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Mo Blow Live in Berlin

Live-Funk pur

Bochum, 18.03.2016
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | 

Gerade ist mit Live in Berlin eine neue CD in der ACT-Reihe ‚young german jazz’ erschienen – eine Reihe, die mit dem Anspruch einer besonderen Nachwuchsförderung auftritt. Mo’ Blow mit dem Frontman Felix Falk, Saxophonist und Jazz-Lobbyist (Union Deutscher Jazzmusiker, Bundeskonferenz Jazz) und Ehrenpreisträger des WDR-Jazzpreises, gibt ein Live-Konzert in ihrem Berliner Stammlokal A-Trane.

Mo’ Blow gehört vielleicht nicht mehr so ganz in die Kategorie des Jazznachwuchses, hat sich die Gruppe um Felix Falk seit ihrem ACT-Debüt 2011 For Those about to Funk doch zu einer auch international gefragten Jazz-Funk-Band entwickelt. Der Titel des Openers Slingshot ist bereits Programm: Durch die Hookline von Felix Falks Bariton-Sax und der funkigen Begleitung durch Tobias Fleischer an den Rhodes, Matti Klein am Bass und André Seidel an den Drums werden wir in eine in der Tat mitreißende Power versetzt, der Tanzreflex ist nicht zu unterdrücken. Die Funk-typischen repetitiven Muster werden von allen Musikern durch phantasievolle Soli variiert, es entsteht pure Partystimmung. Im zweiten Track, No Particular Way, kommt Pat Appleton, die Frontfrau von DePhazz, mit einer Gesangsnummer hinzu, die von Mo’ Blow perfekt „soulig“ begleitet wird. Überhaupt erweitern special guests aus der ACT-Familie den Live-Auftritt: Adam Baldych beweist in Ray, dass die Violine durchaus zum Funk-Modus passt. Interessante Klangfarben steuert in Along Came Mag Franz Bauer am Vibraphon bei und korrespondiert mit seinem Solo wunderbar zu Felix Falk am Sopran-Saxophon, der hier besonders an Bill Evans aus seiner funkigen Phase erinnert. Kein geringerer als Mo’ Blow-Produzent und „Erfinder“ des europäischen Funks, Nils Landgren, hat zwei Auftritte: In Adeles Rolling In The Deep mit einer Gesangseinlage und einem mitreißenden Posaunensolo, in dem letzten Track Gimme The Boots – dem Titel ihres letzten Studioalbums - macht Landgren mit seinem Red Horn mächtig Druck und animiert Mo’ Blow zu einem energiegeladenen und energischen „Rausschmeißer“. In Fried Chocolate bläst Kacper Smolinski die Hookline mit seiner Mundharmonika parallel zu Felix Falks tieftönendem Sax, bevor beide hintereinander einen virtuosen Solo-Part übernehmen.

Die „reinen“ Mo’ Blow-Nummern überzeugen mit einer perfekt aufeinander abgestimmten Spieltechnik auf hohem Niveau: Ricky The Lobster mit dem Intro von Tobias Fleischer am slapenden Bass oder Count XVII mit Felix Falk mit einem Intro am Didgeridoo und anschließender melodiös getragener Sopran-Sax-Stimme oder in dem 10-minütigen Call Me Milroy, von Felix Falk mit einer eingängigen Phrase am Alt-Sax mit Schmatzlauten eingeleitet und mit einem ekstatischen Solo von Matti Klein an den Rhodes weiterentwickelt, um zur Hookline zurückzukehren. Dies erzeugt nicht nur bei den Mitspielern erkennbar gute Laune.

Die Entscheidung für die Aufnahme eines Live-Konzertes – nach drei Studioalben - erweist sich gerade bei dieser Musik als absolut passend, kommt es doch darauf an, Partystimmung und good vibrations durch Musik zu verbreiten, was live einfach authentischer wirkt. Live in Berlin bietet Funk pur, perfekt eingespielt, genregemäße Erwartungen werden zu 100 % erfüllt. Die den einzelnen Titeln zugrunde liegende Dramaturgie mit ohrwurmverdächtigen Hooks und anschließender „Exposition“ ist vielleicht etwas zu durchsichtig. Allerdings würden angesichts der ansteckenden energetischen Spiellaune nur eingefleischte Misanthropen dies als klischiert charakterisieren.

Mo’ Blow: Live in Berlin with special guests. ACT 9675-2

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