Neue CDs kurz vorgestellt
Christoph Gieses Schnelldurchlauf Vol. 18
TEXT: Christoph Giese |
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Kokoroko: Could We Be More (Brownswood)
Ein Debütalbum, wie es sein soll. Mit Could We Be More präsentiert sich die Band Kokoroko nach einer EP und drei Singles endlich mit ihrem ersten Longplayer. Das achtköpfige Kollektiv der jungen Londoner Jazzszene um die Trompeterin Sheila Maurice-Grey, das bereits zahlreiche Musikpreise abräumen konnte, verwöhnt hier mit einer süffigen Mixtur aus Afrobeat, Highlife, Jazz, Soul und Funk. Einige Bandmitglieder haben einen nigerianischen Background und so begeistert die Band mit afrikanischer Polyrhythmik, auch mal butterweichen Bläsersätzen, jeder Menge Gute Laune bringenden Funk und einem überraschend gospeligen Outro.
Mudita: To The West (Berthold Records)
Klavier, Stimme, Trompete und Electronics – daraus zaubert das niederländische Trio Mudita auf To The West eine meisterhafte, melancholisch verhangene Klangreise. Pianist Sjoerd van Eijck, Sängerin Sanne Rambags und Trompeter Koen Smits begeben sich in ihren atmosphärischen Kammerjazz mit viel Ruhe und Zeit jeden Moment nachklingen zu lassen. Meist minimalistisch angelegt, entsteht im behutsamen Zusammenspiel Musik, die Herz und Seele unweigerlich berührt und den Zuhörer in eine traumschöne Welt hineinzieht.
Cornelius Claudio Kreusch: Eye Of The Storm (GLM)
Eigentlich wollte er in der Münchner Philharmonie nur Videos drehen für das Vorgängeralbum. Doch dann beschloss Cornelius Claudio Kreusch spontan, auf dem Flügel zu improvisieren und das gespielte aufzunehmen. Entstanden ist daraus sein neuestes Klaviersolo-Album Eye Of The Storm. Ein Sprung ins kalte Wasser, aber solche Herausforderungen liebt der gebürtige Münchner. Weil er so was kann, was er hier auf den zwölf Stücken des Albums einmal mehr eindrucksvoll zeigt. Hier improvisiert ein genialer Musiker und findet zwischen aufwühlenden Momenten auch jene voller Zartheit und Schönheit. Und verbindet beides zu schillernder, jederzeit spannender Klaviermusik.
Thilo Seevers: Auszug (brh records)
Auch Thilo Seevers setzt beim im Sendesaal Bremen aufgenommenen Album Auszug auf Soloklavier. Mit Musik die sowohl in der Klassik als auch im Jazz fußt. Mit Klängen, die dunkel und nach entspannten späten Stunden klingen, aber die auch beschwingt feine Melodien zum Tänzeln bringen können. Der in Bremen geborene, deutsch-österreichische Pianist, Komponist und Arrangeur zeigt sich hier als gefühlvoller Musiker, der sich hier ohne jegliche Filter nackt und verletzlich zeigt und dabei wunderschöne, zeitlose Musik spielt.
Misst: Misst.eu (-I-C-U-B4-T-)
Fünf Stimmen, die fast vergessene Folksongs aus der ganzen Welt neu interpretieren, das ist Misst aus Belgien. Die Sängerinnen Elly Aerden, Linde Van Puyenbroeck, Liesbet Van Reeth und Eva Moens sowie Sänger Jan Van Rossem gehen dabei am meisten unter die Haut bei den Bonus Tracks. Denn da interpretieren sie das sardinische Traditional „Libera Me“ auf Latein und anschließend auf Niederländisch das Stück „Verlangen“ des Holländers Bram Vermeulen alleine mit ihren Stimmen. Stark! Aber auch bei den regulären elf Liedern von Misst.eu, bei denen das a-cappella-Quintett diverse instrumentale Unterstützung von Gastmusikern bekommt und geschickt zwischen Tradition und Moderne agiert, sind viele großartige Momente zu erleben.
Reinhardt Winkler: Flying Home (Challenge)
Die Lieder kennt er schon seit er Jazzplatten hört. Jetzt hat Reinhardt Winkler ein paar seiner Lieblings-Jazzstandards neu eingespielt, zusammen mit einer exquisiten Band. Mit Tenorsaxofonist Harry Allen, Pianist John di Martino, Bassist Dezron Douglas und Sängerin Simone Kopmajer spielt sich der österreichische Schlagzeuger leichtfüßig durch sein Programm, das auch mal Richtung Brasilien abbiegt. Elegant tänzeln die Tunes, es swingt fein und in den Balladen gibt es die großen Gefühle. Alles nicht spektakulär, aber doch sehr schön!
Miguel Zenón: Música de Las Américas (Miel Music)
Feurig spielt er sein Altsaxofon, so auch hier, auf seinem neuen Konzeptalbum Música de Las Américas. Der Puerto-Ricaner Miguel Zenón hat sich von der Geschichte des amerikanischen Kontinents vor und nach der Kolonisation für dieses vibrierende Werk inspirieren lassen. Neben seinem eigenen Quartett sind hier auch das puerto-ricanische Ensemble Los Pleneros de La Cresta und einige Meisterperkussionisten mit von der Partie um ein vielschichtiges, vorwärtsdrängendes, dynamisches und komplexes musikalisches Bild von den indigenen Kulturen Amerikas und ihren Begegnungen mit den europäischen Kolonisatoren zu zeichnen.
Ragawerk: Ragawerk (L+R Records)
Aus indischen Ragas und mehr als solidem Jazzhandwerk wird Ragawerk, das neue Projekt und gleichnamige Debütalbum von Gitarrist Max Clouth und Drummer Martin Standke, die zuvor schon als Max Clouth Clan stilübergreifend gemeinsam unterwegs waren. Jetzt wird verstärkt Richtung Indien geschielt, mit indischen Gastmusikern und –stimmen. Der hier zu hörende, indisch gefärbte, gitarrenorientierte Jazz mit (Kraut-)Rock- und Elektronikeinflüssen ist eine wirklich gelungene Fusion so unterschiedlicher musikalischer Welten.