Miles Davis: Birth of the Cool
Birth and Rebirth oder Nelson's Brew
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: s. links am Ende des Textes
Mal wieder ein Kinofilm über Jazz. Nach den Filmen über Chet Baker (Born to Be Blue 2015) und Django Reinhardt (Django 2017) läuft nun seit dem 2. Januar Miles Davis: Birth Of The Cool, 115 min, Regie Stanley Nelson.
Dieser recht lange Dokumentarfilm stellt die Person Miles Davis in den Vordergrund und beschreibtanhand von vielen, z. T. vorher unveröffentlichten Mitschnitten und Interviews dessen Lebensgeschichte und damit auch die musikalische Entwicklung des Jazz über vier Jahrzehnte.
In seiner Biografie werden Zyklen deutlich, die immer nach dem gleichen Muster abzulaufen scheinen: erst Drogen/Alkohol/Medikamentenmissbrauch + neue Partnerin+ Trennung + Absturz; dann ‚Phönix aus der Asche‘ mit Entzug + neuer Partnerin + Comeback mit einem neuen Jazzstil.
So geht es in dem Film nicht nur um den ‚Birth‘ des Cool Jazz der 50ies, es geht auch um den zyklischen ‚Rebirth‘ von Miles Davis. Der Regisseur Stanley Nelson will aber nicht psychologisch interpretieren, sondern nur dokumentieren. Wayne Shorter, Herbie Hancock, Ron Carter, Marcus Miller, Quincy Jones und andere kommentieren dazu als Zeitzeugen ihre Sicht der Dinge.Auch Rassismus ist ein Thema. Zu der bekannten Szene, in der Miles von einem Polizisten verprügelt wird, werden psychische Auswirkungen angedeutet, aber gab es wirklich keinerlei politische Statements oder musikalische Reaktionen dazu?
Miles selbst kommt mit der heiseren Stimme von Carl Lumbly zu Wort, der Originaltexte von Miles Davis spricht. Im Filmverlauf erfährt man u. a., dass diese heisere Stimme auf eine Kehlkopf-Operation zurückzuführen ist. So wird man mit vielen, nicht immer relevanten Fakten, geradezu bombardiert. Dem jazzkundigen Zuschauer fehlen zu den Auftritten vielleicht manchmal Namen wie Pharaoh Sanders und Jaco Pastorius, doch darum geht’s in dem Film nicht. Es geht um ein Gesamtbild. Dabei kommt leider die Musik selbst zu kurz. Kaum hat ein Stück mal begonnen und man fängt gerade an sich darauf einzulassen, da kommt schon wieder der nächste, zudem oft überflüssige Kommentar. Als ob man sich nicht selbst ein Bild machen könnte, denn gerade durch seine Musik könnte Miles Davis doch am besten zu uns sprechen.
Das Beste im Film: Jazzfestival in Newport, Miles spielt, gezeigt werden in ruhigen Bildern die Zuschauer. Wie sie zuhören, in sich gekehrt, fasziniert, entrückt. Das sagt viel mehr über die Musik aus als tausend Kommentare. Ein guter Kommentar allerdings von Carlos Santana: <… And then he starts playing und the people like: ‚Aaaaahh‘>.
Trailer zum Film Birth of the Cool
empfehlenswerte Rezensionen:
Arno Raffeiner, Gott und Teufel der Coolness in Die Zeit 3.1.2020
Sonja Hartl: Miles Davis: Birth of the Cool auf kino-zeit.de
Fotos:
Foto oben links aus:
Foto oben Mitte aus: