der Bandleader, der hier ausschließlich auf dem Flügelhorn zu hören ist, und sein Kollege an der Posaune herrlich solistisch auftrumpfen können. Aber auch der Gesamtklang des Quintetts, das hier einen hörenswerten Straight Ahead Jazz im Angebot hat, steht hier hoch im Ku
Pedro Rosa: Midnight Alvorada (Ajabu! Records)
Midnight Alvorada ist das Debütalbum des brasilianischen Komponisten, Gitarristen und Sängers Pedro Rosa. Geboren in São Paulo, lebt Rosa seit mehr als 15 Jahren in Spanien, ist musikalisch aber seinem Heimatland treu geblieben, finden hier doch verschiedene brasilianische Musikstile wie Samba, Bossa Nova, Baião oder Ijexá den Weg in die Gehörgänge der Zuhörer. Sparsam und rein akustisch instrumentiert singt und spielt der Brasilianer mit der sanften Stimme seine selbstgeschriebenen, gefühlvollen Songs. Mit Leidenschaft, Luftigkeit und viel Seele. Schade nur dass dieses großartige Erstlingswerk nach gut 34 Minuten schon ausklingt.
Artemis: In Real Time (Blue Note)
Das Sextett Artemis ist eine reine Frauencombo, In Real Time ist das zweite Album der Band um die kanadische Pianistin Renee Rosnes, ihrer Landsfrau, der Trompeterin Ingrid Jensen, US-Schlagzeugerin Allison Miller und der japanischen Bassistin Noriko Ueda. Mit Saxofonistin Nicole Grover und Flötistin Alexa Tarantino sind zwei Neue mit an Bord auf einer Reise durch überwiegend eigenes Songmaterial. Das bewegt sich stilsicher im Fahrwasser des Modern Jazz, swingt fein und bietet den Jazzdamen auch viele Räume um nicht nur im Gruppenverband, sondern auch solistisch und improvisatorisch zu glänzen.
Duncan Eagles: Narrations (ropeadope)
Für die altehrwürdige BBC ist er ein aufsteigender Stern des britischen Jazz. Und hört man sein neues Album Narrations kann man verstehen warum der britische Saxofonist Duncan Eagles so gelobt wird. Denn im Quartett mit Tastenmann Tomasz Bura, Bassist Max Luthert und Drummer Zoe Pascal erzählt Eagles hier seine vielseitigen musikalischen Geschichten. Zart im Balladentempo, zupackend in polyrhythmisch funkig-treibenden Momenten, aber auch soulful und entspannt in swingenden Augenblicken. Spannendes Songwriting und eine starke Saxofonstimme machen dieses Album zu einem durchgehenden Hörvergnügen.
Sebastian Gramss´ State Of Play:
METEORS – Message To Outer Space (rent a dog)
Bassist Sebastian Gramss ist der Mann der ungewöhnlichen Klanglandschaften. Das trifft auch auf seine Band State Of Play zu, einem Sextett, zu dem unter anderem Posaunistin Shannon Barnett und Saxofonist Hayden Chrisholm gehören. METEORS entführt den Zuhörer in kosmische Klangwelten, die Platte ist ein Sound-Angebot an den Weltraum. Die Musik klingt mit ihren eingestreuten Synthie-Klängen und Soundscapes leicht spacig, auch wenn die Basis deutlich auf der Erde verwurzelt ist. Die 17 Stücke, teils nur kleine Miniaturen, bieten entdeckungsreiche, expressive, schwerelose Jazzklänge abseits des Mainstreams. Herrlich.
Dan Wilson: Things Eternal (Mack Avenue)
Ein eleganter Gitarrero ist er, der Dan Wilson. Der Mann aus Ohio hat in der Band des im letzten Jahr viel zu früh verstorben Joey DeFrancesco gespielt. Wilson lässt ihn noch einmal kurz aufleben, startet er doch sein vorzügliches neues Album Things Eternal mit einer aufgezeichneten Sprachnachricht des bekannten Jazzorganisten. Und serviert anschließend eine schöne Mischung aus eigenen Songs und Nummern von Herbie Hancock, Stevie Wonder, Michael Brecker oder Sting. Zwischen R&B, rasantem Bop oder einem herrlich swingenden „Eleanor Rigby“ von den Beatles weiß der Gitarrist, dessen Vorbilder wie Wes Montgomery oder George Benson schon durchscheinen, mit seinem feinen, emotionalen Single Note-Spiel sehr zu gefallen.